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DIE ASSASSINE

DIE ASSASSINE

Titel: DIE ASSASSINE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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heftig. Der Mann schrie – ein tiefer, entsetzlicher Laut wie der eines erstickenden Hundes– und sank vor dem Tisch auf die Knie. Der Weinschlauch klatschte zu Boden, als er sich ans Kinn fasste. Blut strömte über seine Hand, spritzte über seinen Arm.
    Er stöhnte und wiegte sich benommen vor und zurück, während Erick sich aufrappelte, um sich hinter den Gegner zu schleichen. Entschlossenheit sprach aus seinem Blick. Die Spritzer, die das Blut des falkengesichtigen Mannes in seinem Gesicht hinterlassen hatte, wirkten pechschwarz im unsteten Licht der Kerze.
    Kaum hatte Erick – den Dolch gezückt, dessen Klinge schwarz war vor Blut – sich hinter dem Mann auf ein Knie gesenkt und sich vorgebeugt, als wollte er ihn von hinten umarmen, als ich am Rand des Kerzenscheins eine Bewegung wahrnahm.
    Es war der fette Mann.
    Er hatte mich nicht bemerkt.
    Ich huschte quer durch den Raum und sah, wie der Fette ein Messer über Ericks Rücken hob, um ihn tief in den Nacken des Gardisten zu stoßen. Erick attackierte den falkengesichtigen Mann und trieb ihm seinen Dolch zwischen die Rippen. Der Mann versteifte sich, würgte und keuchte, als ihm Blut aus dem Mund quoll. Seine Hand löste sich vom Kinn und dem herunterbaumelnden Fleischlappen und fiel schlaff herab.
    Dann hörte Erick mich und drehte sich in dem Augenblick um, als ich gegen den fetten Mann prallte.
    Wir stießen gegen die Steinwand. Der Fette grunzte überrascht und stolperte über die eigenen Füße. Dann ging das Grunzen in einen Laut über, in dem sich Verwunderung und Schmerz mischten. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich mit dem Dolch auf den Fetten einstach, wieder und wieder und wieder. Ich spürte Blut an meiner Hand und hörte es gegen die Steinwand spritzen, als wir zu Boden gingen, wobei der Fette sich verbissen wehrte. Ich öffnete den Mund, schrie ihm ins Gesicht und sah, wie sein Schmerz in Wut umschlug, dann in Hass, dann in wilde Entschlossenheit. Er krümmte sich, umden Arm mit seinem eigenen Dolch so zu drehen, dass er mich aufschlitzen konnte.
    Ehe er Gelegenheit dazu bekam, traf einer meiner wilden Hiebe seinen Hals. Ich spürte, wie die Klinge ins Fleisch glitt, gegen einen Wirbelknochen prallte, darüber schabte und tiefer eindrang. Kurz berührten die Speckfalten seiner Haut meine Hand, ehe ich die Klinge mit einem Ruck wieder herausriss.
    Seine Augen weiteten sich; dann fielen seine Arme herab, und sein Körper erschlaffte und sank so langsam zu Boden wie ein zerrissenes Spinnennetz. Blut quoll aus der Wunde, doch es sprudelte nicht hervor wie bei dem Falkengesichtigen, sondern floss langsam und träge.
    Ich schrie immer noch, stach weiterhin auf ihn ein, bis Ericks Arme sich um mich schlossen. Er zerrte mich von dem toten fetten Mann weg und trug mich durch den Raum in die Schatten, wo er sich setzte und mich festhielt und mir ins Ohr murmelte, bis meine Schreie nach und nach zu einem Schluchzen verebbten.
    »Pssst«, hauchte Erick mir ins Ohr. »Pssst, Varis.«
    Er hielt mich fest, bis auch mein Schluchzen sich legte. Zu Tode erschöpft, lehnte ich mich kraftlos an ihn.
    Schließlich setzte er mich behutsam zu Boden und kehrte zu den Leichen zurück. Er rollte den Falkengesichtigen herum und kennzeichnete dessen Stirn mit dem Geisterthron; dann wiederholte er den Vorgang bei dem fetten Mann. Danach nahm er den Weinschlauch, die Kerze und eine Decke vom Stapel neben dem Tisch.
    Er hüllte mich in die Decke, die nach schalem Schweiß, Fett und Feuer roch, blies die Kerze aus und trug mich über den Hof, durch das verbogene Eisentor und hinein in die Nacht.

D RITTES K APITEL
    I ch erwachte in meinem Unterschlupf, immer noch in die Decke gewickelt. Spätes Sonnenlicht fiel schräg durch den Eingang. Mein erster Gedanke galt dem fetten Mann und dem schabenden Geräusch der Klinge, als sie über die Knochen geglitten war.
    Ich schauderte, presste die Lider zusammen und zog die Decke straffer um mich. Doch ich konnte mich nicht vor meinen inneren Dämonen verbergen. Ich spürte, wie mir Tränen übers Gesicht rannen, und kämpfte gegen sie an, denn sie waren nutzlos und überdies unangebracht. Schließlich hatte der Fette vorgehabt, Erick zu erstechen. Also war er es nicht wert, dass ich Tränen um ihn vergoss.
    Irgendwann weinte ich mich mit schmerzender Brust wieder in den Schlaf.

    Diesmal hatte ich Hunger, als ich erwachte, und ich dachte an den mehlweißen Mann. Dann sah ich, dass jemand einen Sack innen neben dem Eingang meines

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