Die Aufsteigerin
aller Ruhe. Im Ballsaal verwandelte er sich dann wieder in den leutseligen Gastgeber. Die Band stimmte Summertime an, und eine schwarze Sängerin namens Marcella, die Petey mitgebracht hatte, sang dazu. Plötzlich war aus der Geburtstagsparty eine richtige Party geworden. Als Marcella sogar noch Danny Boy anstimmte, bekam Jack, der sich zu seinem Schwiegersohn gesellt hatte, feuchte Augen.
»Da wird aber jemand sentimental«, sagte Eamonn spöttisch.
»Du bist ein furchtbarer Mensch, Eamonn, du hast einfach keine Seele«, sagte Jack grinsend und wischte sich die Augen. »Und wie geht’s mit meiner Tochter dieser Tage? Fett genug ist sie wohl immer noch nicht, oder? Muss dir doch so vorkommen, als würdest du ‘ne Elefantenkuh besteigen.«
Eine Antwort blieb Eamonn erspart, weil Petey und Anthony Baggato auftauchten, betrunken und vollgekokst.
»Tolle Party«, lobte Anthony.
»Ja, das habt ihr mir zu verdanken. Wenn es nach Deirdra gegangen wäre, hätten wir den ganzen Abend rumgestanden und über russische Dichter und minimalistische Maler gequatscht. Oh, natürlich auch über Politik.«
»Scheiß auf die Politik und scheiß auf die Russen. Sind sowieso alles nur Kommunisten«, knurrte Jack.
»Wir treffen uns alle morgen im Ravenite, Eamonn, vergiss das nicht«, mischte sich Anthony in das Geplänkel ein.
Eine Stunde später löste sich die Party allmählich auf, und nach einer weiteren Stunde war Eamonn bettreif.
Dummerweise traf das auch auf Deirdra zu.
Nachdem sie sich ausgezogen hatten, wollte sie einfach nicht zu reden aufhören. Dass die Party so gut gelaufen sei, dass alle ihr gratuliert hätten, wie großartig es gewesen sei. Dass alle die Speisen gelobt hätten und die Dekoration.
Kurz - wie toll sie doch war.
Als er ins Bett stieg, sagte Eamonn leise: »Die Kleine hat Geburtstag gehabt. Morgen geh ich mit ihr zu McDonald’s, damit sie mal wirklich eine Freude hat. Ein paar von ihren Freundinnen trommel ich dafür auch zusammen.«
Deirdra reagierte nicht. Er drehte sich zur Seite und zog die Decke hoch bis an die Ohren. Sie schaltete das Licht an und ging ins Bad, wo sie sich recht lange Zeit ließ. Er lag zähneknirschend da und wusste, dass es mal wieder so eine Nacht werden würde. Also machte er sich auf das Unabwendbare gefasst.
Er streichelte sich und stellte sich Cathy dabei vor. Ihr Haar, ihre Augen, ihre Brüste. Er stellte sich vor, dass sie die Beine für ihn spreizte und ihn mit verführerischen Blicken einlud. Als Deirdra wiederkam und das Licht löschte, war er bereit für sie.
Sie ertastete sein steifes Glied und kicherte verzückt. »Was sind wir nur für ein großer Junge heute Nacht.«
Ironisch wie gewöhnlich sagte er: »Und das ganz allein für dich, mein Baby.«
Die ganze Zeit knetete er Cathys Brüste, hob Cathys Körper zu sich, leckte sie mit einer Inbrunst, die Deirdra erstaunlich fand, und ergoss sich schließlich in Cathy, als ginge es um sein Leben. Als er dann über seiner Frau zusammensank, schlang sie die Arme um seinen Hals und stöhnte: »Das war so gut, Baby, du bist der Beste.«
Er küsste sie auf die Lippen und rollte von ihr hinunter. Er fühlte sich allein, einsamer, als er sich je gefühlt hatte. Er hatte das, was die meisten Menschen sich wünschten: ein schönes Heim, eine nette Familie und genug Geld, um sich eine eigene Insel zu kaufen, wenn ihm danach war. Doch in diesem Moment
hätte er all das für einen Kuss von Cathy, für eine Nacht mit ihr eingetauscht.
Eamonn lag neben seiner leise schnarchenden Frau und erinnerte sich an seine Kindheit mit Cathy und seinem Vater. Hätte er damals nur gewusst, was er jetzt wusste. Oscar Wilde hatte einmal gesagt, die Jugend werde an die Jungen nur verschwendet, und er hatte Recht. Wenn man jung war, verschwendete man nicht nur sein eigenes Leben, sondern gewöhnlich auch das anderer.
Der Schlaf ließ ewig lange auf sich warten.
Kapitel sechsunddreißig
Eamonn kam um halb acht nach Hause und aß mit Deirdra und den Kindern zu Abend. Er war bester Laune, und seine Frau schien ebenfalls guter Dinge zu sein. Als der Nachtisch gegessen war und Kaffee serviert wurde, baten die Kinder wie auf ein geheimes Zeichen allesamt darum, vom Tisch aufstehen zu dürfen.
Deirdra schenkte Eamonn den Kaffee ein und gab Sahne und Zucker dazu. »Ich hab eine Neuigkeit für dich, Eamonn.«
Er schlürfte seinen Kaffee und horchte mit halbem Ohr auf das Baseballspiel, das im Kinderzimmer begonnen hatte. Geistesabwesend
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