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Die Auserwaehlte

Die Auserwaehlte

Titel: Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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ihnen gehören würde.
    Die Männer marschierten weiter, ohne etwas von den Gedanken ihrer Herrin zu ahnen. Ihre Gesichter enthüllten eine ganze Reihe widerstrebender Gefühle, unter ihnen Hoffnung und die Furcht vor falscher Hoffnung. Mara sank wieder in die Kissen zurück; geistesabwesend betrachtete sie das farbenfrohe Muster der Vorhänge in der Sänfte. Wie hatte sie das alles plötzlich in den Gesichtern der Männer erkennen können? Hatte ihre eigene Furcht möglicherweise zu einer Wahrnehmungsfähigkeit geführt, die sie bisher selbst nicht verstanden hatte? Auf einmal erfüllten Erinnerungen an ihren Bruder Lanokota ihr Bewußtsein, und ihr war, als würde er neben ihr sitzen. Sie konnte ihn flüstern hören, als sie die Augen schloß. »Du wirst erwachsen, kleine Schwester.«
    Plötzlich konnte Mara ihre Tränen nicht länger zurückhalten. Sie weinte jedoch nicht mehr aus Trauer, sondern aus einem überglücklichen Drang heraus, der ganz der Freude ähnelte, als Lano im vergangenen Sommer die Spiele in Sula-Qu gewonnen hatte. An diesem Tag hatten Mara und ihr Vater ihm wie Bauern vom Podium zugejubelt – eine Zeitlang hatten sie den Verhaltenskodex ihres gesellschaftlichen Rangs und des Anstandes beiseite gelegt. Jetzt jedoch überschwemmten sie die Gefühle mit einer zehnmal größeren Heftigkeit.
    Sie hatte gewonnen. Sie hatte ihren ersten Sieg im Spiel des Rates gewonnen, und die Erfahrung hatte ihren Geist geschärft, ließ sie nach mehr, nach Größerem verlangen. Zum ersten Mal in ihrem Leben verstand sie, warum die großen Herrscher danach trachteten, Ehre zu erlangen und dafür sogar zu sterben bereit waren.
    Sie lächelte durch die Spuren der Tränen hindurch und überließ sich den beruhigenden Bewegungen der Sänfte. Niemand von denen, die wie sie am imaginären Spieltisch der tsuranischen Politik saßen, würde von diesem Schachzug erfahren; schon gar nicht sofort oder in nächster Zeit. Während der Verrat der Minwanabi die Garnison der Acoma auf weniger als fünfzig Soldaten verringert hatte, gehörte ihr jetzt die Loyalität von mehr als zweihundert. Da Graue Krieger sich im ganzen Kaiserreich versteckt hielten, konnte sie die Männer anhalten, noch andere zu rekrutieren. Dadurch, daß sie das Kästchen mit der Feder dem Lord der Minwanabi zugesandt hatte, mochte sie vielleicht eine weitere Woche gewonnen haben – eine Woche, an deren Ende sie vielleicht schon auf fünfhundert oder noch mehr Soldaten zählen konnte, um sich einem Angriff zu widersetzen. Mara fühlte sich überglücklich. Sie kannte nun den Geschmack des Sieges! Und zwei Stimmen tauchten in ihrer Erinnerung auf. Auf der einen Seite war es die lehrende Schwester: »Kind, sei wachsam gegenüber den Verführungen von Macht und Triumph, denn jene Dinge sind vergänglich.« Doch Lanos ungestüme Stimme zwang sie, ihre Errungenschaften anzuerkennen: »Genieße den Sieg, solange du kannst, Mara-anni. Genieße ihn, solange du kannst.«
    Mara lehnte sich zurück, müde genug, um ihrem Geist etwas Ruhe zu gönnen. Während ihre Sklaven sie durch die dunkler werdenden Schatten des Sonnenuntergangs nach Hause trugen, lächelte sie leicht in der Geborgenheit der Sänfte. Wenn sie auch wußte, daß ihre Situation immer noch nahezu hoffnungslos war, so würde sie dennoch Lanos Rat annehmen. Das Leben mußte ausgekostet werden, solange es existierte.
    Die Wagenräder quietschten und drehten sich, und die Needras schnaubten, während der Staub der marschierenden Männer die Luft ockerfarben und golden färbte. Der Sonnenuntergang wurde zur Dämmerung, als Maras ungewöhnliche Karawane sich mit ihrer merkwürdig zusammengestellten Kompanie bewaffneter Männer auf den Besitz der Acoma zubewegte.

    Die Fackeln am Haupttor des Herrenhauses warfen ihr Licht auf einen Innenhof, in dem völlige Verwirrung herrschte. Die Ankunft der ersten Gruppe der ehemals herrenlosen Arbeiter und Bauern hatte Jican und seine Leute so sehr in Atem gehalten, daß sie alles andere vernachlässigen mußten, da Mahlzeiten, Unterkünfte und Arbeiten zu verteilen waren. Als Maras Karawane gegen Einbruch der Nacht mit Lujans zerlumpten, unterernährten Kriegern zurückkehrte, schlug der Hadonra die Hände über dem Kopf zusammen und betete zu den Göttern, daß dieser Tag mit seiner unmöglich zu bewältigenden Arbeit endlich ein Ende finden würde. Er war selbst hungrig und hatte sich längst mit den Vorwürfen abgefunden, die er von seiner Frau zu erwarten hatte,

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