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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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von mir persönlich nicht erwartet, derartige schwere körperliche Arbeiten zu verrichten, aber dennoch achte ich darauf, mein Bad am Sonntagabend zu nehmen, bevor ich nach Dunblane gehe und Mr. Warriston treffe.)
    Außerdem gibt es da noch die Elektrizität.
    Ich warf einen Blick zur Diele, dann beugte ich mich zu dem kleinen Tischchen neben Mrs. Warristons Sessel hinüber, auf dem sich ein Stapel gebundener Bücher und eine Leselampe befanden. Ich entdeckte den Schalter der Lampe; ein Klick, und das Licht ging an; einfach so. Und dann ging es mit einem weiteren Klick wieder aus.
    Ich schauderte, peinlich berührt von meinem kindischen Verhalten. Aber es war mir eine Lektion; es zeigte, daß selbst die simpelsten Manifestationen solcher Technologie einen Menschen ablenken konnten; sie konnten einen Menschen in ihren Bann schlagen, seinen Kopf verwirren und ihn besessen von diesem Tand machen, so daß die leise, ruhige Stimme, das einzige, was wir von Gott hören können, erstickt wird. Mr. Warriston redete noch immer. Ich stellte meine Tasse ab und stand auf, um die CD genauer zu betrachten.
    Die Hülle war enttäuschend, aber die regenbogen-silbern schillernde Scheibe darin sah interessant aus.
    »Faszinierende kleine Dinger, was?« sagte Mr. W, als er zurück ins Zimmer kam.
    Ich nickte, während ich ihm die Scheibe vorsichtig reichte. Es kam mir in den Sinn, Mr. Warriston zu fragen, ob er auch eine CD von meiner Cousine Morag, der international gefeierten Baryton-Solistin, besäße, aber diese Frage hätte als eitle Prahlerei aufgefaßt werden können, und so widerstand ich der Versuchung.
    »Schon erstaunlich, wie sie siebzig Minuten Musik auf so eine kleine Scheibe pressen können«, fuhr er fort, während er sich über das Hifi-Gerät beugte. Er schaltete das Gerät an, und alle möglichen Lichter flammten auf; kleine gleißend rote, grüne und gelbe Lämpchen und fahl leuchtende Fenster mit scharf umrissenen, schwarzen Lettern und Ziffern darin. Er drückte einen Knopf, und eine Lade glitt aus dem Gerät. Er legte die Scheibe hinein, drückte abermals den Knopf, und die Lade glitt wieder zurück. »Natürlich gibt es Leute, die sagen, sie klängen steril, aber ich finde, sie – «
    »Muß man sie umdrehen, wie Schallplatten?« fragte ich.
    »Was? Nein«, erwiderte Mr. Warriston und richtete sich auf. Er drückte einen anderen Knopf, und plötzlich erscholl die Musik zu beiden Seiten von uns. »Nein, man spielt nur eine Seite ab.«
    »Warum?« fragte ich ihn.
    Er sah mich verdutzt an, dann wurde seine Miene nachdenklich. »Weißt du«, sagte er, »ich habe keine Ahnung. Ich wüßte nicht, warum man nicht beide Seiten bespielen und so die Kapazität verdoppeln können sollte…« Er starrte auf das Gerät. »Man könnte zwei Laser einbauen oder die CD einfach per Hand umdrehen… hmmm.« Er sah mich schmunzelnd an. »Vielleicht sollte ich mal an eine dieser Forschung- und Technik-Sendungen schreiben. Ja, keine schlechte Idee.« Er deutete mit einem Nicken auf meinen Holzstuhl. »Na, egal. Komm jetzt; wollen wir dich erst mal an den besten Platz für den Stereo-Effekt setzen, was?«
    Ich lächelte, zufrieden darüber, auf eine technische Frage gekommen zu sein, die Mr. Warriston nicht beantworten konnte.
    *
    Ich hörte mir die CD an, dann bedankte ich mich bei Mr. und Mrs. Warriston für ihre Gastfreundschaft, lehnte sowohl ein Mittagessen als auch eine Heimfahrt in ihrem Wagen ab und machte mich wieder auf demselben Weg, auf dem ich gekommen war, zurück zur Gemeinde auf. Der Tag war warm, die Wolken klein und hoch an einem strahlend blauen Himmel; nahe einer kleinen Wiese neben Allan Water setzte ich mich im laubgesprenkelten Sonnenschein an eine weiche Uferböschung und aß den Apfel und die Haggis Pakora, die mir Schwester Anne fürsorglich als Wegzehrung mitgegeben hatte.
    Der breite Fluß gurgelte glitzernd zu meinen Füßen über seine glattgeschliffenen Felsterrassen; ein Zug ratterte am gegenüberliegenden Ufer vorbei, verborgen von den Bäumen. Ich steckte das zusammengefaltete Butterbrotpapier des Pakora zurück in meine Tasche, ging hinunter zum Fluß und trank etwas Wasser, das ich mit der Hand schöpfte; es war klar und kühl.
    Ich schüttelte die Tropfen von meinen Händen und schaute mich glücklich und zufrieden um, verzückt darüber, wie wunderschön Gott doch einen so großen Teil der Welt gestaltet hatte, als mir mit einem Mal einfiel, daß dies die Stelle war, wo mich vor zwei Jahren ein

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