Die Aufsteigerin
Sofa, das nach Meinung seiner Frau »genau das Richtige« für sein Arbeitszimmer war, und er begann eine Unterhaltung mit seiner einzigen Tochter.
»Wie geht’s in der Schule?«
»Okay.«
»Und wie geht’s mit deinen Freunden?«
»Okay.«
»Und sonst so?«
»Okay.«
»Mein Gott, Norah, ist das alles, was du sagen kannst? Die Schule kostet mich über dreitausend Dollar im Halbjahr, und dir fällt nichts anderes ein als okay?«
Sie sah ihn verwirrt an.
Plötzlich war er schrecklich wütend. Er legte ihr den Arm um die Schultern.
»Hör mir zu, mein Mädchen, all dieser Mist, den du reden
sollst, weil deine Mutter es so will … das nächste Mal, wenn sie dir damit kommt, dann sagst du, ich hab dir aufgetragen, dich nicht darum zu kümmern. Bleib ein Kind, Norah, solange du noch kannst. Mein Vater hat immer zu mir gesagt: ›Versuch bloß nicht immer, älter zu sein, als du bist. Eines Tages bist du alt bis ans Ende deines Lebens.‹ Verstehst du, was ich dir sagen möchte?«
Norah nickte. »Klar verstehe ich dich, Daddy, und ich weiß auch, dass ich noch ein Kind bin. Aber erzähl das mal Mommy. Ich hab heute Abend keine einzige Freundin hier. Ich wollte zu McDonald’s, aber Mommy hat gesagt, das wär nur für Proleten.«
»Ich rede mit ihr, okay? Und ich sage ihr, sie soll dich öfter mal in Ruhe lassen, wie wär das?« Er nahm sie in die Arme, denn die Verlorenheit in der Stimme seiner einzigen Tochter rührte ihn.
»Daddy, kann ich jetzt gehen? Ich mein, ins Bett und nicht wieder zurück auf die Party. Und redest du mit Mommy? Sie will nämlich, dass ich später noch singe, aber das möchte ich nicht.«
»Okay, Norah, ich sag ihr, dass wir beide zu viel getrunken haben und ich dich ins Bett bringen musste, bevor du noch die schmutzigen irischen Lieder gesungen hättest, die dein Großvater dir beigebracht hat. Was meinst du?«
Sie grinste über beide Ohren. »Gute Nacht, du bist der Liebste.«
An der Tür drehte sie sich um und lächelte. Sie tat ihm unendlich leid. Als sie gegangen war, trank er seinen Cognac und griff nach dem Telefon. Während er wählte, dachte er voller Mitgefühl an den Kummer seiner Tochter, und nahm sich vor, noch am selben Abend mit seiner Frau zu sprechen und das Problem ein für alle Mal zu klären.
Die Stimme, nach der er sich so sehnte, erklang am anderen Ende der Leitung, und traurig lauschte er ihren Worten.
»Im Augenblick ist niemand da. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht, und wir rufen so schnell wie möglich zurück.«
Cathys Stimme.
Manchmal meldete sie sich, wenn er anrief, und sie tauschten ein paar Banalitäten aus. Allein der Klang ihrer Stimme verschaffte ihm eine Erektion.
Er hinterließ keine Nachricht, sondern legte auf und starrte lange auf den Hörer.
Im Laufe von zwölf Jahren war er über dreißig Mal nach England gereist, aber er hatte sie kein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Tommy hatte immer eine Entschuldigung parat, warum sie nicht einmal bei einem Abendessen dabei sein konnte. Eamonn wusste, dass sie immer noch einen Groll auf ihn hatte, und es brach ihm das Herz. Sie war die einzige Frau, die er je wirklich begehrt hatte.
Eamonn entschied sich, die Party seiner Frau zu boykottieren. Er löschte das Licht in seinem Arbeitszimmer.
Gegen Mitternacht trieb Deirdra endlich ihren Ehemann auf. Er war ziemlich betrunken, und sie schäumte.
»Wie konntest du mir das antun, Eamonn? Wie konntest du mich so kränken? Alle wollten wissen, wo du bist. Mein Vater macht sich Sorgen und Onkel Petey ebenfalls. Er ist auf die Suche gegangen. Wie konntest du mir so was antun?«
Ihre schrille Stimme bereitete ihm Kopfschmerzen.
»Obendrein hast du auch noch Norah ins Bett geschickt! Ich hab dem Au-pair-Mädchen aufgetragen, sie wieder hübsch anzuziehen, damit sie ihr Solo singen kann …«
Eamonn stand auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Das kommt gar nicht infrage. Das Kind wird heute Abend nicht vorgeführt wie ein Zirkuspferd! Und wenn du sie aus dem Bett holen lässt, damit sie sich vor den schleimigen Typen da unten blamiert, dann versohl ich dir deinen Brauereipferdarsch, dass du noch tagelang die Engel singen hörst!«
»Wie bitte?« Deirdra war konsterniert.
»Du hast mich gehört. Jetzt verzieh dich. Ich komm auch gleich. Sag deinen Gästen, dass Norah schon schläft, und dann sorg dafür, dass die dämliche Band nicht mehr Miles Davis spielt, sondern was zum Tanzen, okay?«
Deirdra eilte hinaus. Eamonn folgte ihr in
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