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Die Attentaeter von Luna City

Die Attentaeter von Luna City

Titel: Die Attentaeter von Luna City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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ihr gegenüber Platz.
    Er musterte sie mit seinen dunklen, tiefgründigen Augen. Der Blick gab ihr wie immer das Gefühl, dass sie ihm alles erzählen konnte, wenn sie es denn nur wollte.
    »Ich glaube, ich habe jemanden kennengelernt«, begann sie. »Eine Frau. Sie könnte zu einer wahren Freundin werden.«
    Tercel schlug die Beine übereinander. »Erzähl mir von ihr, Pri.«
     
     
    Luna City,
    am Ufer vom River Mercer
     
    Der künstliche Tagesablauf Luna Citys stand bei Morgen. Die zwölf Lichttürme erhellten sich allmählich, tauchten die drei Zentralberge in ein warmes Licht und zeichneten glimmende Reflexe an die Ausläufer des herunterhängenden Technoefeus.
    »Wie friedlich es aussieht, wenn man die Technowucherungen ausblenden kann«, sagte Toufec nachdenklich.
    »Nicht alle Lunarer fühlen sich von den Onryonen bedroht«, gab Shanda Sarmotte zurück. »Besonders für die Jungen sind die Anwesenheit der Fremden und sogar das Eingesperrtsein in Luna City Normalität.«
    Toufec deutete auf eine Wandergruppe, die es sich offenbar zum Ziel gesetzt hatte, die Hänge des Peak Giese zu erklimmen. »Nenn mich altmodisch, aber ich kann diesem überflüssigen Berghochmarschieren immer noch nichts abgewinnen«, sagte der ehemalige Karawanenräuber. »Es will sich mir nicht erschließen, wie Menschen daran Spaß finden können. Ganz unabhängig davon, ob sie in einem riesigen Gefängnis leben oder nicht.«
    »Vielleicht ist die Wanderung nur geschickte Tarnung.« Sie hielt ihren Korb in die Höhe, in dem sie die gepflückten Heidelbeeren verstaut hatten. »Wir sind auch nicht zu unserem reinen Vergnügen hier.«
    Die Mutantin blickte Toufec von der Seite an. Wie meistens überkam sie ein Grinsen, wenn sie sein vermeintlich glatt rasiertes Gesicht mit der gewaltigen Knollennase, den gezupften roten Brauen und den dottergelben, strubbeligen Haaren sah.
    »Von mir aus darfst du übrigens die plastischen Veränderungen beibehalten, geliebter Azrael. Sie machen dich tatsächlich hübscher.«
    »Wer Dornen sät, darf sein Zelt nicht barfuß verlassen«, sagte Toufec, ohne sie anzusehen. »Auch ich könnte Gefallen finden an deinen künstlichen Tränensäcken und der neuen Krümmung der Nase.«
    Sarmotte kniff die Augen zusammen und rezitierte: »Drei Dinge, die unwiederbringlich sind: der Pfeil, der den Bogen verlassen hat, das zu schnell gesprochene Wort und die verpasste Gelegenheit.«
    »Oho!«, machte Toufec. »Die Dame bedient sich bereits meiner Worte, um sich zu verteidigen. Gut gemacht, geliebte Hera.« Er grinste wie ein kleiner Junge, zog sie dabei näher an sich heran.
    Ehevertragspartner Hera Lingram und Azrael Kormorow. Zwei Liebende, die sich an Heidelbeeren und der Magie des träge dahinfließenden River Mercer erfreuten.
    Die neuen Identitäten, die sie beide und Fionn Kemeny erhalten hatten, funktionierten bisher reibungslos. Sie ernteten keine misstrauischen Blicke, weder von anderen Lunarern noch von den zahlreichen Polizeipatrouillen.
    Sarmotte fragte sich, ob ihre Tarnung vielleicht gerade deswegen funktionierte, weil die Vertrautheit, die sie mimten, so gekünstelt gar nicht war.
    Sie und Toufec hatten die Rollen des Ehepaars angenommen, als hätten sie sich innerlich schon lange darauf vorbereitet.
    Andererseits ahnte Shanda Sarmotte, welchen Aufwand NATHANS Tochter YLA und die Hacker des Widerstandes gehabt haben mussten, um die drei Neuankömmlinge aus dem fast lückenlosen Überwachungsnetz der Gefängnisstadt auszublenden.
    Wie sie wussten, funktionierte das Ausblenden nur innerhalb von Luna City mit seinen weit über einer Milliarde Bewohnern zuverlässig. Um ganz sicherzugehen, verließen sie die Beer & Mädler-Universität nur mit zusätzlichen Bioplastverkleidungen, und Shanda Sarmotte hielt ihre telepathischen Fühler stets wachsam ausgestreckt.
    »Und?«, murmelte er. »Fängst du irgendwelche interessanten Gedankeninhalte auf? Gibt es überhaupt Onryonen in der Nähe? Wir sind doch einige Kilometer von Ayaran entfernt.«
    Unwillkürlich blickte Sarmotte über den River Mercer zu der Hügelkuppe, auf der sich die schneeweißen Gebäude des onryonischen Stadtteils Ayaran erhoben. Die fast fragil wirkenden Bauwerke mit den zierlichen Türmen, unzähligen Mauerbögen und Erkern wirkten in ihrer Gesamtheit wie ein Märchenschloss aus längst vergangener Zeit. Dabei gehörte Ayaran neben den in aller Eile errichteten Wohnkuben für die Vertriebenen aus den LUNA TOWNS zu den jüngsten Gebäuden

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