Die Auserwaehlte
ist, Arakasi, und niemals ist sie gebrochen worden«, antwortete Mara. Sie sah den Mann einen Augenblick an. »Doch Ihr habt noch nicht erklärt, weshalb Ihr das Netzwerk nicht aufgegeben habt. Wäre es nicht sicherer gewesen, wenn alle bis zu ihrem Lebensende in den Rollen geblieben wären, die sie innehatten, als Euer Herr starb?«
Arakasi lächelte. »Sicherer wäre es zweifellos gewesen; selbst die unregelmäßigen Kontakte, die ich über die letzten vier Jahre hinweg aufrechterhalten habe, bergen für einige meiner Leute ein großes Risiko. Wir halten das Netzwerk aus Gründen unserer Ehre am Leben.« Er hielt inne. »Diese Gründe sind Teil meines Wunsches, in Euren Dienst treten zu dürfen, und Ihr werdet sie nur hören, wenn Ihr Euch zu einer Übereinkunft mit mir entscheiden solltet.«
Keyoke setzte zum Sprechen an, aber dann beließ er es bei einem bloßen Kopfschütteln. Niemand sollte so mit der Herrscherin der Acoma verhandeln dürfen. Mara warf einen Blick auf Nacoya, dann auf Papewaio. Der Truppenführer nickte einmal kurz; er schenkte Arakasi bereits im stillen seine Billigung.
Mara atmete tief ein. »Ich denke, ich sehe Weisheit in Eurem Anliegen, Arakasi. Aber was wird aus dem Netzwerk, falls Euch ein Unglück widerfährt?«
»Meine Agenten haben Mittel, sich gegenseitig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Sollte es eines Tages einer Needra in den Sinn kommen, meine Karriere zu beenden, indem sie sich genau auf die Stelle legt, wo ich ein Schläfchen halte, würde sich innerhalb eines Monats ein anderer Agent bei Euch melden.« Arakasi wurde ernst. »Er würde Euch unwiderlegbare Beweise geben, und Ihr könntet ihm ebensosehr vertrauen wir mir.«
Mara nickte. »Vertrauen … Genau da liegt allerdings das Problem. Es wäre für jeden von uns dumm, die Vorsicht zu schnell abzulegen.«
»Natürlich.«
Eine leichte Brise ließ die Flammen in den Lampen kräftig aufflackern, und sofort huschten Schatten durch den Raum. Nacoya führte mit ihrer Hand gedankenlos das Zeichen gegen Unglück und das Mißfallen der Götter aus, doch Mara war zu sehr von dem Gespräch in Anspruch genommen, um sich jetzt abergläubischen Sorgen hinzugeben. »Wenn ich mich mit Euren Bedingungen einverstanden erkläre, werdet Ihr dann in meinen Dienst treten?«
Arakasi verbeugte sich leicht, eine Bewegung des Oberkörpers, die er voller Anmut ausführte. »Ich wünsche ebensosehr wie die Soldaten, wieder einem Haus zu dienen, Mistress, aber da ist noch etwas. Wir halten das Netzwerk aus Gründen der Ehre intakt. Nachdem das Haus der Tuscai gefallen war, legten ich und jene, die mit gearbeitet hatten, ein Gelübde ab. Wir schworen, niemals unter der Bedingung in einen anderen Dienst zu treten, daß wir dieses Gelübde brechen müssen.«
»Was ist das für ein Gelübde?«
Arakasi sah Mara direkt an, und seine Augen enthüllten jetzt fanatische Leidenschaft, weder durch List noch Tücke verstellt. »Rache am Lord der Minwanabi«, sagte er mit ruhiger Stimme.
»Ich verstehe.« Mara lehnte sich in ihren Kissen zurück und hoffte, daß die Leidenschaft in ihrem eigenen Herzen nicht so leicht zu erkennen war. »Wir haben den gleichen Feind, wie es scheint.«
Arakasi nickte. »Im Augenblick. Ich weiß, daß die Acoma und die Minwanabi im Streit miteinander liegen, aber der Strom der Politik ändert häufig seinen Lauf –«
Mara erhob ihre Hand und brachte ihn dadurch zum Schweigen. »Die Acoma haben eine Blutfehde mit den Minwanabi.«
Arakasi blieb still; er hatte die Beine übereinandergeschlagen und starrte jetzt auf die abgetragene Sohle der Sandale an seinem Fuß. Die Stille war so durchdringend, daß alle im Raum ein leichtes Frösteln verpürten. Hier war ein Mann von anscheinend grenzenloser Geduld, wie die Baumschlange, die ihre Gestalt den Ästen anpaßt und unerkannt geduldig auf vorbeistreifende Beute wartet, um dann mit unerwarteter Tödlichkeit zuzuschlagen. Als sich Arakasi schließlich ein wenig bewegte, bemerkte Mara, daß das, was bei diesem Gespräch auf dem Spiel stand, langsam an seiner Selbstkontrolle zu zehren begann. Trotz seiner Fähigkeiten und seiner Übung kämpfte der Supai gegen dieselben widerstreitenden Gefühle wie die zerlumpten Soldaten und Diener, die zu ihr gekommen waren: Möglicherweise würde er wirklich eine zweite Chance erhalten, aber nur, um erneut die Farben eines Hauses verlieren zu können. Dennoch spiegelte seine Stimme nichts von dem inneren Aufruhr wider, als er
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