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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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Freunde sich manchmal streiten, Liebling. Sie streiten sich wegen der albernsten Kleinigkeiten.«
     
    Little Joanie, ein blasser kleiner Mann, der verblüffende Ähnlichkeit mit Judy Garland besaß, sang Over the Rainbow , als Cathy Desrae an der Bar erspähte. Es war kurz nach zwölf, und Kitty saß bei den Mädels in der Garderobe, wo sie mit Modeund Schminktipps versorgt wurde. Cathy war durchaus dafür, dass ihre Tochter sich mit den Mädels anfreundete, die für sie arbeiteten. Mochten sie auch Männer sein, die sich wie Frauen anzogen, so waren sie doch allesamt nette Menschen und nicht die schlechteste Gesellschaft für ihre Tochter. Sie liebten Kitty, und Kitty war begeistert von ihnen.
    Als Cathy sich der Bar näherte, lächelte sie den jungen Männern zu, die hinterm Tresen arbeiteten. Sie trugen mit silbernen Pailletten besetzte Bikinis, und mit ihren blonden Perücken und den blutrot bemalten Lippen sahen sie wie bildhübsche junge Mädchen aus. Einer von ihnen zwinkerte ihr zu und deutete mit
kummervoller Miene in Richtung Desrae, um Cathy wissen zu lassen, dass er furchtbar trübsinnig war.
    Sie legte Desrae die Hand auf die Schulter. Er sah sie im Spiegel hinter der Bar, als Cathy ihm ins Ohr flüsterte: »Es tut mir schrecklich leid, Desrae. Ich hätte mich nicht so aufregen dürfen!«
    Damit war es getan. Desrae drehte sich um und hauchte: »Hast du gehört, wie sie die hohen Töne trifft?« Als das Publikum mit einem Beifallssturm reagierte, lächelten sie einander an, und der Streit war vergessen.
    Seite an Seite schauten sie sich im Club um, der ihnen gehörte. Damals, vor vielen Jahren, hätten sie niemals von einem solchen Erfolg zu träumen gewagt. Der Club war inzwischen großzügig ausgebaut worden und hatte ein Restaurant und drei Bars zu bieten. Die Liste der Künstler, die zu Gastauftritten kamen, war eindrucksvoll, und der Travestie-Star, der fest zum Club gehörte, machte sich gerade einen Namen im Fernsehen.
    Der Club war ihr gemeinsames Projekt, und sie hatten alles erreicht, was ihnen vorgeschwebt hatte.
    Als Desrae Cathy umarmte, ließen die Barmädels einen kollektiven Stoßseufzer hören.
    »Hat wohl Zank gegeben, hm?«
    »Und wenn schon!«, fauchte Desrae. »Alle Frauen zanken sich von Zeit zu Zeit. Das unterscheidet uns von den Männern.«
    Cathy ließ sich ein Mineralwasser reichen und trank einen Schluck.
    »Wenn du den Kerl unbedingt willst, Liebes, mir soll es recht sein. Ich hab doch eh nicht das Recht, dir vorzuschreiben, was du zu tun hast.«
    Cathy küsste ihn mitten auf den Mund. »Du bist meine Mutter, mein Vater und mein bester Freund, alles in einer Person. Das bist du, Lady.«
    Desrae warf sich vor Begeisterung in die Brust. »Das mit dem Vater, das solltest du dir schenken, mein Kleines.«

    Cathy kicherte. »Was würde ich ohne dich anfangen, Desrae? Du bist meine Stütze, meine Zuflucht und meine einzige wirkliche Familie.«
    Er nahm ihr Kinn in seine Pranke und sagte sanft: »Abgesehen von Kitty natürlich - die kleine Kitty darfst du nie vergessen.«
    Als Desrae in Cathys blaue Augen sah, stieg Traurigkeit in ihm auf. All seine Instinkte sagten ihm, dass Eamonn Docherty seine geliebte Cathy verletzen würde. Sehr schlimm verletzen würde.
    Ihm blieb nichts übrig, als abzuwarten und am Ende zur Stelle zu sein, um die Scherben aufzusammeln. Aber dazu waren Freunde da, oder?
     
    Draußen vor dem Club beobachtete eine Frau den Eingang. Sie war stämmig und warm gekleidet, obwohl es recht mild war. Sie steckte sich mit Stummelfingern eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Als Cathy mit Kitty den Club verließ, folgte die Frau ihnen bis zu ihrer Wohnung. Als die beiden das Haus betreten hatten, hielt die Frau auch hier Wache: Sie rauchte und starrte hinauf zu den erleuchteten Fenstern, bis das Licht erlosch.
    Erst dann ging sie davon.

FÜNFTES BUCH
    »Farewell, love, and all thy laws forever, Thy baited hooks shall tangle me no more.«
    - Sir Thomas Wyatt, ca. 1503-42

Kapitel vierzig
    LONDON, 1990
    Cathy packte die Koffer für eines ihrer Wochenenden in New York, und Desrae sah ihr zu. Beide waren krampfhaft bemüht, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie wieder einmal im Clinch lagen.
    »Ich fahre dann also Kitty besuchen, oder nicht?«
    Cathy nickte. »Wenn es dir nichts ausmacht, Desrae. Hör mal, ich weiß, es gefällt dir nicht, dass ich fliege, aber du missgönnst mir doch nicht wirklich die paar Tage im Monat, die ich zum Ausspannen brauche,

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