Die Astronauten
Sausen des Windes.
»Wir sind nicht das letzte Mal hiergewesen«, sagte Arsenjew. Er blieb noch einen Augenblick stehen, dann ging er weiter. Sein Skaphander verschmolz zuweilen mit dem Graubraun der Felsen. Nur der Metallhelm funkelte dann noch zwischen den großen Felstrümmern.
Hoch über uns, von Wolken umhüllt, ragte der Gipfel empor, der unser nächstes Ziel war.
Der schwarze Fluß
Meine Befürchtung war leider nur zu begründet gewesen. Als wir oben auf dem Kamm standen, sahen wir einen zweiten Talkessel vor uns – ein wogendes Nebelmeer inmitten schwarzer, zackiger Wände. Dieser Felsengrund lag höher als die Talsenke der weißen Kugel. Nach kurzer Beratung beschlossen wir, ihn im Süden zu umgehen, und zwar auf einem allmählich abfallenden Grat, der im Nordosten zu einem Ausläufer des eigentlichen Gipfels wurde. Lose Nebelschleier ballten sich zu Wolken zusammen, flossen flach auseinander, wurden aber langsam und unaufhörlich dichter, stiegen höher und überfluteten die Hänge. Angeseilt, zu beiden Seiten den milchigen Abgrund, schritten wir den Grat entlang. Hier und da schob sich eine leichte, vom Wind erfaßte Wolke nach oben, stieß an den Felsen und schwamm zwischen uns hindurch. Dann sah ich nur noch den dunklen, vergrößerten Schatten Arsenjews vor mir. Die Anstrengung des Marsches trieb uns das Blut ins Gesicht. Auf dem Schirm tanzten verschwommene Lichtflecke, sternförmige Phantome. Aber man brauchte nur einige Male die Augen zu schließen, und alles verschwamm wieder; der Nebel aber blieb.
Ich blickte auf die Uhr. Wir gingen bereits neun Stunden. Der Mangel an Training machte sich bemerkbar. Aus allen Poren brach der Schweiß, rann über den Nacken, den Hals und von der Stirn ins Gesicht.
Inmitten sich kreuzender Dunststreifen ragte unbeweglich der Gipfel auf. Seine riesigen, faltigen, von Rinnen durchschnittenen Hänge waren noch immer gleich weit entfernt. Nun fiel der schwarze Kamm des Grates steil ab und verschwand schließlich in der Wolkenflut. Er glich an dieser Stelle einer schmalen, langgestreckten Halbinsel, die von einem weißen Ozean umspült wird. Ich schlug eine Rast vor. Die Gefährten waren sehr erschöpft. Rainer hinkte sogar schon ein wenig. Wir lagerten uns unter einem Vorsprung des Grates. Zum Glück hatten wir hier nicht mit dem Hauptfeind der Bergsteiger auf Erden zu rechnen, mit dem Frost. Der Felsen war warm, wie von der Sonne beschienen.
Ich hörte, wie der Chemiker sagte: »Ich wollte eine TafelSchokolade mitnehmen, habe sie aber dann doch vergessen. Und die könnten wir jetzt gut gebrauchen.«
»Murren Sie nicht, Doktor«, brummte Arsenjew. »Wie lange wollen wir hierbleiben?« wandte er sich an mich.
»Wir sollten versuchen zu schlafen«, erwiderte ich. »Das ist das beste, was wir augenblicklich tun können. Vier Stunden müßten genügen, und dann wecke ich Sie. Ich wache auf, wann ich will.«
»Eine wertvolle Gabe«, sagte noch jemand; aber ich hörte die Worte bereits wie aus weiter Ferne. –
Eine Unzahl silberner Ameisen läuft hinter mir her. Ich habe keine Furcht vor ihnen, im Gegenteil, wir vertragen uns recht gut miteinander. Auf einmal bemerke ich, daß eine auf meiner Hand sitzt; ich schreie. Sie verlangt, ich soll mich sofort in die Luft erheben und zur Rakete fliegen, da die Gefährten über unser Fernbleiben beunruhigt seien. Die anderen wiederholen es im Chor. Alle meine Erklärungen, daß ich ja gar nicht zu fliegen vermag, sind umsonst.
Schließlich werde ich böse, winke mit der Hand ab und – erhebe mich in die Luft. Schon flattere ich, ungeschickt wie ein Huhn, über dem Boden, als mich plötzlich wieder etwas hinabzieht, sehr kräftig hinabzieht. Eine kegelförmige Metallkuppel mit einem riesigen Glasauge nähert sich mir. Im ersten Augenblick glaube ich, es sei ein Alptraum ... Es dauerte eine Weile, bis ich den Helm Arsenjews erkannte.
»Sie wollten uns doch wecken!«
Blinzelnd sah ich auf die Uhr. Fast fünf Stunden hatte ich geschlafen. Verwirrt sprang ich auf.
»Das kommt wahrscheinlich daher, weil wir auf einem fremden Planeten sind«, stotterte ich. Arsenjew weckte inzwischen auch Rainer und Soltyk. Wir stärkten uns mit dem letzen Rest von Vitaminkonzentrat, das wir wie auch andere Nahrung dank einer besonderen Vorrichtung zu uns nehmen konnten, ohne den Helm absetzen zu müssen. Dann marschierten wir weiter. Das Wetter war ruhig. Der Nebel lag regungslos unter uns. Dort, wo sich der Grat senkte, wateten wir bis
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