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Die Auserwaehlte

Die Auserwaehlte

Titel: Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Lanokota geliebt hatte. Seine Neckerei ließ sie leicht erröten. Sie wischte schnell mit der Hand über die Stirn, als würde ihr die Hitze zu schaffen machen. Dieser Mann stammte nicht aus ihrer Familie, er war nicht einmal ein Lord gleichen Ranges; unsicher, wie sie nach Monaten der Isolation im Tempel reagieren sollte, wandte sie sich forsch der vor ihr liegenden Aufgabe zu. All diese Männer waren kräftig, wenn auch unterernährt, und bis auf zwei, die etwas abseits saßen, schienen sie eifrig bestrebt, in den Dienst der Acoma treten zu können. Einer der beiden abseits Sitzenden tauschte einen Blick mit Lujan aus.
    »Ihr kennt diesen Mann?« fragte Mara.
    Lujan lachte. »Allerdings, Mistress. Dies ist Saric, mein Cousin, der beim Lord der Tuscai gedient hat. Bevor er den Besitz der Kotai verließ, war er mein engster Kamerad.«
    »Ist er denn ein fähiger Soldat?« fragte Mara. Sie wollte Lujan wegen der Peinlichkeit einige Minuten zuvor ärgern.
    Lujan grinste, und sein Cousin antwortete mit beinahe dem gleichen breiten Lächeln. »Mylady, er ist ein ebenso fähiger Soldat, wie ich es bin.«
    »Nun, dann hätten wir ja ein Problem gelöst.« Mara tippte kurz an den Helm, der immer noch an Lujans Handgelenk baumelte. Wegen seiner vollkommenen Schmucklosigkeit wurde er auch Soldatentopf genannt. »Eigentlich hatte ich Euch bitten wollen, ihm den Helm zu geben, im Austausch gegen einen Offiziershelm mit Federbusch. Keyoke hatte den Befehl, Euch zum Befehlshaber zu ernennen. Da Ihr nun aber für drei Wochen fort sein werdet, kann er genausogut Euren Cousin befördern.«
    Immer noch grinsend meinte Lujan: »Nun, beinahe so fähig wie ich, Lady.« Dann wurde er ernster. »Mit Eurer Zustimmung würde ich ihn gerne mitnehmen. Es soll keine Geringschätzung gegenüber den anderen Soldaten sein, doch es gibt keinen Mann, den ich lieber mit einem Schwert an meiner Seite sähe.« Sein Ton wurde wieder leichter. »Abgesehen davon könnten wir die Gruppe ja auch nur aus Unruhestiftern zusammenstellen.«
    Mara konnte nicht widerstehen. Zum ersten Mal seit Lanos Tod glättete sich ihre meist sorgenvoll gerunzelte Stirn völlig, und in dem Licht der Lampen schien ihr Lächeln von überraschender Lieblichkeit: »Dann solltet Ihr jetzt am besten zu Keyoke gehen und Euren Federbusch abholen, Befehlshaber.« Sie wandte sich an den Neuankömmling. »Willkommen, Saric.«
    Der Mann verneigte sich. »Mistress, Eure Ehre ist auch meine Ehre. Mit dem Wohlwollen der Götter werde ich als Krieger sterben – nicht zu bald, hoffe ich – und, im Dienste einer Schönheit wie Ihr es seid, noch dazu als glücklicher Mann.«
    Mara starrte die beiden Männer an und wölbte leicht die Brauen. »Schmeichelei scheint ein gängiger Zug in Eurer Familie zu sein, ebenso wie eine manchmal etwas gleichgültige Haltung gegenüber gesellschaftlichen Rängen.« Dann winkte sie den anderen Mann herbei, der neben Saric gesessen hatte. Er trug zivile Kleidung und Fellsandalen. Seine Haare waren merkwürdig geschnitten; sie waren nicht so kurz wie bei einem Krieger, sondern erinnerten eher an die modischen Locken eines Händlers oder das zottelige Haar eines Arbeiters. »Wer ist das?«
    Der Mann erhob sich. »Dies ist Arakasi, Lady«, sagte Saric. »Er stand ebenfalls im Dienste meines Herrn, wenn er auch kein Soldat war.«
    Der Mann war von mittlerem Körperbau und hatte ebenmäßige Gesichtszüge. Aber seine Haltung barg weder den Stolz eines Kriegers noch die Unterwürfigkeit eines Arbeiters. Mara wurde plötzlich unsicher. »Warum steht Ihr dann nicht bei den Handwerkern und Arbeitern?«
    Arakasis dunkle Augen zuckten leicht, möglicherweise aus Belustigung, doch sein Gesicht blieb ausdruckslos. Dann veränderte sich plötzlich etwas. Er bewegte sich kaum, doch sein Auftreten wurde ein anderes; plötzlich schien er ganz der unnahbare, selbstbewußte Gelehrte. Jetzt sah Mara, was sie sofort hätte bemerken müssen: Seine Haut war überhaupt nicht wettergegerbt, wie es die eines Feldarbeiters hätte sein müssen. Seine Hände waren kräftig, aber es fehlte ihnen die dicke Hornhaut von dem ständigen Umgang mit Werkzeugen oder Waffen. »Lady, ich bin kein Bauer.«
    Irgend etwas schien Keyokes Argwohn zu wecken, denn ohne lange nachzudenken stellte er sich zwischen seine Herrin und den Fremden. »Wenn Ihr kein Bauer oder Soldat seid, was seid Ihr dann? Ein Seemann, ein Händler, ein Priester?«
    Arakasi tat, als würde er Keyokes Eingreifen kaum wahrnehmen.

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