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Die Attentaeterin

Die Attentaeterin

Titel: Die Attentaeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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der Gedanke gekommen, mich hinters Lenkrad zu klemmen und draufloszufahren, bis der Kühler explodiert. Doch ich hatte nicht den Mut, ins Krankenhaus zurückzukehren, um mein Auto zu holen.

    Sobald ich wieder laufen konnte, ohne mich an der Wand abzustützen, verlangte ich Naveed Ronnen zu sehen. Ich wollte meiner Frau ein würdiges Begräbnis verschaffen. Ich ertrug den Gedanken nicht, sie so beengt zu wissen, in diesem Kühlfach in der Leichenkammer, mit einem Etikett am Zeh. Um mir einen sinnlosen Wutanfall zu ersparen, hat Naveed mir die Formulare mitgebracht, ordnungsgemäß ausgefüllt, ich musste nur noch unterschreiben.
    Ich habe die Geldbuße bezahlt und die Leiche meiner Frau abgeholt, ohne irgendwem Bescheid zu geben. Es war mir wichtig, Sihem in aller Stille beizusetzen, in Tel Aviv, der Stadt, in der wir uns zum ersten Mal gesehen und wo wir zu leben beschlossen hatten, bis dass der Tod uns scheidet. Ich bin allein auf dem Friedhof, nur mit dem Imam und dem Totengräber.
    Als die Grube, in der fortan das Beste an meinem ganzen Leben begraben lag, mit Erde bedeckt war, fühlte ich mich gleich etwas besser. Als hätte ich mich einer für mich völlig unbegreiflichen Aufgabe entledigt. Ich hörte bis zum Ende dem Imam zu, der seine Koranverse rezitierte, drücke ihm ein paar Scheine in seine bereit gehaltene Hand und fuhr in die Stadt zurück.
    Ich wandere eine Esplanade entlang, die zum Meer führt. Touristen machen Erinnerungsfotos voneinander und winken fröhlich in die Kameras. Einige junge Pärchen flirten im Schatten der Bäume, andere flanieren Hand in Hand über die Mole. Ich gehe in ein kleines Bistro, bestelle einen Kaffee, setze mich in eine Ecke in Fensternähe und rauche gemächlich eine Zigarette nach der anderen.
    Die Sonne wird langsam schwächer. Ich nehme mir ein Taxi und lasse mich in Sederot Yerushalayim absetzen.
    Kim hat Besuch. Sie hören mich nicht hereinkommen. Von der Diele aus habe ich keinen Einblick ins Wohnzimmer. Ich erkenne die Stimme von Ezra Benhaim, die sehr viel dunklere von Naveed und die lebhafte Stimme von Benjamin, Kims älterem Bruder.
    »Ich sehe nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat«, bemerkt Ezra, nachdem er sich geräuspert hat.
    »Da, wo man ihn am wenigsten vermutet, findet sich immer ein Bezug zwischen den Dingen«, erklärt Benjamin, der lange Philosophie an der Universität von Tel Aviv unterrichtet hatte, bevor er sich in Jerusalem einer höchst umstrittenen Gruppe von Pazifisten anschloss.
    »Deshalb liegen wir ja auch immer von neuem daneben .«
    »Nun lass uns mal nicht übertreiben«, widerspricht Ezra höflich.
    »Und haben die Trauerzüge von hüben und drüben, deren Wege sich immer wieder kreuzen, uns irgendwie vorangebracht … ?«
    »Die Palästinenser weigern sich doch, Vernunft anzunehmen .«
    »Vielleicht weigern wir uns ja nur, sie anzuhören .«
    »Benjamin hat recht«, bemerkt Naveed mit ruhiger, angeregter Stimme. »Die palästinensischen Fundamentalisten schicken Kinder los, die sich an einer Bushaltestelle in die Luft jagen. Während wir noch unsere Toten einsammeln, setzen unsere Generalstäbe schon Helikopter in Marsch, um ihre Bruchbuden in die Luft zu jagen. Und zur Stunde, da unsere Regierenden in Siegesjubel ausbrechen, läutet ein neues Attentat die nächste Runde ein. Wie lange wird das noch so weitergehen ?«
    In eben dem Moment kommt Kim aus der Küche und überrascht mich im Flur. Ich lege einen Finger an die Lippen, um sie zu bitten, mich nicht zu verraten, mache auf dem Absatz kehrt und gehe ins Treppenhaus zurück. Kim versucht noch, mich einzuholen, aber da bin ich schon auf der Straße.

6.
    I ch bin zurückgekehrt in mein Viertel wie ein Phantom, das an den Ort des Verbrechens zurückkehrt. Ich weiß nicht, wie ich hierhergekommen bin. Nach meiner Flucht aus Kims Wohnung bin ich blindlings irgendeine Straße entlang und immer weiter gelaufen, bis ich stechende Krämpfe in beiden Kniekehlen bekam, dann bin ich in einen Bus gestiegen, aus dem ich an der Endstation hinausgeworfen wurde, habe in einem Gartenlokal in Shipara zu Abend gegessen und bin weitergebummelt, von einem Platz zum nächsten, um am Ende meines Parcours schließlich in dem Wohnviertel anzukommen, das Sihem und ich uns vor sieben Jahren auserkoren hatten, in der bestimmten Absicht, hier eine uneinnehmbare Festung um unsere Liebe zu errichten. Es ist ein schönes, stilles Viertel, das eifersüchtig über die Ruhe seiner stattlichen Villen wacht,

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