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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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falkengesichtigen Mann gefunden. Meine Aufgabe war erfüllt.
    Ich wandte mich zum Gehen, als abermals Schritte auf der Straße ertönten.
    Mein Magen verkrampfte sich, und das kalte Feuer sandte seine Flammen tiefer in meine Brust. Ich presste mich an die Wand, hielt wartend den Atem an.
    Ein weiterer Mann erschien. In der Dunkelheit konnte ich lediglich sein fettes Gesicht mit den eingesunkenen Augen und seinen massigen Körper erkennen. Als er in Sicht geriet, loderte das weiße Feuer so heftig empor, dass ich schauderte.
    Der Mann trat auf den Hof und hielt kurz inne, um seinen Leib durch die schmale Öffnung im Tor zu zwängen.
    Ich richtete mich auf, legte die Hände auf den bröckligen Stein der Wand und biss mir auf die Lippe.
    Erick wusste von dem falkengesichtigen Mann, nicht aber von dem hier.
    Aber Erick war ein Gardist, ein Sucher. Er konnte auf sich selbst aufpassen.
    Abermals wandte ich mich zum Gehen. Unvermindert brannte das kribbelnde Feuer in mir. Plötzlich musste ich an die Frau denken, die der Mann getötet hatte. Ich hatte am Eingang der Gasse gestanden und ihrem Kampf gelauscht, als er sie erdrosselt hatte. Ich hatte das Keuchen der Frau gehört, ihr Ächzen, ihren zu Boden fallenden Körper. Und ich hatte nichts getan.
    In der Dunkelheit der Gasse sah ich sie blicklos in die Nacht starren, die Beine unter dem Körper, das Haar in einem Rinnsal stinkenden Wassers.
    Sie erinnerte mich an die Frau, auf die Tauber Jagd gemacht hatte.
    Und sie erinnerte mich an meine Mutter.
    Ich drehte mich um, würgte den sauren Geschmack in meiner Kehle hinunter und rannte durch die Gasse zum Hof. Mein Dolch schimmerte matt im fahlen Licht, als ich durch die Eisenstäbe in die Schwärze glitt.
    Rasch passten meine Augen sich den veränderten Bedingungen an; dennoch konnte ich nichts erkennen. Ich kauerte mich unmittelbar hinter dem Tor auf den Boden, holte zittrig Luft und ließ die Welt in Grau und Wind übergehen.
    Am entfernten Ende des Hofes nahm ich flüchtig einen Schatten wahr – einen fetten roten Schemen, der durch einen Eingang huschte und dann hinter den Mauern des Gebäudes verschwand.
    Ich hielt den Atem an und richtete meine Aufmerksamkeit ganz und gar auf die Unregelmäßigkeiten im Grau, die mir zuvor kaum aufgefallen waren – Unregelmäßigkeiten, die mir die verschwommenen Konturen von Steinen und die Umrisse eines abgestorbenen Baumes in einer Ecke zeigten. Ich rannte über den Hof zum Rand der Tür und spähte hinein. Nichts. Doch eine leichte Aufhellung in der Gräue verriet mir, wo sich eine weitere Tür befand. Diese hellere Stelle im eintönigen Grau flackerte.
    Stirnrunzelnd ließ ich das Grau und den Wind entweichen.
    Gelbes Kerzenlicht fiel aus der Tür zu einem Raum tiefer im Innern des Gebäudes.
    Ich bahnte mir einen Weg durch die kleine Kammer und mied dabei sorgsam das zerbröckelte Gestein, das den Boden bedeckte. Im Staub waren Stiefelabdrücke zu erkennen, von denen sich viele überlappten. Sie alle führten zu dem in mattem Gelb leuchtenden Eingang. Ich duckte mich tief neben die Tür und warf einen Blick in den inneren Raum.
    Er war viel breiter als der äußere. Und tiefer. Die brennende Kerze stand auf einem Tisch an der entfernten Wand, wo der falkengesichtige Mann stand und irgendetwas betrachtete, das auf dem Tisch lag. Eine Hand umklammerte einen Weinschlauch, der ein schwappendes Geräusch verursachte, als der Mann ihn bewegte. Sein langer, dünner Schatten reichte bis tief in die Schwärze des Raumes. Ein Stapel Decken lag neben dem Tisch.
    Sonst sah ich nichts und niemanden.
    Unvermittelt sah ich Erick aus den Schatten hervortreten. Mit zwei langen, lautlosen Schritten war er hinter dem falkengesichtigen Mann und hob den Dolch, um ihm die Kehle aufzuschlitzen.
    Es wäre ein rascher, lautloser Tod für den Falkengesichtigen gewesen, doch er verlagerte just in diesem Augenblick das Gewicht und hob den Weinschlauch an, um daraus zu trinken.
    Die Klinge, die seine Kehle hätte aufschlitzen sollen, zog eine tiefe Wunde über den Ansatz des Kinns – so tief, dass der bleiche Knochen freigelegt wurde. Der Mann sog vor Schmerz und Erschrecken die Luft ein, fuhr zurück und stolperte gegen Erick.
    Die beiden stürzten. Blut ergoss sich auf die Brust des falkengesichtigen Mannes. Ein Hautlappen baumelte unter dem freiliegenden Kieferknochen. Erick fluchte und stieß den Mann so kraftvoll von seiner Brust, dass dessen Kopf gegen den Tisch krachte. Das Kerzenlicht flackerte

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