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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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wer meine Mom ist.« Das sagte sie freiheraus und ohne die geringste Spur von Selbstmitleid.
    »Na ja, meine ist kein Engel, aber sie ist meine Mom, verstehst du?«
    »Und, schon mal amtlich geworden?« Cathy wirkte verwirrt, und Denise lachte laut. »Ob du schon mal die Beine breit gemacht hast?«

    Cathy wurde puterrot und nickte.
    Denise lachte nochmals, so dass sich aller Augen ihnen zuwandten. »Geh und hol dir deinen Fraß. Du bist ulkig, Connor. Ich glaub, wir beide werden ganz gut miteinander auskommen.«
    Nachdem das Mädchen an der Essensausgabe von Denise mit einem Kopfnicken dazu aufgefordert worden war, teilte sie Cathy zusammen mit einer Tasse Tee mit Milch und Zucker eine besonders dicke Scheibe Früchtebrot zu und bot ihr außerdem an, sich so viel Brot und Frühstücksfleisch zu nehmen, wie sie wollte.
    Auf dem Weg zurück an den Tisch mit ihrem voll beladenen Tablett überlegte Cathy angestrengt, was sie machen sollte und wie sie hier so schnell wie möglich wegkommen konnte. Das war das Wichtigste.
    Hier abhauen und wieder bei Eamonn sein.
     
    Zu diesem Zeitpunkt saß Eamonn mit zwei schweren Jungs in einem Kaffeehaus an der Commercial Road. Sie warteten auf einen Mann, der Geld bringen sollte, und waren früh dran. Sie tranken Kaffee, aßen Sandwiches und quatschten.
    »Das war doch wohl ‘n Schlag für dich, Eamonn, dass sie die Kleine weggesperrt haben, oder?« Das kam von Big Joe McCarthy. Joe war Ire der zweiten Generation, und ebenso wie Eamonn wollte er es besser machen als sein Vater.
    Eamonn musterte ihn und sprach betont lässig. »Yeah, stimmt.«
    »Hab gehört, das Mädchen war’s und die Mutter hält dafür den Kopf hin. Hat mir eine von Susan P.s Mädels gesteckt. Es heißt, die Kleine wär beinahe eingefahren für die Sache, aber Gates hat die Mutter gezwungen, die Schuld auf sich zu nehmen. Nettes kleines Ding, diese Cathy. Bildhübsch und bestimmt ein Kracher.«
    Eamonn sah den älteren Mann an. Paddy Clark war in den Vierzigern und der Inbegriff des gedungenen Ganoven, aber er
war auch ein prima Kerl mit Töchtern und einer kleinen Frau, die er von Herzen liebte.
    »Cathy ist in Ordnung.«
    Eamonns Stimme klang schroff, und die Männer merkten, dass er das Thema wechseln wollte. Er stand auf und ging an den Tresen, um noch mehr Kaffee zu bestellen. Big Joe sagte abfällig: »Sie war sein Mädchen. Da würde man doch meinen, er setzt Himmel und Hölle in Bewegung, um ihr zu helfen, oder?«
    Der ältere Mann nickte. »Eiskalt ist der, das kann ich dir sagen.«
    Eamonn wusste ganz genau, was sie redeten, und es passte ihm sehr gut. Besser, dass sie ihn für einen egoistischen und herzlosen Bastard hielten, als wenn sie die Wahrheit kannten: Dass er ohne Cathy ganz konfus war, dass er sich elend fühlte und hilflos wie ein Kind, weil er sie verloren hatte. Nur eine Möglichkeit gab es, diesen Schmerz zu betäuben: Er musste der härteste und skrupelloseste Eintreiber werden, den das East End je gesehen hatte.
    Die Tür ging auf, ein kalter Windstoß fuhr herein und blies den Mann, auf den sie gewartet hatten, an ihren Tisch.
    »Er hat uns reingelegt. Ich hab deswegen telefoniert, und wir sollen ihn uns vorknöpfen.« Er sah Eamonn an. »Der Boss hat gesagt, du wüsstest, was zu tun ist?«
    Eamonn nickte. »Hol dir einen Kaffee, dann gehen wir den Mistkerl suchen. Er hat seine letzte Warnung bekommen. Die Sonne sieht er morgen nicht mehr aufgehn.« Die Männer verstummten, als sie diese Ansage hörten, und Eamonn Junior genoss die Stimmung, die er mit seiner Drohung heraufbeschworen hatte.
    Das Leben war gut, abgesehen davon, dass ihm sein Mädchen fehlte. Aber wenn sie wieder da war, würde alles wieder normal werden. Was immer das bedeutete.
    Er lächelte insgeheim, dachte daran, wie Cathy unter ihm gelegen hatte, wie er die kleine Stute geritten hatte. Sie war so süß,
so süß in jeder Hinsicht, und er freute sich schon darauf, sie wiederzusehen.
     
    Das Anstaltsgebäude, in dem die Mädchen untergebracht waren, stammte aus den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts und hatte ehemals einem wohlhabenden lokalen Geschäftsmann als Wohnhaus gedient. Es wurde später Blake’s Folly genannt, denn kurz nachdem Blake es hatte erbauen lassen, war seine Frau im Kindbett gestorben, und für ihn allein war das übermäßig große Haus völlig sinnlos. Einige Jahre später war auch er einer Krankheit erlegen, und seine Familie hatte das Haus jahrelang leer stehen lassen. Schließlich

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