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Die Auserwählte

Die Auserwählte

Titel: Die Auserwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Zimmer, wie sich herausstellte – und halb auf den zwei Matratzen, die als Boz’ Bett dienten und auf denen er gerade lag und ein Video anschaute; wir müssen bei der Landung knapp seine Füße verfehlt haben.
    Er stieß einen erschrockenen, gellenden Schrei aus und zog eilig die Bettdecke über sich, während Declan und ich einmal aufprallten und dann benommen in einem Regen aus Staub und weiteren Putzstücken liegenblieben. Ich erhaschte einen flüchtigen Blick auf etwas schwärzlich Purpurnes, das Boz in seiner Hand gehalten hatte, als wir durch die Decke gebrochen und auf sein Bett gefallen waren. Ich bewegte einen Arm, um Putz von Declans Kopf und meiner Hüfte zu entfernen, und dabei fiel mein Blick auf Boz’ Video, das auf einem weiteren bemerkenswert neu aussehenden Fernsehgerät auf der anderen Seite des Zimmers lief. Ich sah eine Frau, die – in etwas übertriebener Weise und aus einem eindeutig unnatürlichen Winkel – am erigierten Penis eines Mannes lutschte. Ich starrte auf das Bild. Zwei binnen weniger Sekunden. Das Leben konnte schon merkwürdig sein. Declan stöhnte und blickte auf, augenblicklich um dreißig Jahre gealtert durch den grauen Staub, der sein Gesicht und seine Haare bedeckte. Er sah erst mich, dann Boz an. Er hustete. »Herrje«, sagte er.
    Ich hörte es kaum. Ich starrte mit offenstehendem Mund und Augen, die fast aus ihren Höhlen traten, auf den Bildschirm des Fernsehers. Die Frau in dem erotischen Video lag nun auf dem Rücken neben einem sonnenbeschienenen Swimmingpool, während der Mann irgend etwas mit ihr machte, was ich nicht sehen konnte; ihr Gesicht verzerrte sich in einem Ausdruck, der wahrscheinlich Ekstase bedeuten sollte.
    Ich konnte es nicht glauben. Ich deutete mit einer bebenden Hand auf den Fernseher. Declan folgte meinem Blick zu der Frau, die auf dem Bildschirm Grimassen schnitt.
    »Das ist meine Cousine Morag«, rief ich aus, »die international gefeierte und bekannte Baryton-Solistin!«
    Declan schaute einen Moment lang auf den Bildschirm, sah wieder zu mir, warf einen Blick zu Boz – der noch immer wie vom Donner gerührt mit weit aufgerissenen Augen dalag –, dann schüttelte er den Kopf und setzte dabei eine Staubwolke frei. »Quatsch!« lachte er. »Das ist Fusillada DeBauch, die Pornokönigin, und das einzige, wofür die bekannt ist, ist das Spielen auf der rosa Pikkoloflöte, Kumpel.«

 
Kapitel
Zehn
     
     
    Am nächsten Morgen, im Wohnzimmer, studierte ich eingehend das Videoband, das Boz sich angesehen hatte.
    Boz hatte sich von seinem Schreck erholt und dann zu lachen angefangen, während sich der Putzstaub in seinem Zimmer langsam senkte. Declan entschuldigte sich – zuerst bei Boz, wie ich wohl bemerkte, aber anschließend auch bei mir. Er reparierte den Boden der Dachkammer so gut es ging mit zwei Postern, die er von unten gegen das Loch in der Decke klebte, und einer der Türen, die als Dachbodendielen dienten, auf der anderen Seite. Boz zog sich Boxershorts an; er und ich räumten den Schutt zusammen. Mein Kopf drehte sich noch immer, aber das Erlebnis hatte mich doch etwas ernüchtert.
    Von den anderen schien nur Roadkill etwas gehört oder geglaubt zu haben, daß das, was sie gehört hatte, Anlaß gab, einmal nachschauen zu gehen. Während Declan laut hämmernd die Nägel meiner Hängematte wieder in die Deckenbalken schlug, erklärte ich ihr, daß Zebs handwerkliche Versuche sich als nicht tragfähig erwiesen hatten. Abermals überkam mich ein Schwindelgefühl, und so kletterte ich, nachdem ich Decs Entschuldigungen Einhalt geboten hatte, mit meiner Hängematte und meinem Schlafsack wieder zurück auf den Dachboden. Ich schüttelte die Hängematte aus, machte sie von neuem an den Nägeln fest, dann ließ ich mich hineinplumpsen und war keine fünf Minuten später eingeschlafen.
    Am nächsten Morgen – geplagt von einem Kopf, der sich anfühlte, als wäre er mit Watte ausgestopft, und einem Husten, der mich befürchten ließ, ich hätte mir eine Erkältung eingefangen – bat ich Boz höflich um das Videoband. (Wir überspringen meinen Versuch, durch Handauflegen Declans schmerzendes Knie zu heilen, mit dem er aufwachte und das vermutlich das verspätete Ergebnis unseres Sturzes war, aber welchen besseren Beweis kann es geben, daß all diese Störgeräusche die Erretteten ihrer Heiligkeit berauben?) Boz schien, wie ich mit Erleichterung feststellte, nichts Peinliches an meiner Bitte zu finden und ging nach oben, um die Videokassette zu

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