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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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wichtig, denn schließlich waren sie Geschäftsleute und hatten viel zu verlieren. Jedenfalls war es jetzt an ihm, eine Geste zu zeigen, eine Annäherung zu signalisieren, die allen gelegen kam, besonders aber Don Pietro.
    Er stand auf, ging um den Tisch herum und trat auf den Mann zu, der dort stand. Eamonn hielt den Atem an.
    Paul Santorini blieb fast eine Minute lang vor ihm stehen, bevor er ihn umarmte. Diese Geste wurde von seinen Männern mit Applaus belohnt, und vor Erleichterung schlug Eamonns Herz rasend schnell.
    Er hatte das Richtige getan. Er war in die Höhle des Löwen
gekommen und hatte mit seinem blumigen Gequatsche Wiedergutmachung gelobt. Der Schweiß unter seinen Achseln trocknete, und Eamonn lächelte Paul Santorini an. Er hatte sich die verheiratete Tochter dieses Mannes geholt und sie monatelang durchgefickt, und jetzt ließ dieser Tropf es dabei bewenden. Eamonn hatte den Tod zweier Menschen verursacht, und der Mann ließ es auch dabei bewenden. Er konnte sein Glück nicht fassen.
    Als die Messerklinge seine Kleidung schlitzte und in seinen Bauch stieß, spürte er anfangs keinen Schmerz. Eamonn war zu bestürzt, um zu realisieren, was geschah.
    Als er auf die Knie sank, spürte er das Blut zwischen seinen Fingern hervorsickern, während er seine Eingeweide in den Bauch zurückzudrücken versuchte, wo sie hingehörten. Als die Messerklinge an seiner Wange abgewischt wurde, stürzte er vollends zu Boden und verlor gnädigerweise das Bewusstsein.
    Sein letzter Gedanke war, dass die Italiener ein Volk von aalglatten und hinterhältigen Dreckskerlen waren und er das schon viel früher hätte erkennen sollen. Er war darauf gefasst gewesen zu sterben, als er herkam, und jetzt schien sich genau diese Erwartung zu erfüllen.
     
    Wie auf glühenden Kohlen saßen Jack und Petey in einem Warteraum des Lincoln Medical Center, um zu hören, wie Eamonns Operation verlaufen war. Beide wussten sehr wohl, dass es in der Auseinandersetzung mit den Italienern keine Umkehr geben konnte. Wenn sie jetzt nicht zurückschlugen, und zwar schnell und mit aller Härte, würden die anderen irischen Familien darin ein Zeichen der Schwäche sehen.
    Petey wirkte aschfahl vor Sorge, und ganz kurz empfand Jack Mitleid mit seinem kleinen Bruder. »Wird ja alles gut, Petey«, sagte er mit tiefer Stimme. »Ich hab die notwendigen Maßnahmen getroffen.«
    Petey schüttelte bekümmert den Kopf. »Eamonn war doch
ein echt guter Mann, Jack. Scheiße, die Sache ist völlig aus den Fugen geraten!«
    Jack nickte und legte seinem Bruder verständnisvoll den Arm um die Schulter. Trotz ihres unterschiedlichen Körperbaus hatten sie viel Ähnlichkeit. Jack, groß, schwerfällig und mit einem mächtigen Doppelkinn, ließ noch erahnen, wie gut er früher ausgesehen hatte; Petey - klein, stiernackig und kugelrund - stand auf die Stirn geschrieben, was er war: ein Raufbold und Schläger. Aber jetzt sah man seiner Miene an, dass er Angst hatte, den einen Mann zu verlieren, mit dem er Freundschaft geschlossen hatte.
    »Ich hab Irland um Hilfe gebeten. Heute Abend fliegt jemand ein.«
    Petey war bestürzt über diese Mitteilung, vermied es jedoch tunlichst, sie zu kommentieren. Beide Männer warteten stumm auf die Nachricht, ob Eamonn Docherty leben oder sterben würde.

    Kaum jemand wusste, wo Don Pietro DeMarco auf Long Island wohnte. Nur einige wenige seiner Capos hatten ihn je zu Hause besucht. Der Don war überzeugter Anhänger der englischen Redensart »My home is my castle«.
    Er hatte seine Kinder aufgezogen, pflegte jetzt den Garten auf seinem Anwesen und genoss gern ein Glas des Weins, den er dort selbst kelterte.
    Innerhalb seiner Mauern war er nicht mehr der Don, sondern nur noch ein gütiger Ehemann, Vater und Großvater. Er hatte drei Leibwächter, die rund um die Uhr für seinen Schutz sorgten, aber dieser Tage brauchte er sie eigentlich nicht. Schließlich war er inzwischen ein geachteter Geschäftsmann. Im Herzen war er jedoch mit Freuden Bauer geblieben, und ihn amüsierte der Gedanke, dass er für viele Morde und noch mehr illegale Handlungen verantwortlich gewesen war, aber letztlich nur an den einfachsten Dingen Interesse hatte.

    Wenn der Tag kam, vor Gott zu treten, würde er das mit Stolz und einem Augenzwinkern tun. Wenn der Gott seiner Kirche so korrupt war wie Seine Boten auf dieser Erde, musste der Don sich keine Sorgen machen.
    Er betrat das Haus durch die Verandatür und meinte auf den ersten Blick, seinen ältesten

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