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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Bosworth
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Plans.«
    »Mia, ich möchte, dass du meine Trauzeugin bist«, warf Mom ein. An einem der leeren Bücherregale hing eine Kleiderhülle. Mom hängte sie ab und brachte sie zu mir. »Das hat Rance für dich bestellt und liefern lassen.«
    Sie drückte mir die Hülle in die Hand. Sie war schwer, als bestünde das Kleid aus Blei. »Danke«, sagte ich, obwohl ich das Wort kaum über die Lippen brachte.
    »Danke, Vater «, korrigierte mich Prophet.
    Unsere Blicke trafen sich, und ich sah das vom Altersstar grau verschleierte Schwarz seiner Pupillen. Ich verspürte das Bedürfnis, ihm das verräterische Herz aus der Brust zu reißen – nicht, um es wie in Edgar Allen Poes Kurzgeschichte unter den Fußbodendielen zu begraben, sondern um das Feuer in meinem eigenen Herzen zu entfesseln und es zu verbrennen.
    Du könntest es tun, sagte eine Stimme in mir. Du könntest ihn jetzt töten. Benutze das Feuer in dir, wie du es auf der Brücke getan hast. Bring es hinter dich und vernichte Prophet.
    Doch Mom stand jetzt wieder neben ihm, und es gab keine Garantie, dass ich Prophet würde niederstrecken können, ohne sie ebenfalls zu treffen. Schließlich hatte ich nicht geübt. Prophet hatte Recht. Ich hatte keine Kontrolle über meinen Funken oder mein Licht oder worum auch immer es sich handelte.
    Also würde ich abwarten.
    »Danke, Vater«, murmelte ich.
    Er lächelte. »Geh und probier das Kleid an. Ich hoffe sehr, es passt dir.«
    Es passte perfekt, das lange weiße Satinkleid mit Stehkragen und passenden Satinhandschuhen und – o Gott, wer hätte es für möglich gehalten? – weißen Satinstiefeletten. Ich hasste es, doch nachdem ich es angezogen hatte, zog ich es nicht mehr aus. Ich legte mich aufs Bett und beobachtete, wie sich das Licht an der Zimmerdecke veränderte, während sich die Sonne zum Horizont senkte.
    Jeremy kam kurz vor Sonnenuntergang, um mich abzuholen.
    Ich breitete die Arme aus. »Das passiert anscheinend, wenn ein Blinder ein Kleid für einen aussucht.«
    Ich wollte, dass er lacht. Ich hatte Jeremy noch nie lachen hören. Vielleicht hatte er es verlernt.
    Stattdessen strich er mit den Fingerknöcheln an den Ärmeln des Kleids entlang. »Mia, was auch immer heute Abend passiert, das Einzige, was zählt, ist, dass du dich so weit wie möglich von Prophet entfernst. Zögere nicht, wenn die Zeit kommt, auch wenn du mich oder … oder deine Mom zurücklassen musst.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Entweder wir alle oder keiner von uns.«
    Jeremy biss die Zähne zusammen, seine Halsmuskeln spannten sich an. »Diese Option gibt es vielleicht nicht. Denk daran, was auf dem Spiel steht. Versprich mir, dass du uns im Notfall zurücklässt.«
    »Jeremy …«
    »Versprich es mir!« Er zitterte, seine Augen waren leicht zurückgerollt, und seine Wimpern zuckten.
    »Ich verspreche es«, sagte ich, da mir plötzlich bewusst wurde, was vor sich ging. Er war mitten in einer Vision, und was auch immer er sah, hing von meiner Entscheidung ab, ohne ihn und Mom zu gehen, wenn es dazu kam.
    Ich näherte mich Jeremy, bis meine Lippen seine fast berührten. »Ich verspreche es«, wiederholte ich, und er hörte auf zu zittern.
    Dann sah er mich mit gequältem Blick an. »Es wird Zeit.«
    Die Sonne setzte den Horizont in Brand, als sich unsere Prozession den Weg über den Strand und durch die Zeltstadt bahnte. Lager- und Kochfeuer wurden entzündet, und der Geruch von öligem Rauch und verkohltem Fleisch hing schwer in der Luft. Alle beobachteten uns, sowohl Jünger als auch Obdachlose, als wären wir Könige, die eine Abkürzung durch ihr armseliges Dorf nahmen.
    Ich fragte mich, wie viele dieser Jünger den Funken besaßen. Wie viele hatte Prophet bei seinen Erweckungen rekrutiert? Mehr, als die Suchenden im Lauf ihrer zweihundertjährigen Suche gefunden hatten? War es Parker gelungen, in der einzigen Nacht, in der er hatte rekrutieren müssen, jemanden ausfindig zu machen?
    Als der Himmel seine Farbe von Rosa zu Lavendel und schließlich zu Blau wechselte, zog vom Meer Nebel auf und ließ sich wie ein Blumenkranz auf den Schultern der Jünger nieder. Am Strand waren Tausende von ihnen. Vielleicht sogar Zehntausende. Sie würden niemals alle ins Zelt passen. Sie passten kaum auf den Strand.
    Prophet schritt in einem weißen Anzug mit weißer Seidenkrawatte über den Sand. Mom hatte sich bei ihm eingehakt, und ihr Kleid raschelte um ihre Füße. Im gleißenden Licht der untergehenden Sonne leuchtete ihre Haut rötlich golden, und

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