Die Aufsteigerin
»Natürlich dürfen Sie die Braut küssen. Ich wüsste niemanden, von dem ich lieber geküsst würde.«
Diese frivole Art, ihn zu reizen, brach ihm fast das Herz. Als sie auf ihn zutrat und nur ein Küsschen auf die Wange erwartete, schloss er sie fest in die Arme und presste begierig den Mund auf ihre Lippen, die sich spontan öffneten.
Es wurde ein leidenschaftlicher und sinnlicher Kuss, und als sie spürte, wie intensiv sie darauf reagierte, bekam sie Angst. Er hielt sie fest wie in einem Schraubstock. Sie konnte seinen harten Bauch fühlen und die Kraft seiner Arme. Dann verging ihre Furcht, und sie erwiderte den Kuss, küsste einen Mann, der alt genug war, um ihr Vater zu sein, und den sie bis dahin nur als väterlichen Freund gesehen hatte.
Sexuelle Anziehungskraft zu enträtseln fiel ihr immer noch schwer. Cathy hatte sie bei Eamonn gespürt, aber nie bei Tommy. Jetzt stellte sie fest, dass sie wieder von ihr gefangen wurde. Und schuld daran war ein Mann, von dem sie im Leben nicht erwartet hätte, dass er diese Wirkung auf sie haben könnte. Sie küssten sich eine Ewigkeit, bevor Cathy sich aus seiner Umarmung befreite. Sie atmete unregelmäßig, und das Herz schlug ihr bis zum Hals.
Im Halbdunkel sah Richard jünger aus, und seine Augen schienen unergründlich, als sie in ihnen zu lesen versuchte.
»Ich liebe dich, Cathy«, sagte er heiser. »So wahr mir Gott helfe, ich habe es schon immer getan. Und wenn du ehrlich bist, musst du zugeben, dass es dir genauso geht. So küsst man keinen Fremden, Kleines.«
Er nahm sie wieder in die Arme, und so standen sie, bis sie vom schrillen Läuten des Telefons aufgeschreckt wurden. Cathy ging an den Tresen und nahm ab, bevor Casper oder jemand anderes kam. Sie wollte nicht mit Richard im dunklen Laden entdeckt werden.
»Hallo?«
Als sie die Stimme am anderen Ende der Leitung erkannte, wurde sie blass. Es war Eamonn, der sie aus New York anrief.
»Herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit, Cathy. Ich hoffe, ihr beide werdet sehr, sehr glücklich.«
Sie war verblüfft: »Woher weißt du es? Wer hat dir davon erzählt?«
»Tommy natürlich, Kleine. Ich bin doch in ständiger Verbindung mit ihm. Ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich es dir nicht übelnehme, okay? Lass uns weiterhin Freunde bleiben. Wir können einander in Zukunft sowieso nicht aus dem Weg gehen, wenn ich rüberkomme, um mich geschäftlich mit deinem Mann zu treffen, und mir wäre es lieb, wenn nichts zwischen uns stünde. Schließlich …«
Ohne einen Ton zu sagen, legte sie auf.
Er hatte sie belogen. Tommy hatte sie belogen. All dieses Gerede davon, dass er Männer mied, die Gewalt anwendeten, war reine Heuchelei gewesen. Wie für Eamonn war auch für ihn nichts wichtiger als das Geld. Jetzt hatte sie sich an einen Mann gebunden, der sie belogen, der sie getäuscht hatte. Der gewusst hatte, wie furchtbar die Entdeckung sie getroffen hätte, dass er sie in dieser Hinsicht belogen hatte. Sie legte die Hände schützend auf den Bauch, und ihr kamen die Tränen.
Richard verfolgte den Taumel der Gefühle, der ihrem Gesicht abzulesen war, und schloss sie wieder in die Arme.
»Erzähl mir, was los ist«, drängte er. »Wer war am Telefon? Komm, du kannst mir doch alles erzählen, das weißt du.«
Cathy wusste, dass sie ihm niemals auch nur ein Wort darüber sagen durfte. Für ihn könnte es gefährlich werden, und ihr würde Tommy ohne zu zögern den Hals brechen, wenn er herausbekäme, dass sie etwas ausgeplaudert hatte. Noch war er im Glauben, dass sie nicht wusste, was er trieb, und das war gut so.
Richard hielt sie noch in den Armen, als die Tür zum Club geöffnet wurde, und Desrae und Caspar in den Laden kamen.
»Was geht denn hier vor?«, polterte Desrae.
»Ein bisschen zu viel getrunken und ein bisschen zu sentimental, hm, Cathy?«, antwortete Gates ruhig und beherrscht. Cathy sah ihm dankbar in die Augen.
»Gib uns eine Sekunde, Desrae, und dann bringe ich sie wieder mit rein, okay?« Das war in leichtem Befehlston gesprochen, und Casper nahm Desrae beim Arm und dirigierte ihn zurück in den Club.
Umgeben von pornografischen Büchern und Filmen, Plakaten von unbekleideten Frauen und Männern in aufreizenden Posen mit anderen Männern umarmte Gates Cathy und sagte: »Hör mir zu: Was auch geschieht, was du auch tust, ich werde immer für dich da sein. Vergiss das nie, hast du verstanden? Ich bin für dich da, Liebes.«
Cathy ließ es zu, vom ihm gehalten und gestreichelt zu
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