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Die Auserwaehlte

Die Auserwaehlte

Titel: Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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nach den Wäldern. Mara sah eingetrocknete Blutspuren auf seinen Ärmeln. Er winkte in ihre Richtung, dann zeigte er auf etwas hinter seiner Schulter, wie ein Künstler, der ein Meisterstück enthüllt. Die Sklaven, die ihm folgten, trugen eine lange Stange, von der ein verfilztes Bündel mit scheckigem orangegrauem Pelz hing. Mara befreite sich von den stützenden Armen der Dienerinnen, als sie die weiße Maske und die mit Reißzähnen ausgestattete Schnauze eines Sarcat erkannte. Der tödliche nächtliche Jäger lebte in den Regenwäldern südwestlich von ihren Ländereien. Furchterregend schnell und der Schrecken für jeden Hirten war dieses Geschöpf ein gefährliches Raubtier, für den die Needras eine leichte Beute waren und der keine Angst vor Menschen kannte. Dann entdeckte Mara den Pfeil mit den grünen Streifen ihres Herrn in der Schulter der Bestie, genau hinter dem gewaltigen Kiefer. Der Position des Pfeils entnahm sie, daß Buntokapi sich dem Tier in den Weg gestellt und es dann mit einem einzigen Schuß getötet haben mußte. Es war eine beeindruckende Leistung. Abgesehen von seinen anderen Qualitäten hatte Buntokapi großen Mut gezeigt und beachtliche Fähigkeiten im Umgang mit dem Bogen.
    Mara blickte von der Beute auf und sah in sein breit lächelndes Gesicht, und für einen Augenblick konnte sie beinahe vergessen, daß es dem Mann vollkommen an Feinfühligkeit mangelte. Er mochte keine Poesie, es sei denn, sie war deftig und zotig. Sein Geschmack in der Musik entsprach dem Gewöhnlichen – niedere Sänger und Volksweisen – und entbehrte jeglicher Geduld für die Eleganz eines Grand Do-Theaterstückcs oder einer Oper. Von Kunst hielt er gar nichts, es sei denn, der Gegenstand war erotischer Art. Doch tat er sich bei der Jagd hervor, und nicht zum ersten Mal bedauerte Mara, daß Tecuma zu beschäftigt gewesen war, um neben Halesko und Jiro auch seinen dritten Sohn auszubilden. Sosehr sie Buntokapi auch bei vielen Gelegenheiten verachtete, er besaß Anlagen, aus denen sich etwas hätte entwickeln können. Wäre er in einer Weise erzogen worden, die dem Verhalten und dem Anstand einer Person entsprach, die den Namen der Anasati trug, wäre vielleicht doch ein Mann von Ehre aus ihm geworden. Doch Maras Bedauern hielt nur so lange an, bis Buntokapi das Herrenhaus erreicht hatte.
    Er stolzierte wichtigtuerisch herum, ein bißchen betrunken vom Tanlo-Beeren-Wein, den er auf dem Heimweg reichlich zu sich genommen hatte. Der Gestank von Lagerfeuern, Schweiß und was immer er zum Frühstück gegessen hatte, umgab ihn, als er sich jetzt an den Türpfosten zu seinen Gemächern lehnte, von wo aus er seinen Sklaven ein Zeichen gab und diese den Körper des Sarcat zu Maras Füßen niederlegten. »Laßt uns allein«, befahl er den Wachen.
    Als seine Krieger fort waren, stellte er sich aufrecht hin, die Fäuste in die Seiten gestemmt. »Ha, Frau, was glaubst du, was das ist, he? Das ist ein Biest, was?«
    Mara neigte ihren Kopf; sie verbarg höflich ihren Ekel. Die Beute stank so schlimm wie der Jäger, und summende Insekten schwirrten um die Augen und die schlaffe Zunge, während der Kadaver und die Stange den frischgewachsten Boden verschmutzten. Mara wollte das tote Tier – und auch den Mann – so schnell wie möglich loswerden und versuchte es mit Schmeichelei. »Mylord zeigt großen Mut und beachtliche Fähigkeiten im Sieg über eine solche Bestie. Die Hirten des Südens werden Euch in ihren Lobliedern preisen, Bunto!«
    Ihr Ehemann grinste betrunken. »Was kümmert mich das Lob stinkender Hirten, häh? Ich sage dir, der Kopf macht sich hervorragend über dem Schreibtisch, wo bis jetzt nur das verblaßte Banner hängt.«
    Mara hielt einen spontanen Einwand zurück, um nicht Buntokapis Wut auf sich zu ziehen. Das Banner war eines der ältesten Siegesrelikte der Acoma und hatte seit Jahrhunderten das Arbeitszimmer des jeweiligen Lords der Acoma geziert, doch Buntokapi interessierte sich nicht für Traditionen. Er änderte die Dinge, wie es ihm gerade gefiel, meistens aus einem perversen Anflug von Boshaftigkeit heraus, um ohne Zweifel klarzustellen, daß er der Herrscher war. Mara spürte einen kleinen Stich von Trauer darüber, daß Verzweiflung sie zu einer solchen Hochzeit getrieben hatte.
    »Frau!« blaffte Buntokapi und riß sie aus ihren Gedanken. Sie verbeugte sich unterwürfig, auch wenn die Schwangerschaft sie dabei unbeholfen aussehen ließ.
    »Ich wünsche, daß der Kopf dieses Sarcats ausgestopft

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