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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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handelte.
    Lass dir nichts anmerken!, signalisierten Bens Augen.
    Schau mich nicht zu lange an!, signalisierte Peter zurück.
    Nach dem Rat, den er ihm gegeben hatte, wäre Peyna fassungslos gewesen, Ben hier zu sehen. Er hatte vergessen,
dass die Logik aller weisen Männer der Welt oftmals nicht gegen die Logik eines Jungenherzen ankonnte, wenn das Herz des Jungen groß und gütig und treu ist. Bei Ben Staad traf all dies zu.
    Es war die einfachste Sache der Welt gewesen, die Rolle mit einem der Jungen zu tauschen, die das Puppenhaus zur Spitze der Nadel tragen sollten. Für einen Gulden - Bens gesamten Besitz - hatte Dennis es eingefädelt.
    »Sag deinem Vater nichts davon«, hatte Ben Dennis gewarnt.
    »Warum nicht?«, hatte Dennis gefragt. »Ich erzähle meinem Pa fast alles … du nicht?«
    »Ich habe es getan«, antwortete Ben, der sich daran erinnerte, wie sein Vater ihm verboten hatte, Peters Namen noch einmal auszusprechen. »Aber wenn Jungs erwachsen werden, ändert sich das manchmal, glaube ich. Wie dem auch sei, du darfst ihm davon nichts erzählen, Dennis. Er könnte es Peyna sagen, und dann könnte ich ernsthafte Probleme bekommen.«
    »Also gut«, versprach Dennis. Es war ein Versprechen, an das er sich hielt. Dennis war auf grausame Weise verletzt worden, als sein Herr, den er geliebt hatte, zuerst des Mordes angeklagt und dann verurteilt worden war. In den zurückliegenden Tagen hatte Ben einen Großteil der Leere in Dennis’ Herzen aufzufüllen begonnen.
    »Das ist gut«, sagte Ben und stieß Dennis spielerisch gegen die Schulter. »Ich möchte ihn nur eine Minute sehen und mich daran erfreuen.«
    »Er war dein bester Freund, stimmt’s?«
    »Das ist er noch.«
    Dennis hatte ihn verblüfft angesehen. »Wie kannst du
einen Mann, der seinen eigenen Vater ermordet hat, als deinen besten Freund bezeichnen?«
    »Weil ich nicht glaube, dass er es getan hat«, sagte Ben. »Du?«
    Zu Bens völligem Erstaunen brach Dennis in bittere Tränen aus. »Mein ganzes Herz sagt mir dasselbe, und doch …«
    »Dann höre darauf«, sagte Ben und umarmte Dennis ungeschickt. »Und trockne dein Gesicht ab, bevor jemand dich wie ein Kind weinen sieht.«
    »Stellt es ins Nebenzimmer«, sagte Peter nun und bemerkte besorgt das leichte Zittern seiner Stimme. Beson bemerkte es nicht, er war zu sehr damit beschäftigt, die beiden Jungs wegen ihrer Langsamkeit zu verfluchen, anschließend wegen ihrer Dummheit und dann, weil sie überhaupt existierten. Sie trugen das Puppenhaus ins Schlafzimmer und stellten es ab. Der andere Junge, der ein ausgesprochen dummes Gesicht hatte, ließ sein Ende zu schnell und zu fest fallen. Man hörte das leise Geräusch von etwas im Innern, das zerbrach. Peter zuckte zusammen. Beson verpasste dem Jungen eine Ohrfeige, aber er lächelte, während er es tat. Es war das erste positive Erlebnis, seit die beiden Bengel mit dem verfluchten Ding aufgetaucht waren.
    Der dumme Junge stand auf und wischte sich das Gesicht ab, das bereits anzuschwellen begann, und betrachtete Peter offenen Mundes und mit unverhohlener Angst und Verwunderung. Ben blieb noch einen Augenblick länger auf den Knien. Vor der Tür des Hauses befand sich eine kleine geflochtene Matte, ein Fußabtreter. Einen Augenblick ruhte Bens Daumen auf dieser Matte, und er sah Peter in die Augen.

    »Und jetzt hinaus!«, brüllte Beson. »Hinaus, alle beide! Geht heim und verflucht eure Mütter dafür, dass sie jemals so langsame, ungeschickte Narren wie euch geboren haben!«
    Die Jungs gingen an Peter vorbei, der tölpelhafte wich ihm dabei aus, als befürchtete er, Peter hätte eine ansteckende Krankheit, die er sich ebenfalls holen könnte. Ben sah Peter noch einmal in die Augen, und Peter erschauerte angesichts der Liebe, die er im Blick seines Freundes spürte. Dann waren sie verschwunden.
    »Nun habt Ihr es, mein kleiner Prinz«, sagte Beson. »Was sollen wir Euch als Nächstes bringen? Kleine Rüschenkleidchen? Seidene Unterhosen?«
    Peter drehte sich langsam um und sah Beson an. Nach einem Augenblick senkte Beson den Blick. Peters Augen hatten etwas Furchterregendes, und Beson musste sich wieder daran erinnern, dass Peter, Memme oder nicht, ihn so verprügelt hatte, dass ihm noch zwei Tage hinterher die Rippen wehgetan hatten und er eine ganze Woche lang Schwindelanfälle von Übelkeit gehabt hatte.
    »Nun, das ist Eure Sache«, murmelte er. »Aber nun, da Ihr es habt, könnte ich Euch einen Tisch besorgen, um es raufzustellen. Und

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