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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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worden war als Prophet. Er war Prophet . Er war das Sprachrohr Gottes.
    »Du besitzt große Macht, Mia«, sagte Prophet. »Dafür braucht man sich nicht zu schämen. Es sei denn, man benutzt diese Macht für die verkehrten Zwecke.«
    Ich atmete tief ein und wieder aus, dann hob ich den Blick und sah Prophet in die Augen. »Ich habe Menschen verletzt«, sagte ich.
    »Ja, das hat mir deine Mutter auch erzählt. Und ich habe es gesehen.«
    »Sie … haben gesehen, was passiert ist … auf der Brücke?«
    »Ich kann in dich hineinblicken, Mia. In deine Gedanken. Deine Mutter hätte mir gar nichts über dich zu erzählen brauchen. Ich weiß alles. Aber du wolltest das nicht tun. Du wusstest nicht, wie du die Macht kontrollieren sollst, die Gott dir geschenkt hat. Vielleicht ist sie zu groß, um von dir kontrolliert werden zu können. Deshalb brauchst du jemanden wie mich, um diese Macht richtig zu verwenden.«
    Ich nickte. Er hatte Recht. Ich musste kontrolliert werden. Ich brauchte Prophet.
    »Woher wissen Sie so viel?« Ich senkte verschämt den Blick. »Sind Sie wie Mr Kale?« Ich nahm an, er wusste, wer Mr Kale war, wenn er tatsächlich alles über mich wusste.
    Prophet verzog angewidert das Gesicht und nickte kaum merklich. »Wir verfügen über ähnliche Kräfte, ja.«
    Als ich an Mr Kale dachte, fiel mir wieder ein, was er mir über seine Schwester gesagt hatte. Über Katrinas Mutter. Hatte Prophet sie tatsächlich umgebracht? Nein, beschloss ich. Mr Kale musste gelogen haben. Prophet war gut, und ich fühlte mich bei ihm sicher.
    Ein weiterer Anflug von Angst überkam mich. Wenn Mr Kale ein Lügner war und Parker sich den Suchenden angeschlossen hatte, dann stand mein Bruder auf der falschen Seite.
    Prophet beobachtete mich, und ich spürte wieder jenen bohrenden, summenden Druck im Kopf.
    Wenn du deinen Bruder wiedersiehst, wird zwischen euch alles anders sein, informierte mich Prophets Stimme. Er ist nicht mehr dein Bruder. Du hast jetzt eine neue Familie. Eine Familie von Menschen, die genauso sind wie du.
    Ich schüttelte den Kopf. Schüttelte den Kopf, weil die alte Mia noch in mir war und versuchte, aufzuwachen und die Kontrolle zu übernehmen. Sie verursachte mir ein ungutes Gefühl in der Magengegend.
    »Du weißt, dass ich Recht habe, nicht wahr, Mia?«, fragte Prophet. »Dein Bruder hat sich dem Willen Gottes widersetzt. Hat sich Seinem Plan widersetzt. Die Welt muss gereinigt und in Güte und Licht neu erschaffen werden, und dein Bruder und die Suchenden möchten das verhindern.« Prophet hielt inne und neigte den Kopf, als lausche er einer Stimme, die nur er hören konnte.
    Gott spricht zu ihm, dachte ich.
    Prophet schüttelte traurig den Kopf. »Dein Bruder ist jetzt ein Feind. Du hast ihn verloren.«
    Mir blieb die Luft weg. »Nein …« Ich schüttelte den Kopf. »Nein! Nein, nein, nein.«
    »Doch«, sagte Prophet. Doch. Er hat dich hintergangen, hat dich im Stich gelassen. Er hat sich von dir abgewendet, weil du bist, was du bist.
    Die alte Mia regte sich in mir. Ihr gefiel nicht, was geschah, ihr gefiel nicht, was Prophet über Parker sagte. Es gefiel ihr ganz und gar nicht.
    Das friedliche Gefühl, das ich beim Aufwachen empfunden hatte, wurde in Stücke gehackt. Die alte Mia machte es kaputt. Sie meldete sich zurück, und sie war wütend. Das warme Licht Gottes in meinem Herzen brannte jetzt zornig.
    »Du bist durcheinander«, sagte Prophet.
    »Meinen Sie?«, fauchte ich.
    Prophet stand auf und beugte sich über mein Bett.
    »Parker hat mich nicht hintergangen. Er hat nur getan, was er für richtig hielt.« Ich wich vor Prophet zurück, konnte mich aber nirgendwo verstecken. Er legte mir die Hände auf den Kopf, und ich spürte ihn wie das Licht Gottes auf mich herabscheinen. Ich wurde sofort ruhiger.
    »Was haben Sie gemacht?«, fragte ich.
    »Ich habe dir meinen Segen erteilt.«
    »Danke. Ich fühle mich jetzt besser.«
    »Hast du Hunger? Es ist Zeit zu frühstücken, und ich möchte dir deine neue Familie vorstellen.« Er erhob sich. »Ich gehe jetzt, damit du dich frischmachen kannst. Komm nach unten ins Esszimmer, wenn du fertig bist. Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst. Aber nicht zu viel.« Er lächelte. »Viel Zeit bleibt nämlich nicht mehr.«
    Als ich wieder allein war, kletterte ich aus dem Bett und öffnete die Glasschiebetür, um auf den Balkon hinauszugehen. Die Luft war kühl und roch nach Meer und Salzwasser. Eine böse Ahnung ließ meine Haut schmerzhaft kribbeln. Inzwischen

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