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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Spatenblatt einrasten, während Schwester Angela mir mit dem kalten Flußwasser die Füße wusch – die über den Rand des riesigen Reifenschlauchs ragten – und sie dann sorgfältig und ehrfürchtig mit einem Handtuch abtrocknete.
    Ich schaute zu den anderen hoch, die vom Ufer her zusahen, während ihr kollektiver Atem wie eine Wolke über ihren Köpfen hing. Großvater Salvador stand in ihrer Mitte, ein weißgekleideter Fokuspunkt in der dunklen, schemenhaften Menschentraube.
    Man reichte Schwester Angela meine Strümpfe, und sie zog sie mir vorsichtig über die Füße. Ich gab ihr meine Stiefel, und sie zog mir auch diese an und schnürte sie zu.
    »Bist du bereit, mein Kind?« erkundigte sich unser Gründer leise vom Ufer.
    »Das bin ich«, erwiderte ich.
    Schwester Angela und Bruder Robert sahen zu meinem Großvater; er nickte, und sie stießen mich vom Ufer ab und hinaus in die Flußmitte. »Geh mit Gott!« flüsterte Schwester Angela. Bruder Robert nickte. Die Strömung erfaßte mein seltsames Gefährt und begann, es zu drehen und mich stromabwärts davonzutragen. Ich tauchte den Klappspaten in das seidige graue Wasser und paddelte, um meine Brüder und Schwestern im Blickfeld zu behalten.
    »Geh mit Gott – mit Gott – Geh – Gott – Geh mit – Gott – mit Gott – Gott – mit – Geh…« flüsterten die anderen, ihre verwobenen Stimmen schon halb verloren im gurgelnden Rauschen des Flusses und dem entfernten Muhen der erwachenden Kühe.
    Schließlich, kurz bevor der Fluß mich um die enge Biegung und außer Sicht trug, sah ich Großvater Salvador den Arm heben und hörte, wie seine Stimme donnernd über den anderen erscholl: »Geh mit Gott, Isis.«
    Dann geriet der Reifenschlauch in einen Strudel, und ich drehte mich wie ein Kreisel, und die Welt wirbelte um mich herum. Ich paddelte auf der anderen Seite und blickte zurück, aber der Fluß hatte mich schon zu weit von meinen Brüdern und Schwestern fortgetragen, und ich konnte nur noch das Schilf und Büsche und die hohen schwarzen Bäume sehen, die von beiden Uferseiten über den nebelverhangenen Fluß ragten wie monströse, nach mir greifende Hände.
    Ich kniff entschlossen die Lippen zusammen und paddelte stromabwärts, Richtung Meer und Edinburgh, wo meine Mission mich zuallererst in das Haus von Gertie Possil führen würde.
    *
    »Was?« fragte ich bestürzt.
    »Deine Cousine Morag hat uns aus England geschrieben und uns mitgeteilt, daß sie nicht nur Ende des Monats nicht zum Fest nach Hause kommen wird, sondern daß sie darüber hinaus auch noch einen wahreren Weg zu Gott gefunden hat, wie sie es nennt. Sie hat sogar den Betrag, mit dem wir sie monatlich unterstützen, zurückgeschickt.«
    »Aber das ist ja entsetzlich!« rief ich aus. »Welcher Irrglaube kann ihren Verstand vergiftet haben?«
    »Wir wissen es nicht«, gab Salvador schroff zurück.
    Wir waren im Gemeindebüro gegenüber von Salvadors Gemächern; mein Großvater, meine Stieftante Astar, Allan, Schwester Erin, Schwester Jess und ich. Ich war gerade aus Dunblane zurückgekehrt und hielt noch immer meinen Reisehut in der Hand. Ich hatte just die Grenze unseres Grundstücks überschritten, als ich Bruder Vitus sah, der entlang der alten Eisenbahngleise auf mich zugelaufen kam; er blieb völlig außer Atem stehen und erklärte mir, daß ich dringend im Haus erwartet werde, dann liefen wir gemeinsam zurück.
    »Wir müssen ihr schreiben«, sagte ich. »Wir müssen ihr die Irrigkeit ihrer Überlegungen und Absichten erklären. Hat irgendeiner ihrer vorherigen Briefe einen Hinweis auf die genaue Natur ihrer Verblendung enthalten? Wohnt sie noch in London? Bruder Zebediah ist noch immer dort, glaube ich; könnte er nicht mir ihr reden? Sollen wir einen großen Gottesdienst abhalten und für ihr Seelenheil beten? Vielleicht hat sie ihre Ausgabe der Orthographie verloren; sollen wir ihr eine neue schicken?«
    Allan sah zu meinem Großvater, dann sagte er: »Ich glaube, du verstehst nicht ganz, worum es geht, Isis.« Er klang müde.
    »Wie meinst du das?« fragte ich. Ich legte meinen Hut ab und zog meine Jacke aus.
    »Schwester Morag ist in vieler Hinsicht wichtig für uns«, erklärte Astar. Astar ist dreiundvierzig, ein Jahr jünger als ihre Schwester Calli, und just so hellhäutig europäisch wie Calli subkontinental dunkel ist. Sie ist hochgewachsen und sinnlich, mit langem, glänzend schwarzem Haar, das in einem geflochtenen Zopf bis in ihr Kreuz hinabreicht, und großen Augen

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