Die Attentäterin
eine Scorpion Maschinenpistole aus einer Schulterschlinge unter seinem Duster hervor. Tikki schraubt in aller Ruhe einen Schalldämpfer auf den Lauf der Kang.
»Du hast mich mit Adama Ho reingelegt«, sagt sie. »Es gibt keinen Adama Ho.«
Der Name ist eine Lüge. Die Andeutung, ›Adama‹ habe Verbindungen zur Green Circle Gang und Hongkongs 999 Society, war ebenfalls eine Lüge. Warum sie dies erst jetzt überprüft hat, weiß Tikki nicht, aber Fakt ist Fakt, und über Fakten läßt sich nicht streiten.
Nickels öffnet den Mund, als wolle er protestieren, doch Tikki ist dazu nicht aufgelegt. Sie ist reingelegt worden, und zwar von Nickels und dem Magier, der sich als Adama Ho ausgegeben hat, und alles andere zählt nicht. Sie kann das nicht ungestraft durchgehen lassen. Sie richtet die Kang auf Nickels' Beine und feuert schnell hintereinander zwei Schüsse ab. Nickels zuckt zusammen und fällt unter lautem Gebrüll und stark blutend seitwärts auf das Sofa. Die Schnalle in Weiß kreischt. Der Muskelprotz hinter der Bar macht eine falsche Bewegung. Ein rascher Feuerstoß aus Ramans Scorpion läßt ihn zurücktaumeln und dann zu Boden fallen. Damit ist ihre Arbeit getan.
Sie verschwinden.
Auf einem Trideoschirm im U-Bahnhof Federal Street redet eine magere Elfin mit schwarzen Haaren und asiatischen Zügen über eine Mordserie an Execs irgendeiner Firma namens Exotech Entertainment. Tikki beschleicht deswegen ein komisches Gefühl. Die Begleitumstände dieser Morde weisen große Ähnlichkeit mit gewissen Anschlägen auf, die sie für Adama ausgeführt hat. Die Namen der Opfer klingen auch ganz ähnlich. Fast wie Spiegelbilder. Robert Neiman, Ryokai Naoshi. Steven Jorge, Saigo Jozen. Thomas Harris, Tomito Haruso. Sie fragt sich, ob die Männer, die sie getötet hat, wirklich der Yakuza angehörten. Sie fragt sich, ob alles, was Adama ihr erzählt hat, von Anfang an Teil eines berechnenden Plans war, sie nach seiner Pfeife tanzen zu lassen.
Sie ist sehr, sehr wütend.
Raman folgt ihr, als sie die U-Bahn an der Spring Garden Street verläßt. Sie gehen in Richtung Siebenter. Zeit für ein weiteres Treffen mit Chey, dem Waffenspezialisten.
»Was brauchst du?« fragt sie Raman.
»Einen Ares MVR-7 Sprengpack mit zwanzig-Ampere-Verzögerungszünder.«
Ein Standardmodell. Tikki ist einverstanden. Eine vertraute Melodie schleicht sich in ihre Gedanken: Gut. Sehr gut. Wo hat sie das schon gehört? Sie verdrängt es aus ihren Gedanken. »Was noch?«
»Das reicht.«
»Du wirst irgendwo warten müssen.«
»Ich muß sowieso noch ein paar Dinge erledigen«, sagt Raman. »Ausrüstung holen. Bevor wir weitermachen.«
Sie werden sich später wieder treffen.
Sie legen Zeit und Ort fest.
47
Das Konferenzzimmer des Vorstands befindet sich im vierzigsten Stock des KFK-Wolkenkratzers. Es
ist groß und schlicht, aber teuer möbliert. Die Wandverkleidung sieht wie Teakholz aus, der Teppich ist weich und hochflorig. In goldgerandeten Rahmen, die die dreigeteilte Wand am Kopfende des Raumes dominieren, hängen handgemalte Farbporträts von Kono Koreyasu, Furata Morimoto und Ko Akifusa. Der Konferenztisch in der Mitte des Zimmers ist riesig und glänzt wie frisch gewachst, ist ebenso blitzblank wie die Kunstledersessel auf beiden Seiten des Tisches.
Die Männer in den Sesseln sind jüngere Vorstandsmitglieder von KFK International, die mit der Aufgabe betraut sind, die nordamerikanischen Angelegenheiten des Konzerns zu regeln. Bemerkenswerterweise abwesend sind Bernard Ohara und die beiden Mitglieder, die sich für Oharas Eintritt in den Vorstand stark gemacht haben.
Vor dem Kopfende des Tisches steht ein großer Trideoschirm. Das Bild auf dem Schirm scheint den Tisch vor Enoshi über die Grenzen des Raumes auszudehnen und ihn direkt in den entsprechenden Tisch im Vorstandskonferenzzimmer im KFK-Hauptquartier in Japan übergehen zu lassen. Die Männer, die dort sitzen, sind die Hauptvorstandsmitglieder. Am Kopfende des Tisches in Japan sitzen die beiden stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden von KFK, Shimazu Iwao und Torakido Buntaro. Elektronische Fenster im oberen Teil des Schirms liefern Nahaufnahmen der stellvertretenden Vorsitzenden und einiger Hauptvorstandsmitglieder.
Dann öffnet sich ein neues Fenster, und ein vorher aufgezeichnetes Video läuft ab, dessen Spielzeit fast dreißig Minuten beträgt. Enoshi wartet geduldig und in starrer Haltung am Fußende des Tisches. Enoshi hat den Wahrheitsgehalt dieses
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