Die Auserwaehlte
und über meinen Schreibtisch im Arbeitszimmer gehängt wird. Sorge dafür! Ich muß jetzt ein Bad nehmen.« Dann, als wäre ihm noch eine zusätzliche Idee gekommen, reckte er sich und blinzelte an Mara vorbei in den dämmrigen Raum. Er deutete mit dem Finger auf Misa. »Du, Mädchen, kommst mit mir. Jemand muß mir den Rücken waschen, und mein Diener ist krank.«
Das hübsche Mädchen stand auf. Alle wußten, daß ihre Pflicht intimer sein würde, als nur den Rücken ihres Herrn zu waschen. Sie folgte Buntokapi niedergeschlagen, als er sich umdrehte und davoneilte. Die Beute, seit mehr als einem Tag tot und bereits am Verwesen, ließ er einfach auf der Türschwelle liegen. Mara bekämpfte einen Anfall von Übelkeit; sie wirkte so zerbrechlich wie feines Porzellan. Dann rief sie den kleinen Jungen, der als Läufer arbeitete, aus der Ecke hervor, wo er sich versteckt hatte. Buntokapi neigte dazu, ihn einfach deshalb zu schlagen, weil er im Weg war. »Kedo, hol zwei Sklaven aus der Küche, die dies zur Scheune des Schlachters bringen sollen. Sag dem, der für die Trophäen zuständig ist, er soll den Kopf präparieren. Wenn er soweit ist, soll er ihn in das Arbeitszimmer meines Manns bringen und dort aufhängen, wo er gesagt hat.« Mara bezwang den Anflug jenes Ärgers, der seit ihrer Hochzeit einen Teil des täglichen Lebens auszumachen schien. »Juna, geh und falte sorgfältig das Banner über dem Arbeitstisch zusammen und bringe es mir. Ich werde dafür sorgen, daß es sicher aufbewahrt wird.«
Der Läufer verschwand mit einem klappernden Geräusch seiner Sandalen, und die Zofe folgte ihm. Mara strich eine lose Strähne ihres Haares hinter das eine Ohr und wandte sich wieder ihren Dokumenten zu. Bunto sollte sich ruhig mit den Zofen vergnügen, jagen und sich als Krieger gebärden; seine Leidenschaften hielten ihn beschäftigt, und das war nur gut so. Dies und ihre Behinderung durch die Schwangerschaft förderten ihre Möglichkeiten, sich um die jeden Tag hereinkommenden Handelsberichte zu kümmern. Innerhalb bestimmter Grenzen, die Buntokapi festgelegt hatte, regelte Mara weiterhin die Angelegenheiten der Acoma. Und sie lernte. Jeden Tag verstand sie mehr von dem, was ein Haus wirklich groß machte. »Ich frage mich, ob wir neue Karten haben«, dachte sie laut.
»Mistress?« fragte die zurückgebliebene Dienerin.
Mara starrte nur wild auf einen bestimmten Punkt zwischen ihren Pergamenten und der verfilzten Schnauze des Sarcats. Das nächste Mal, wenn ihr Lord zum Jagen ging oder nach Sulan-Qu, um dort die Wetthäuser oder die Frauen der Ried-Welt zu besuchen, würde sie in den Schubladen ihres Vaters nach Karten suchen. Dann ermahnte sie sich, daß die Schubladen nicht mehr die ihres Vaters waren, sondern innerhalb des Herrschaftsbereiches eines Ehemannes lagen, der ihr Feind war.
Wein spritzte umher und färbte das Tischtuch rot, als die Hornflasche, die Buntokapi fortgeschleudert hatte, scheppernd über das Besteck hüpfte. Er blinzelte einmal kurz, als wäre er über seine eigene Kraft erstaunt, doch das milderte nicht seine Wut. »Frau, hör auf, mich zu belästigen!«
Seine Stimme brachte die Flammen in den Lampen zum Flakkern. Mara saß ruhig vor ihrem Ehemann, der noch vor wenigen Augenblicken mit einem Sängerpärchen unbeholfen gesungen hatte. »Siehst du nicht, daß ich diese Vorstellung genieße? Bist du nicht immer hinterher, daß ich Poesie lesen und Musik hören soll? Wie kann ich zuhören, wenn du mich unaufhörlich belästigst?«
Mara verbarg ihren Ekel. Buntokapis unkritische Beurteilung rührte von der Tatsache her, daß die Sängerin die dralle Tochter des Sängers war; der enganliegende Stoff des Gewandes gab mit dem kurzen Saum und dem offenen Kragen große Flächen blanker Haut frei und schien ihren armseligen Gesang zweifellos durch einen anderen Reiz auszugleichen. Doch die Angelegenheiten des Anwesens mußten weiter verwaltet und geordnet werden, und mit einiger Schärfe zog Mara die Schriftrollen, die sie mitgebracht hatte, aus dem vergossenen Wein.
»Mylord, diese Entscheidungen können nicht warten –«
»Sie werden so lange warten, wie ich sage, daß sie warten werden!« Buntokapis Schreien veranlaßte den Diener, der mit Tüchern und einer Schüssel gekommen war, sich beim Säubern zu beeilen. »Und jetzt schweig, Frau.«
Mara saß gehorsam an seiner Seite, während der Diener den vergossenen Wein fertig aufwischte und davonging. Mit rotem Gesicht winkte Buntokapi den
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