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Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Titel: Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Wüllenweber
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Turbobankers. Das Fachmagazin Financial News kürte Jain 2010 zur einflussreichsten Persönlichkeit der europäischen Finanzindustrie. 37 Zeitweilig sorgte er von London aus für über 80 Prozent der Gewinne der Bank aus Frankfurt. Täglich bewegt der »Regenmacher« Milliarden. Das Wirtschaftsmagazin Economist bezeichnet Jain als »Bond-Junkie«, der immer volles Risiko geht. 38 Mit Jains Berufung an der Spitze ist der Umbau der Universalbank zu einer Investmentbank abgeschlossen.
    Jains Spezialität, das neue Geschäftsmodell der Deutschen Bank, war in der Geldindustrie alles andere als selbstverständlich. Normalerweise kaufen oder verkaufen Geschäftsbanken Wertpapiere nur im Auftrag ihrer Kunden. Sie handeln nicht selbst, nicht auf eigene Rechnung. Für Investmentbanken hingegen ist der »Eigenhandel« eine selbstverständliche Einnahmequelle. Solange die Investmentbank den Eigenhandel mit eigenem Geld betreibt, bleibt das Risiko einigermaßen überschaubar. Doch seit ihrem Umbau betreibt die Deutsche Bank sowohl das klassische Einlagen- und Kreditgeschäft und handelt gleichzeitig selbst mit Wertpapieren aller Art.
    Genau diese Doppelstrategie hatten die USA per Gesetz verboten. 1933 unterzeichnete Präsident Franklin Roosevelt den »Glass-Steagall Act«. Eine Lehre aus der Weltwirtschaftskrise von 1929 lautete: Das Geschäft mit Wertpapieren muss vom normalen Bankgeschäft mit Einlagen, Zinsen und Krediten getrennt werden, damit die Zocker ihre Finger vom Geld der Sparer und der Unternehmen lassen. Der »Glass-Steagall Act« bestimmte darum die strikte Trennung von Investmentbanken und normalen Geschäftsbanken. Über 60 Jahre lang beschützte das Trennbankensystem den Kapitalmarkt an der Wall Street.
    In London und Frankfurt gab es solche Beschränkungen nicht. Als insbesondere die Deutsche Bank nach dem »Big Bang« massiv ins Investmentgeschäft und den Eigenhandel einstieg, blickten die amerikanischen Banken immer neidischer über den Atlantik. Die Deutschen machten Milliardenprofite in einem hochriskanten Spiel, bei dem die Amerikaner nicht mitspielen durften. Die Lobbyisten der Finanzindustrie bearbeiteten die US -Regierung unter Bill Clinton. Das Trennungsgesetz sollte weg. Am 12. November 1999 war es schließlich so weit. Clinton hob den »Glass-Steagall Act« auf.
    Thatcher löste lediglich einen » Big Bang« aus. Doch Clintons Entscheidung verursachte ein krachendes Erdbeben, das die Finanzwelt bis heute durchschüttelt. Schon kurz nach der Streichung des Trennungsgesetzes fusionierten auch in den USA die Investmentbanken mit Geschäftsbanken. Was schon die erste Weltwirtschaftskrise ausgelöst hatte, geschieht nun erneut: Die Spekulanten müssen nicht mehr mit dem eigenen Vermögen zocken, sondern haben ungehinderten Zugriff auf das Guthaben der Sparer. »Eigenhandel« mit dem Geld anderer Leute – willkommen im Paradies der legalen Bereicherung.
    Undemokratisch, unsozial, antikapitalistisch
    Die Einlagen der Geschäftsbanken sind zwar eine unvorstellbare Menge Geld, aber eine begrenzte Menge. Durch die Wettspiele der Quants dringt die Branche in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Nur so konnten die gewaltigen Superbanken entstehen, die den Wohlstand der gesamten Welt bedrohen. Auf dem G-20-Gipfel in Cannes haben die Regierungschefs der 20 wichtigsten Wirtschaftsländer eine Liste von 29 Banken verabschiedet, die sie als »systemrelevant« einstufen. Das Weltfinanzsystem könnte es nicht verkraften, wenn auch nur eine von ihnen pleitegehen würde. Sie sind »Too Big to Fail«.
    Marktwirtschaft bedeutet: Ein Unternehmen, das seine Schulden nicht bezahlen kann, muss scheitern. Die schwachen Firmen werden aussortiert und machen Platz für die leistungsfähigen. Die Pleite ist also kein Konstruktionsfehler der Marktwirtschaft. Sie ist ihr effektivster Steuerungsmechanismus, sie ist ihr Wesenskern. Und ein bedeutender Unterschied zum Kommunismus. Wenn eine Bank nicht pleitegehen darf, weil sie »Too Big to Fail« ist, widerspricht sie damit den ehernen Gesetzen der Marktwirtschaft. Die Banken, die Gralshüter des Kapitalismus, haben sich im Innersten ihrer Überzeugung in ihr Gegenteil verkehrt: Die größten Banken der Welt sind antikapitalistisch.
    Für ein Unternehmen ist jedoch keine komfortablere Situation denkbar, als »systemrelevant« zu sein. »Too Big to Fail« bedeutet, auf der sicheren Seite angekommen zu sein. Denn die Steuerzahler sind die beste Versicherung. So genießen

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