Die Auserwaehlte
Musikern zu fortzufahren und versuchte sich stürmisch auf das Lied zu konzentrieren, das das Mädchen gesungen hatte. Doch die sanfte, reglose Anmut Maras machte ihn nervös, wie es nur wenige Dinge vermochten. Nach einem Augenblick meinte er verärgert: »Also, worum geht es?«
Die Musiker stockten etwas und begannen unsicher mit der letzten Strophe. Mara reichte Buntokapi schweigend eine Schriftrolle, und als ihr Gewand etwas verrutschte, bemerkte er, daß sie noch sechs weitere bei sich hatte. Er warf einen raschen Blick auf die erste. »Das sind Haushaltsbudgets und Rechnungen. Warum belästigst du mich damit?« Er starrte seine Frau an, ohne zu bemerken, daß seine Musiker verzweifelt die Erlaubnis herbeisehnten, eine Pause machen zu dürfen. Da Buntokapi sich dazu nicht äußerte, kämpften sie sich mühselig durch ihren Chorgesang.
»Dies sind Eure Ländereien, mein Gemahl«, sagte Mara schwach. »Niemand darf ohne Eure Erlaubnis auch nur einen einzigen Cinti Eures Vermögens ausgeben. Einige der Händler in Sulan-Qu haben uns höfliche, aber bestimmte Aufforderungen zugesandt, den Zahlungen nachzukommen.«
Bunto kratzte sich in der Leiste, während er über den Aufstellungen hockte. »Frau!« Die Musiker hatten ihre Ballade beendet, und er schrie plötzlich in die Stille hinein: »Haben wir genug Geld, um diese Rechnungen zu bezahlen?« Er warf unruhige Blicke um sich, als würde ihn seine eigene laute Stimme verwirren.
»Natürlich, Mylord.«
Er senkte die Stimme. »Dann bezahl sie.« Sein Gesichtsausdruck verdunkelte sich. »Warum musstest du sie eigentlich mir bringen? Wo ist Jican?«
Mara zeigte auf die Rollen. »Ihr habt ihm aufgetragen, sich mit diesen Dingen nicht an Euch zu wenden, mein Gemahl. Er gehorcht, doch kann diese Angelegenheit nicht geregelt werden, wennn Ihr ihm aus dem Weg geht.«
Buntokapis Verwirrung wandelte sich jetzt in Wut. »Also muß meine Frau mich belästigen, als wäre sie eine Bedienstete! Und ich nehme an, ich muß jedesmal, wenn etwas geschehen soll, meine Zustimmung geben, ja?«
»Es ist Euer Besitz«, erwiderte Mara. Sie beobachtete ihn, bis in die letzte Faser angespannt, während sie auf die Möglichkeit wartete, ihm vorzuschlagen, daß er ihr die Verwaltung des Anwesens übertragen sollte.
Doch statt dessen seufzte er mit einer Sanftmut, die sie nie zuvor bei ihm erlebt hatte. »Das stimmt. Ich muß mich mit diesen Unannehmlichkeiten abgeben, fürchte ich.« Sein Blick wanderte zu der drallen Vielle-Spielerin und schwenkte dann wieder zu Mara zurück, wo er auf ihren dicken Bauch landete. Der Kontrast brachte ihn auf einen Gedanken. »Du mußt dich jetzt schonen, Frau, damit du nicht zu sehr ermüdest. Geh zu Bett. Wenn ich mich schon mit diesem Zeug befassen muß, werde ich die Musiker solange hierbehalten, damit sie für mich spielen können.«
»Mylord, ich –« Mara hielt inne, sie war sich plötzlich bewußt, daß sie Buntokapi falsch eingeschätzt hatte, als dieser auf die Füße sprang. Er packte sie an den Schultern und zog sie unsanft hoch. Ihre Hände fuhren unwillkürlich zu ihrem Bauch hinab, um das noch ungeborene Leben zu schützen. Die Geste verhinderte einen Gewaltausbruch ihres Mannes, minderte aber nicht seine Wut.
Die Musiker erstarrten unbehaglich, als Buntokapis verkrampfte Finger sich in ihre Schultern bohrten. »Frau, ich habe dich gewarnt. Ich bin nicht dumm! Ich werde mich um diese Rechnungen kümmern, aber dann, wenn ich es will.« Seine Wut schien sogar noch zuzunehmen, sich selbst zu nähren, bis sie etwas Greifbares war, das die Atmosphäre des Raumes überschattete. Das Mondlicht hinter den Läden schien zu verblassen, und die Musiker legten ihre Instrumente beiseite und hockten sich hin. Mara biß sich auf die Lippe; der feste Griff ihres Mannes verdammte sie zur Unbeweghchkeit wie ein Gazen gegenüber einem Reih. Er schüttelte sie, damit sie seine Kraft richtig einzuschätzen lernte. »Höre mir gut zu, Frau. Du wirst jetzt zu Bett gehen. Und wenn du jemals denkst, meine Pläne zu durchkreuzen, auch nur ein einziges Mal, werde ich dich fortschicken!«
Seine Finger gaben nach, und Mara fiel auf die Knie, so große Furcht durchströmte sie. Sie verbarg das Gefühl hinter einer Verbeugung, die so tief war, daß sie einem Sklavenmädchen angemessen gewesen wäre. Sie drückte die Stirn gegen den Boden, an dem immer noch Wein klebte. »Ich bitte meinen Gemahl um Vergebung.« Diese Worte waren inbrünstig aufrichtig, denn
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