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Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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unscheinbar. Wer es aber zu beißen versuche, der breche sich daran die Zähne aus. – Hör weiter: Ich wollte mich rechtfertigen. Er antwortete mir mit irgendeinem Sprichwort ... Die Steine brannten unter unseren Füßen, ich glaubte, daß wir zerschmelzen müßten, und er ... Weißt du, was seine ersten Worte waren, als er jetzt in der Kabine wieder zu sich kam? Er fragte Chandrasekar: ›Haben wir bereits die Ergebnisse der Berechnungen?‹«
    Der »Kosmokrator« hatte seine Reisegeschwindigkeit erreicht. Ich trat von den Schirmen zurück, vermied es aber, Soltyk anzusehen. Es war wohl besser für ihn. Lao Tsu hatte ihm eine Lektion der Ruhe erteilt, und unter welchen Umständen!Ich dachte an mein Abenteuer im Toten Wald ...
    »Wenn du willst, geh zu ihm«, sagte Soltyk. »Ich vertrete dich. Ich kann ihm nicht in die Augen sehen.«
    Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Als ich in die Kabine trat, entfernte Tarland gerade das Zellophanzelt von Oswatitschs Bett, unter dem eine künstliche Sauerstoffatmosphäre geschaffen worden war. Der Kranke, der auf hochgetürmten Kissen lag, hatte bereits wieder rote Wangen bekommen; sein Atem ging regelmäßig. Die Wissenschaftler saßen um den Tisch und unter ihnen zu meiner größten Verwunderung auch der Chinese. Er trug nicht, wie gewöhnlich, einen dunklen Anzug. Zum erstenmal sah ich ihn in einem langen kirschroten, mit prächtigen Drachen bemalten seidenen Schlafrock. Er war bis an die Hüften in eine Decke gehüllt. unter der die verbundenen Füße hervorlugten. Lao Tsu war ruhig wie immer, nur ein wenig blasser als sonst. Arsenjew rückte zur Seite. Ich setzte mich. Oswatitsch hatte gerade angefangen, über sein Erlebnis zu berichten. Mit wenigen Worten schilderte er unsere Wanderung um die weiße Kugel und kam nun zu dem Augenblick, in dem ich mich, durch die Form jenes dunklen Steines getäuscht, von ihm entfernt hatte. Wie er erzählte, war er weitergegangen; denn er hatte meine Rufe nicht gehört. Plötzlich war alles um ihn herum verschwunden.
    »Hintereinander begannen sämtliche Farben des Regenbogens, vom hellsten Gelb bis zum tiefsten Violett, zu leuchten. Gleichzeitig zog mich etwas zu Boden. Ich verlor das Gleichgewicht, torkelte einige Schritte weiter – plötzlich flammte ein so greller Schein vor mir auf, daß ich einige Minuten wie geblendet war. Als ich die Augen öffnete, befand ich mich im Innern einer riesigen, von weißem Licht erfüllten Kugel. Vollkommen glatte, gewölbte Wände umgaben mich von allen Seiten. Ich dachte zuerst, daß sich eine Öffnung hinter mir befinden müsse, durch die ich ins Innere gelangt sei. Ich wandte mich um, aber ich sah nichts. Überall die gleiche glatte Wand. Der Boden, auf dem ich stand, war felsig, mit Steinen übersät. – Drücke ich mich auch klar genug aus? – Es war so, als hätte jemand einer Hohlkugel den unteren Teil abgeschnitten und mich wie eine Fliege darin gefangen, indem er sie über mich stülpte. Langsam, Schritt für Schritt näherte ich mich, jeden Stein untersuchend, der Mitte des Kreises.
    Nun geschah etwas ganz Sonderbares. Ich war vielleicht vier oder fünf Meter weitergegangen, als sich die gewölbte Wand vor mir zurückzog. Ich machte noch zwei Schritte vorwärts – und stand vor einer senkrechten, völlig flachen Wand. Ich drehte mich um. Hinter mir war undurchdringliches Dunkel. Ich trat auf die flache Wand zu, und je weiter ich herankam, um so stärker wölbte sie sich, als ob sie jemand von der Rückseite her aufbliese ... Ich war ihr bereits so nahe, glaubte, sie mit der Hand berühren zu können. Auf einmal stand ich unter der Wandung einer riesigen Kugel. Diesmal war ich außerhalb der Kugel ...
    Ich lief um sie herum. Sie war so groß wie die weiße Kugel, überall glatt, ohne eine Spur von Spalten und Löchern. Die Tatsache, daß ich den Hohlraum hinter mir hatte und ins Freie gelangt war, beruhigte mich. Ich nahm an, daß ich auch aus dem Dunkel, das mich umgab, hinausfinden würde. Kaum aber hatte ich mich einige Schritte entfernt, da begann die Kugel ihre Gestalt zu verändern. Sie zog sich in der Höhe und Breite auseinander, dehnte sich aus, und plötzlich bedeckte sie mich von neuem. Wieder befand ich mich in ihrem Innern. Nun lief ich bald nach rechts und bald nach links. Sooft ich zur Mitte kam, ebneten sich die Wände vor mir, rollten sich auf der entgegengesetzten Seite zusammen, und ich stand wieder in tiefster Dunkelheit vor der Kugel. Ging ich aber in dieses

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