Die Augen des Drachen - Roman
sah ebenfalls zu, er hatte die Arme über der Brust gefaltet, der schwere Hammer stand neben ihm. Seine Meinung über den Pferdedoktor war nun ein wenig besser. Der Bursche war zwar jung, aber seine Hände waren sanft und gründlich.
Schließlich nickte der Pferdedoktor, stand auf und klopfte sich den Stallschmutz von den Händen.
»Und?«, fragte Peter ängstlich.
»Töte es«, sagte der Pferdedoktor brüsk zu Yosef, ohne sich um Peter zu kümmern.
Yosef griff unverzüglich nach dem Hammer, denn er hatte keine andere Entscheidung erwartet. Aber es erfüllte ihn nicht mit Zufriedenheit, recht zu behalten; der bestürzte Gesichtsausdruck des Jungen rührte sein Herz.
»Warte!«, rief Peter, und obschon sein kleines Gesicht voll Bestürzung war, hatte seine Stimme wieder jenen tiefen Klang, der ihn viel, viel älter erscheinen ließ, als er tatsächlich war.
Der Pferdedoktor sah ihn überrascht an.
»Es wird also an Blutvergiftung sterben?«, fragte Peter.
»Was?«, fragte der Pferdedoktor und betrachtete Peter mit neu erwachter Aufmerksamkeit.
»Wird es an Blutvergiftung sterben, wenn es weiterleben darf? Oder wird sein Herz versagen? Oder wird es verrückt werden?«
Der Arzt war eindeutig verwirrt. »Wovon redest du da? Blutvergiftung? Das da gibt keine Blutvergiftung. Der Bruch heilt sogar recht gut.« Er sah Yosef mit einiger Missbilligung an. »Ich habe schon öfter solche Geschichten gehört. Sie enthalten kein Körnchen Wahrheit.«
»Wenn du dieser Meinung bist, dann musst du noch viel lernen, junger Freund«, sagte Yosef.
Peter achtete nicht darauf. Nun war es an ihm, verwirrt zu sein. Er fragte den jungen Pferdedoktor: »Warum befiehlst du dem Stallmeister, ein Tier zu töten, das wieder gesund werden kann?«
»Hoheit«, antwortete der Arzt brüsk, »man müsste dem Pferd einen Monat lang jeden Tag und jede Nacht Breiumschläge machen, damit es zu keiner Infektion kommt. Man könnte sich natürlich die Mühe machen, aber wozu? Das Pferd würde immer hinken. Ein Pferd, das hinkt, kann nicht arbeiten. Ein hinkendes Pferd kann nicht laufen, so dass niemand Wetten darauf abschließen kann. Ein hinkendes Pferd kann nur fressen und fressen und bringt seinem Halter nichts ein. Daher muss es getötet werden.«
Er lächelte zufrieden. Er hatte seine Argumente vorgebracht.
Als Yosef wieder mit dem Hammer nach vorn trat, sagte Peter: »Ich werde ihm die Umschläge machen. Und sollte ich es einmal nicht können, wird Ben Staad
es tun. Und es wird gut sein, weil es mein Pferd sein wird, und ich werde es auch dann reiten, wenn es so sehr hinkt, dass ich davon seekrank werde.«
Yosef lachte dröhnend und schlug dem Jungen so heftig auf die Schulter, dass dessen Zähne zusammenschlugen. »Dein Herz ist ebenso gütig wie tapfer, mein Junge, aber Jungs versprechen schnell und bedauern es dann lange. Ich glaube nicht, dass du es ernst meinst.«
Peter sah ihn ruhig an. »Ich meine, was ich sage.«
Da hörte Yosef unvermittelt auf zu lachen. Er sah Peter genau an und stellte fest, dass es dem Jungen wirklich ernst mit seinen Worten war … oder er das zumindest glaubte. Sein Gesicht zeigte keinerlei Zweifel.
»Also! Ich kann hier nicht den ganzen Tag vertrödeln«, sagte der Pferdedoktor in seiner vorherigen brüsken und eigendünklerischen Art. »Ich habe die Diagnose gestellt. Die Rechnung wird zu gegebener Zeit der Schatzkammer zugehen. Vielleicht bezahlt Hoheit sie von seinem Taschengeld. Wie dem auch sei, die Entscheidung ist nicht mehr meine Sache. Guten Tag.«
Peter und der Stallmeister sahen ihm nach, wie er den Hof verließ, wobei er einen langen Nachmittagsschatten hinter sich herzog.
»Er ist voll Mist«, sagte Yosef, als der Pferdedoktor es nicht mehr hören und seinen Worten widersprechen konnte. »Glaube mir, Hoheit, es wird eine Menge Kummer ersparen. Es hat noch nie ein Pferd mit gebrochenem Bein gegeben, das nicht Blutvergiftung bekommen hätte. Das ist Gottes Wille.«
»Ich möchte mit meinem Vater darüber reden«, sagte Peter.
»Das solltest du auch«, sagte Yosef nachdrücklich …
aber als Peter davonstapfte, lächelte er. Er dachte, dass der Junge nach seiner Auffassung richtig gehandelt hatte. Sein Vater würde aufgrund seiner Ehre dafür sorgen müssen, dass der Junge den Stock zu spüren bekam, weil er sich in die Belange von Erwachsenen eingemischt hatte, aber Yosef wusste, dass Roland im hohen Alter völlig vernarrt in seine beiden Söhne war - in Peter vielleicht noch ein wenig
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