Die Auserwählte
richteten sich auf mich; ich schaute mich tapfer lächelnd um und versuchte, nicht zu sehr zu erröten). Schwester Fiona B. stand auf, um zu sagen: Ja, es wäre auch an der Zeit, daß wir endlich über die spirituelle Verirrung unserer Schwester sprachen und nicht nur über die rein praktischen Methoden, sie hierher zurückzubringen. Dies wurde mit Applaus und Hallelujas begrüßt; Salvador und Allan nickten zustimmend, doch stirnrunzelnd.
Schwester Bernadette sagte, daß ich als Auserwählte Gottes viel zu wertvoll wäre, um mich Gefahren im Reich der Verderbnis aussetzen zu dürfen.
»Babylondon!« rief Schwester Angela aus und begann zu zittern und in Zungen zu sprechen (Schwester Angela ist sehr leicht erregbar und neigt dazu, solche Dinge zu tun). Besorgte Brüder und Schwestern hielten sie sanft zurück.
Bruder Herb war der Ansicht, daß ich besser hierbliebe, meinte aber, wenn ich doch gehen sollte, wäre ich aufgrund meines gesalbten Status vielleicht ungefährdeter und erfolgreicher als jeder andere.
Es wurde noch viel mehr gesagt; ich wurde nach meiner Meinung gefragt und erwiderte, daß ich nur meine ehrliche Bereitschaft bekunden könnte, nach London zu reisen und Morag ins Gewissen zu reden, wenn die Gemeinde dies beschließen sollte. Ich setzte mich wieder.
Wenn wir noch länger diskutiert hätten, hätten wir die Lampen der Kapelle anzünden müssen. Schließlich verkündete Salvador zögernd, er sei zu dem Schluß gekommen, daß nichts anderes übrig bliebe, als mich zu bitten, die Heimstatt der Gerechten zu verlassen und in die Städte der Gewöhnlichen zu gehen, mit der Mission, Morag wieder zum wahren Glauben zurückzuführen. Ein weiterer außerordentlicher Gottesdienst in sieben Tagen würde ein Forum bieten, mögliche neue Entwicklungen zu diskutieren, ebenso wie die Gelegenheit, etwaige neue Vorschläge bezüglich der Misere der Gemeinde abzuwägen. Die Bürde der Verantwortung ruhte jedoch auf meinen Schultern, und wir würden darauf vertrauen müssen, daß der Schöpfer mich auf meiner Mission unter den Unerretteten beschützen und leiten würde.
Auf einen Blick meines Großvaters hin stand ich auf und verkündete, daß es mir eine Ehre sei, demütig meine Entsendung in die Wüste anzunehmen, und daß ich mich aufmachen würde, sobald die praktischen Fragen meiner Reise geklärt wären. Allan erhob sich und erklärte, daß unser Oberhaupt, er selbst, Calli, Astar, Malcolm, Calum und ich uns nun zurückziehen würden, um unsere nächsten Schritte zu besprechen. Ich stand eilig auf und sagte, daß ich gern auch Bruder Indra dabeihätte, und so wurde es beschlossen.
Der Gottesdienst endete mit einem letzten Gebet, und jene, die Abendbrotdienst hatten, eilten davon, um verspätet mit den Vorbereitungen für das abendliche Mahl anzufangen, das aus Bridie Samosa, Channa Neeps, Black Pudding Bhaji und Saag Crowdie Paneer bestand.
*
Um mich herum wurde es langsam hell. Ich paddelte durch den erwachenden Dämmerungschor und unter den dahinziehenden Nebelschwaden hindurch, zwischen dem Schlamm und dem Gras der Flußufer entlang, wo die Kühe mich verdutzt mit großen Augen anblickten. Die schwergewichtigen, sanftmütigen Tiere hielten gelegentlich in ihrem Wiederkäuen inne, um mir zuzumuhen. »Selbst muuuh«, rief ich zurück.
Der Seesack auf meinem Schoß war mir beim Paddeln im Weg; ich schob ihn weiter nach unten, stopfte ihn zwischen meine Beine und auf den Boden des Reifenschlauch-Floßes, wo ein Stück Plastik, das Indra am Schlauch festgeschweißt hatte, mein Hinterteil trocken hielt. Der Seesack ließ sich nach unten und zusammendrücken, bis ich mehr oder weniger darauf saß; das Paddeln wurde um einiges einfacher.
Der Seesack enthielt eine Ausgabe der Orthographie (in die ich eigenhändig hastig noch die jüngsten Änderungen aus unseren Notizen eingefügt hatte), dazu alte, verknickte Taschenbuchausgaben von John Bunyans Des Pilgers Wanderschaft, Walter Scotts Waverly, John Miltons Das verlorene Paradies und Maunders Hausschatz des Wissens, einige Phiolen mit wichtigen Substanzen (Flußschlamm, Herdasche, Seetangsalbe), eine Reisehängematte, einen Schlafsack, ein zusammenklappbares Sitzbrett, verschiedene Landkarten, eine Miniaturlaterne, eine kleine Dose mit wind- und wasserfesten Streichhölzern, einige Briefumschläge, -bögen und -marken und einen Bleistift, ein Taschenmesser, eine Geldscheinrolle aus neunundzwanzig Einpfundnoten, ein Eßpaket (eingewickelt in
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