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Die Auserwählten

Die Auserwählten

Titel: Die Auserwählten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Kazinski
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Wo?«
    Sie drehte den Zettel um und notierte etwas. »So, jetzt ist das System vollendet.«
    Niels las:
    35. Venedig ODER Kopenhagen – Freitag, 18. Dezember 2009
    36. Venedig ODER Kopenhagen – Freitag, 25. Dezember 2009
    Er fixierte das Blatt. Vielleicht war er sich die ganze Zeit darüber im Klaren gewesen. Vielleicht hatte er es gewusst, seit er die Information erhalten hatte. Trotzdem fühlte es sich so an, als strömte das Blut aus seinem Kopf und als bliebe sein Herz stehen.
    »Wir kennen Ort und Zeit der letzten beiden Morde, nicht aber die Reihenfolge.«
    »Dann sagst du also, dass …«
    »Dass heute bei Sonnenuntergang ein Mord begangen werden wird, entweder in Venedig oder in Kopenhagen.«
    »Glaubst du das wirklich?«
    »Glauben? Es geht hier nicht um glauben, Niels. Wie hätte ich sonst den Ort in Südafrika errechnen können? Die statistische Wahrscheinlichkeit dafür, dass das ein Zufall ist, beläuft sich auf …«
    Niels hörte ihr nicht mehr zu. Er spürte, wie sein Körper schwer wurde und ihn mit all seinem Gewicht nach unten zog – als hätte die Schwerkraft ohne jede Vorwarnung ihre Intensität verdoppelt. Er musterte Hannah. Ihre schmalen Lippen bewegten sich. Argumentierten. Dozierten. Er zwang sich dazu, ihr weiter zuzuhören: »Ich sage dir doch, das ist ein System, Niels. Ein System von … na, sagen wir göttlichen Dimensionen, das uns verrät, dass heute bei Sonnenuntergang der nächste Mord begangen wird. Entweder hier bei uns oder in Venedig.«
    »Aber wo in Kopenhagen?«
    Hannah riss einen Fetzen von der inzwischen ziemlich ramponierten Tischdecke und kritzelte Zahlen darauf. Das junge Pärchen brach langsam auf, und das Mädchen nickte Hannah anerkennend zu, bevor sie das Café verließ. Hannah bemerkte das nicht, sie gab Niels die Koordinaten.
    »Was ist das?«
    »Die Längen-und Breitengrade hier in Kopenhagen, entweder heute oder nächsten Freitag.«
    »Und du bist dir sicher, Hannah?«
    »Du sollst mich so etwas nicht fragen, Niels. Ich sage dir nur, wie das System zusammenhängt. Die Mathematik lügt nie. Kopenhagen heute Abend bei Sonnenuntergang oder irgendwo in Venedig.«
    Niels zeigte auf ihre Zahlen.
    »Aber wo ist das?«
    »Ich verstehe nicht, wie du das meinst. Längen-und Breitengrade stehen doch da.«
    »Aber, Hannah! Wo ist das?«

56.
    56.
    Nørrebro, Kopenhagen Niels trat aus dem Café, merkte aber kaum, dass es heller wurde. In wenigen Tagen war der kürzeste und dunkelste Tag des Jahres, und dagegen konnten auch die Straßenlaternen mit ihrem schwachen gelben Licht nichts ausrichten.
    »Die Sonne geht früh unter«, sagte Hannah. »Wir haben höchstens noch ein paar Stunden.« Sie stand hinter ihm und steckte das Wechselgeld in ihr Portemonnaie. Den Pappkarton mit den Unterlagen hatte sie vor sich auf den Bürgersteig gestellt. Niels drehte sich um und sah sie an.
    »Wann geht die Sonne unter?«
    »Gegen vier. Warum?«
    »Warum?« Niels sah sie verwundert an. War das alles nur eine Theorie für sie? Ein Gesellschaftsspiel?
    »Hannah. Du hast doch gesagt, die Morde würden gegen Sonnenuntergang verübt. Nicht wahr?«
    »Ja, genau bei Sonnenuntergang.«
    »Das heißt, wir haben noch fünf, sechs Stunden, um den potenziellen Tatort zu finden. Und die Person, die ermordet werden soll.«
    Hannah sah Niels überrascht an.
    »Bist du mit dem Auto hier?«, fragte er.
    »Ja.«
    »Wo steht es?«
    »Der kleine Audi da drüben.«
    »Hat der ein GPS?«
    »Ja, das ist eingebaut. Ich habe das aber nie benutzt. Ich weiß nicht einmal, ob es funktioniert.«
    Niels war als Erster am Auto. Hannah stieg ein und setzte sich mit dem Pappkarton auf dem Schoß auf den Beifahrersitz. Niels’ pragmatisches Vorgehen überraschte sie total. Niels sah ihr das an. Sie hatte ihre Arbeit erledigt, hatte ihre Vorlesung gehalten. Für sie war die Welt in erster Linie ein theoretischer Ort. Dann kam Niels ein anderer Gedanke: Hatte sie drinnen im Café mit ihm geflirtet? Sah das bei einem Genie wie Hannah wirklich so aus: Zeichnete sie dann Atome auf Tischdecken und fabulierte darüber, wie die Welt vor einer Milliarde Jahren aussah? Plötzlich verstand er, warum ihr Leben so schwer war.
    »Hör mal, Hannah: Du selbst hast doch gesagt, dass wir den nächsten Mord möglicherweise verhindern können. Als du mich angerufen hast.«
    »Ja.« Sie nickte entschlossen.
    »Ich bin bereit.«
    Niels nahm ihr den Pappkarton ab und stellte ihn auf die Rückbank. »Jetzt zum GPS. Kann das über Längen-und

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