Die Aufsteigerin
möchtest, okay?«
Er bekam es mit der Angst zu tun und bemühte sich verzweifelt, sie zu besänftigen, weil er in der Tat begonnen hatte, aktiv für ebenjene Leute zu arbeiten, die sie bei der Polizei verraten wollte. Sie ebneten ihm den Weg, das West End zu kontrollieren, und dies kleine Mädchen - da mochte er sie noch so lieben - würde ihm die Chance nicht versauen. Am besten machte er sie noch betrunkener, schaffte sie nach Hause und brachte sie dann morgen früh zur Besinnung. Im Moment war sie wie eine Zeitbombe, und er musste sie auf jeden Fall unter Kontrolle behalten.
»Ich hab ihn geliebt, Tommy, das weißt du.« Ihre Stimme wurde immer leiser.
»Ich weiß, und er hat dich geliebt. Aber versuch ihn zu vergessen. Du hast jetzt doch mich.«
Ihre Augen leuchteten auf. »Ja, hab ich doch, oder? Gehen wir ins Bett.«
Tommy lächelte glücklich. Wie lange träumte er schon davon, dass sie diese Worte zu ihm sagte?
»Wir gehen später ins Bett, Liebes, in Ordnung?«
Sie lehnte sich glücklich an ihn, und Eamonn war für den Augenblick vergessen. Der Alkohol gewann die Oberhand. »Ich finde dich wunderbar, Tommy. Krieg ich noch einen Brandy, bitte?«
Sie schien besänftigt zu sein, und ihre Lider wurden schwerer.
»Soll ich dich nicht lieber nach Hause bringen?«
Als er sie aus dem kleinen Club führte, gab sie Casper einen Kuss auf die Wange.
»Sie ist sternhagelvoll, Tommy«, sagte der mit einem besorgten Blick auf Cathy.
Tommy hob sie hoch und trug sie nach draußen. »Was du nicht sagst. Sei ein Kumpel, Casper, und schließ ab.«
Als der Türsteher zusah, wie er Cathy die Straße hinauftrug, überkam ihn Mitleid. Joeys Tod hatte besonders die Kleine schwer getroffen.
London veränderte sich sehr in diesen Tagen, Skinheads, Punks, Verrückte aller Art. Vor der Gewalt, die auf den Straßen herrschte, und den IRA-Bomben, die überall explodierten, war niemand mehr sicher.
Wo sollte das alles nur enden? Seinerzeit war es nicht so schlimm gewesen.
Kapitel vierunddreißig
Als Cathy in ihrem Bett aufwachte, war ihr Mund so trocken, dass die Zunge am Gaumen zu kleben schien, und ihre Augen brannten, als stäche jemand glühende Nadeln hinein.
Sie brauchte kaum eine Minute, um wach zu werden und zu merken, dass sie splitternackt war. Genau wie Tommy Pasquale, der schnarchend neben ihr lag. Trotz ihres Brummschädels dämmerten ihr allmählich die Ereignisse des vergangenen Tages. Sie konnte sich wieder genau an ihren Streit mit Eamonn erinnern und daran, dass sie anschließend in den Club gegangen war. Vage erinnerte sie sich auch noch, dass Tommy dort aufgetaucht war. Alles andere danach war nebulös verschwommen.
Als sie die Decke über sich zog, roch es unverkennbar nach Sex. Sie hatten also nicht nur beieinander, sondern auch miteinander geschlafen, und offenbar war es mit ihrer Zustimmung geschehen. Tommy war ohnehin nicht der Typ, der sich ihre betrunkene Willenlosigkeit zunutze gemacht hätte. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?
Tommy war schon lange in sie verliebt. Sehr lange. Wenn er wüsste, dass sie mit Eamonn geschlafen hatte, wäre er am Boden zerstört. Er war anständig und liebenswert und in ihrer Welt ein Mann, zu dem man aufsehen konnte. Viele Frauen begehrten ihn wegen seines attraktiven Aussehens und seiner offenen Art. Redegewandt, intelligent und umgänglich, wie er war, galt er in Soho als guter Fang.
Aber tief in ihrem Herzen schlummerte die Gewissheit, dass sie nur einen Menschen wirklich begehrte, und das war Eamonn
Docherty. Auch das, was sie jetzt von ihm wusste, änderte daran nichts, wenngleich sie ihn abweisen würde, sollte sie ihn je wiedersehen. In ihrem Herzen behielt er jedoch immer seinen Platz.
Tommy Pasquale war zehn Eammons wert, ja zwanzig von ihnen, und ein Mann, der ihr die Welt zu Füßen legen würde, der sie lieben würde und ehren und beschützen. Darauf konnte sie bauen.
Also würde sie Tommy Pasquale erhören. Als sie in sein hübsches Gesicht schaute, war sie überzeugt, dass die Liebe, die sie für diesen Mann empfand, für diesen Freund, eine achtbare und schickliche Liebe war, durch die sie vieles wiedergutmachen konnte. Mit einem sanften Kuss auf die Stirn weckte sie ihn.
Er wachte sofort auf und war begeistert, sich in ihrem Bett wiederzufinden, obwohl er ein schlechtes Gewissen gehabt hatte, als er mit ihr schlief. Schließlich war sie so betrunken gewesen, dass sie sogar den Glöckner von Notre Dame zu sich ins Bett gelassen hätte.
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