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Die Auserwaehlte

Die Auserwaehlte

Titel: Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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auch kaum zwei Jahre älter war als sie, so war er seit seiner Kindheit mit den Regeln des Spiels des Rates großgeworden, während Mara im Tempel Lashimas Schutz gefunden hatte.
    Während Mara sich in eine kostbare safrangelbe Robe wickelte, kehrte der Diener mit der Chocha zurück. Nachdem sie mit einer Handbewegung ihre Zustimmung gegeben hatte, stellte er das große Tablett in der Mitte des niedrigen Tisches ab und zog sich dann zurück. Mara nickte Nacoya zu; ein Zeichen, daß die alte Frau Tassen und Servietten bereitstellen sollte.
    Ihre beiden Offiziere und der Fremde kamen pünktlich auf die Minute. Mara betrachtete den Neuankömmling mit scharfem Blick, während er sich verbeugte und zwischen Keyoke und Papewaio Platz nahm. Arakasis Benehmen war tadellos, es paßte zu der Kleidung, die er jetzt anstelle der Bettlerlumpen trug. Mara erkannte plötzlich das scharlachrote Hemd mit den Quasten; es war Papewaios bevorzugtes Kleidungsstück, das er gewöhnlich nur an Festtagen trug. Mara versuchte die Bedeutung einzuschätzen, die mit der Leihgabe dieses guten Stückes verbunden war. In der Stunde, die seit ihrem Treffen im Hof verstrichen war, mußte der frühere Supai der Tuscai ihren Truppenführer sehr beeindruckt haben. Das war eine außerordentliche Empfehlung, denn wie ihr Vater vor ihr setzte Mara großes Vertrauen in Papewaios Instinkte, wenn es um andere Menschen ging.
    Diese Erkenntnis gab ihr Zuversicht, und sie fragte: »Hat Lujan über das gesprochen, was wir hier tun?«
    Arakasi nickte. »Er ist losgezogen, um weitere Graue Krieger zu gewinnen.« Er hielt inne und fügte dann hinzu: »Aber mit jeder neuen Gruppe von Rekruten vergrößert sich das Risiko, daß Spione darunter sind. Schon bald werdet Ihr keinem der Neuankömmlinge mehr trauen können.«
    »Ihr selbst könntet ein solcher Spion sein«, unterbrach Nacoya.
    »Alte Mutter, ich habe nichts zu gewinnen, wenn ich lüge.« Arakasi ergriff die Kanne mit Chocha und übernahm mit fehlerloser Leichtigkeit die Rolle des Dieners. Mit angemessener Unterwürfigkeit füllte er Maras Tasse, dann Nacoyas, dann Keyokes und Papewaios und schließlich seine eigene. »Wäre ich der Spion eines anderen Hauses, ich hätte mich einfach als Soldat gemeldet und meinem Herrn von Eurer verzweifelten Situation berichtet. Dann wären die Attentäter gekommen, vermutlich mit der nächsten Gruppe neuer Rekruten. Euer Verdacht wäre dann rein theoretisch, denn zusammen mit Eurer Herrin wärt Ihr getötet worden.« Er stellte die Kanne ab. »Und wenn ich hier für mich und meine Spione keine Möglichkeit gesehen hätte, wäre ich vorübergehend in die Rolle eines Bauern geschlüpft und in der Dunkelheit fortgeschlichen, ohne irgend jemanden weiter zu belästigen.«
    Mara nickte. »Eure Logik ist schwer zu widerlegen. Jetzt erzählt uns, was wir über Euch wissen sollten.«
    Der Fremde antwortete freiheraus: »Ich war über zwanzig Jahre angestellt, um ein Netzwerk von Spionen zu errichten und zu überwachen, das sich über das gesamte Kaiserreich erstreckte. Es kann sich mit jedem anderen im Land messen, eingeschlossen dem des Kriegsherrn. Ich habe sogar Agenten, die für andere Supais arbeiten; einer ist ein Schläfer, der bisher noch niemals eingesetzt wurde, sondern für einen Augenblick größter Not –«
    Bei diesen Worten beugte sich Keyoke vor. »Die Zerstörung Eures Hauses war nicht Not genug?«
    Arakasi ging geflissentlich über Keyokes Unhöflichkeit hinweg. »Keiner meiner Agenten hätte meinem Herrn helfen oder sein letztendhches Schicksal verhindern können, schon gar nicht jener, den ich erwähnte. Er arbeitet in der Kaiserlichen Konsulatskanzlei und gehört zum Stab des Kriegsherrn.«
    Selbst Keyoke konnte seine Überraschung nicht verbergen. Der Supai fuhr fort: »Mein Herr war ein weitsichtiger Mann, doch sein Vermögen war begrenzt. Er sammelte Informationen mit einer solchen Hingabe, daß er unfähig war, sie nutzbringend einzusetzen. Vielleicht, wenn ich nicht so zielstrebig in meinen Nachforschungen gewesen wäre …« Arakasi setzte seine Chocha-Tassc beinahe geräuschlos ab. »Wenn der Lord der Minwanabi nicht Angst davor bekommen hätte, daß mein Herr jeden seiner Schritte vorausahnen könnte, wären die Tuscai heute vielleicht unter den mächtigsten Familien des Kaiserreiches.« Er seufzte bedauernd. »Aber wie heißt es doch so schön: ›Wäre vielleicht gewesen ist nichts als Staub im Wind.‹ Der Angriff kam schlagartig und die Krieger

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