Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Attentäterin

Die Attentäterin

Titel: Die Attentäterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
Vom Netzwerk:
Jorge und Harris zu töten, ist nur ihre Art, ihn auf seinen eigenen Tod vorzubereiten. Sie will, daß er leidet, daß er zappelt und sich in unseliger Qual windet, bis sie ihm den Gnadenstoß versetzt.
    Ohara wird ihr diese Befriedigung versagen. Er findet den Allmacht-Chip schließlich in seinem privaten Badezimmer, schiebt ihn in die Datenbuchse hinter seinem rechten Ohr. Da wird ihm klar, daß er die absolute Kontrolle hat, nicht nur über seine Gefühle, sondern über die gesamte Situation. Er weiß, was getan werden muß. Er kehrt in sein Arbeitszimmer zurück und wählt gelassen die Nummer von Birnoth Security Associates, die Notfallnummer.
    Die Frau, die antwortet, verspricht, daß in spätestens zwanzig Minuten eine Elite-Schutztruppe vor seiner Tür steht.
    Die Zeit vergeht wie im Fluge.

29
     
    In seiner kleinen, aber komfortablen Wohnung setzt Enoshi, immer noch in Hemd und Krawatte, seine
    Brille ab, um sich die Augen zu reiben. Die Migräne, die ihn schon den ganzen Abend plagt, will einfach nicht nachlassen, und das ist auch kein Wunder. Sein Aktenkoffer liegt geöffnet auf dem Kaffeetisch. Der Cursor auf dem Schirm seines tragbaren Computers blinkt ihn unablässig an. Zahllose Ausdrucke liegen um ihn verstreut auf Tisch und Sofa. Die Luft ist vom Qualm der gerauchten Zigaretten, deren Kippen jetzt den Aschenbecher überquellen lassen, zum Schneiden dick. Er vergiftet sich mit Kohlenmonoxid oder was Zigaretten an Schadstoffen produzieren, und wahrscheinlich ist eine Augenuntersuchung längst überfällig. Und seine Kaffeetasse ist schon wieder leer.
    Das Schlurfen von Pantoffeln lenkt seinen Blick auf die Küchentür. Ohne seine Brille sieht er nur einen farbigen Schleier, aber das reicht. Seine Frau trägt ihren l.ieblingsmorgenmantel, der eine zartrosa Farbe hat und mit Chrysanthemenmotiven bestickt ist.
    »Es ist schon nach zwei«, sagt sie leise.
    Enoshi nickt. »Ja... ja, ich weiß.«
    Setsuko ist eine ganz andere Art von Frau als Enoshis Geliebte, weder exotisch noch im geringsten fremdländisch. Vielmehr ist sie so vertraut und angenehm, wie eine Person für eine andere sein kann. Sie ist ruhig und beharrlich, seine Frau und die Mutter seiner Kinder, eine ergebene Partnerin, der er vertraut und die er für nichts und niemanden aufgeben würde. Die Liebe, die er für sie empfindet, ist mehr als Liebe, körperliche Liebe, mehr als Vernarrtheit. Es ist die Art Liebe, die die beiden für den Rest ihres Lebens Zusammenhalten wird.
    Enoshi setzt seine Brille auf. »Es dauert nicht mehr lange.«
    »Irgend etwas muß nicht in Ordnung sein.«
    »Ich wünschte, ich könnte es dir sagen.«
    »Es ist dieser Gaijin, nicht wahr?«
    »Ohara- san ist mein Vorgesetzter.«
    Und wenigstens aus diesem Grund sollte Setsuko von ihm nicht so reden, als sei er ein Barbar. Sie haben diese Diskussion schon einmal geführt. Ohara- san s Stellung gebietet Respekt.
    »Ja, ich weiß«, erwidert Setsuko. »Bitte verzeih mir. Aber er ist es doch, oder?«
    Enoshi nickt. »Ich muß noch ein Telekomgespräch führen.«
    »Ich warte im Bett auf dich.«
    Setsuko verneigt sich dezent, und Enoshi reagiert darauf mit einer leichten Verbeugung des Kopfes. Nachdem sie den Raum verlassen hat, wählt Enoshl eine Nummer, die er auswendig kennt und die er auch nie vergessen könnte. Sie ist zu wichtig.
    Am anderen Ende klingelt es zweimal, dann erscheint das ernste Gesicht von Torakido Buntaro auf dem Bildschirm. Einige seiner nordamerikanischen Geschäftspartner nennen ihn Ben, aber für Enoshi ist er immer Torakido- sama , sogar in seinen Gedanken. Enoshi verbeugt sich und sagt: »Moshi-moshi, Torakido- sama .«
    »Yosh...«, sagt Torakido- sama leise, mehr ein Grunzen denn ein Wort. »Was haben Sie zu berichten?«
    Enoshi gibt eine knappe Zusammenfassung seines Gesprächs mit Bernard Ohara, zuerst die Fakten, dann seine Eindrücke hinsichtlich Oharas Reaktion.
    »Machte er einen labilen, unausgeglichenen Eindruck?« fragt Torakido- sama .
    »Nein, Torakido- sama «, erwidert Enoshi. »Er klang sehr beunruhigt, aber augenscheinlich vernünftig.«
    Diesmal grunzt Torakido- sama tatsächlich, ein Laut, den Enoshi als Ausdruck des Nachdenkens und der Bewertung auffaßt. Wie ihm klargeworden ist, tut der stellvertretende Vorstandsvorsitzende von KFK International nichts, ohne vorher zumindest einen Augenblick lang nachzudenken. Er ist entschlossen, aber nicht impulsiv. Anders als andere Execs, die Enoshi kennt, vermittelt Torakido- sama den

Weitere Kostenlose Bücher