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Die Attentaeterin

Die Attentaeterin

Titel: Die Attentaeterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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Keramik-Nippes und einem überquellenden Aschenbecher eine Boulevardzeitung … aufgeschlagen auf der Seite mit dem Foto meiner Frau.
    Kim stürzt darauf zu.
    Ich halte sie zurück.
    »Halb so schlimm.«
    Verlegen greift sie trotzdem nach der Zeitung und wirft sie in den Abfalleimer.
    Ich nehme im Sessel Platz, in Nähe der Fenstertür, die auf einen Balkon hinausgeht, der vollgestellt ist mit Blumentöpfen. Von der Wohnung hat man freien Blick auf die Straße. Es herrscht so dichter Verkehr, dass die Fahrbahn überläuft. Der Abend läuft zu Hochform auf, die Nacht verspricht heiß zu werden.
    Wir essen in der Küche zu Abend. Kim isst wie ein Spatz, ich ohne Überzeugung. Das Foto aus der Zeitung lässt mich nicht los. Hundertmal schon wollte ich Kim danach fragen, was sie von dieser Geschichte hält, die die Journalisten nach Lust und Laune aufbauschen; hundertmal wollte ich sie am Kinn fassen, ihr fest in die Augen sehen und sie auffordern, bei ihrer Ehre und ihrem Gewissen, mir zu sagen, ob sie Sihem Jaafari, meine Frau, die Frau, mit der sie so vieles geteilt hat, für imstande hielt, sich mit Sprengstoff zu bepacken und mitten auf einem Fest in die Luft zu jagen. Ich habe mich nicht getraut, ihr Entgegenkommen zu missbrauchen … Gleichzeitig bete ich innerlich darum, dass auch sie kein Wort darüber verliert. Dass sie nicht nach meiner Hand greift, zum Zeichen des Mitgefühls. Ich würde diese Geste, eine Geste zu viel, nicht überleben … Wir fühlen uns so, wie es ist, ganz wohl. Das Schweigen bewahrt uns vor uns selbst.
    Sie räumt beinahe geräuschlos den Tisch ab, bietet mir einen Kaffee an. Ich bitte sie um eine Zigarette. Sie zieht die Augenbrauen hoch. Es ist Jahre her, dass ich zuletzt geraucht habe.
    »Bist du sicher, dass du das wirklich willst ?«
    Ich antworte nicht.
    Sie reicht mir die Schachtel, dann ihr Feuerzeug. Die ersten Züge schlagen Funken in meinem Gehirn. Bei den nachfolgenden dreht sich alles.
    »Könntest du das Licht ein bisschen dämpfen ?«
    Sie knipst die Deckenleuchte aus und einen Lampenschirm an. Das Halbdunkel lindert meine Ängste. Zwei Stunden später sitzen wir noch immer so da, einander gegenüber, mit gedankenverlorenem Blick.
    »Zeit zum Schlafengehen«, sagt sie schließlich. »Ich habe morgen einen vollen Tag, ich falle gleich um, so müde bin ich .«
    Sie macht mir das Bett im Gästezimmer.
    »Ist es recht so? Brauchst du noch mehr Kopfkissen ?«
    »Gute Nacht, Kim.«
    Sie duscht kurz, dann geht in ihrem Zimmer das Licht aus.
    Später kommt sie noch mal, um nach mir zu sehen. Ich tue so, als schliefe ich fest.

    So geht eine Woche dahin, während der ich keinen Fuß in mein Haus gesetzt habe. Kim beherbergt mich und achtet sorgsam darauf, meine wunden Punkte nicht zu berühren – ein Sprengstoffexperte, der eine Bombe entschärft, hätte nicht achtsamer zu Werke gehen können.
    Meine Wunden sind vernarbt, meine Quetschungen abgeschwollen; mein verunstaltetes Knie zwingt mich nicht mehr zu hüpfen, doch mein Handgelenk ist noch immer bandagiert.
    Wenn Kim nicht da ist, schließe ich mich in einem Zimmer ein und rühre mich nicht vom Fleck. Wohin auch gehen? Die Straße lockt mich nicht. Was finde ich heute dort schon mehr als gestern? Mit Sicherheit sehr viel weniger. Nutzlos zu versuchen, sich mit den vertrauten Dingen zu versöhnen, wenn man nicht mit dem Herzen dabei ist. Im Zimmer mit den zugezogenen Vorhängen fühle ich mich in Sicherheit. Ich riskiere dort nicht viel. Ich fühle mich zwar nicht rundherum wohl, aber wenigstens widerfahren mir dort keine Verletzungen. Ich muss zusehen, dass ich wieder auf die Beine komme. So am Boden zu liegen, das bekommt nicht gut. Wenn man sich lange Zeit derart vergräbt und nicht sehr bald etwas tut, ist man schnell nicht mehr Herr seiner selbst. Man wird zum Zuschauer seines eigenen Niedergangs, und man merkt gar nicht, in was für einen Abgrund man dabei gerät … Kim hat mir vorgeschlagen, an einem Abend mal ihren Großvater, der am Strand wohnt, zu besuchen. Ich habe entgegnet, ich sei nicht bereit, dort anzuknüpfen, wo es nie wieder sein wird wie früher. Ich brauche Abstand, muss begreifen, was da mit mir passiert. Dabei sperre ich mich den ganzen Tag lang im Zimmer ein und denke an gar nichts, sofern ich mich nicht vor die Balkontür im Wohnzimmer setze und den größten Teil des Tages damit verbringe, auf die Autos zu starren, die sich über den Boulevard drängen, ohne sie wirklich zu sehen. Einmal nur ist mir

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