Die Ausgelieferten
ihrer demokratischen Gesinnung in deutschen Gefängnissen gesessen. Nach der Prügelei sei Auler zunächst von deutschen Ärzten untersucht worden; erst danach habe man ihn verhaftet. Nach einigen Tagen habe man ihn geröntgt und einen leichten Sprung in der Schädeldecke entdeckt. Daraufhin habe man ihn in die Krankenstation gebracht.
Über die Identifizierung der Angreifer. Während des Überfalls wurden Rufe wie »Schlagt ihn tot!« und »Macht ihn zum Krüppel!« gehört. Einer der Angreifer, ein Mann namens Leist, konnte von den Überfallenen identifiziert werden; er wurde aber nicht verhaftet.
Unmittelbarer Anlass für den Überfall war offenbar ein Ereignis, das sich am Vormittag des 15. Oktober abgespielt hatte. Bei einer internen Zusammenkunft im deutschen Lager hatte man einen Vertrauensmann für einen wichtigen Posten gewählt, und zwar einen der aktiveren Nazis unter den Internierten, einen Leutnant Simon. Die Zusammenkunft hatte auf dem offenen Platz vor den Baracken stattgefunden, und nach der Wahl hatte ein Mitglied der demokratischen Gruppe gegen die Wahl eines ehemaligen Nazis und SS-Sturmführers protestiert, was sofort einen Tumult ausgelöst hatte. Hauptmann Kohn hatte diesen Protest als indirekten Angriff gegen sich selbst aufgefasst und gefragt, ob er überhaupt das Vertrauen der Soldaten genieße. Ein Mann namens Kauertz hatte »Nein!« gerufen (was man natürlich als »ungebührliches Betragen« werten muss). Einige der Offiziere hatten den Namen des Zwischenrufers wissen wollen, und Kohn hatte auf den Mann gezeigt, den man sehr schnell als Angehörigen der »demokratischen Gruppe« identifizierte. In dem dann folgenden Tumult waren Rufe laut geworden wie »Schlagt ihm die Beine ab!«, »Raus mit dem Kerl!« und »Vermöbelt ihn!« Danach war es wieder ruhiger geworden. Am selben Abend fand der Überfall statt.
Reaktionen unter den Festgenommenen. Rudolf Hein, einer der »Demokraten«, Briefzitat.
»Die Schläger gehen straffrei aus, werden nicht einmal angeklagt, und die Misshandelten sowie ihre Kameraden bekommen Arrest. Am Morgen nach dem Überfall wurden nämlich insgesamt elf Mann, darunter auch die beiden Verletzten Auler und Schöppner, vor versammelter Mannschaft in ziemlich scharfer Form als die wahren Schuldigen angeprangert und unmittelbar darauf mit bereitstehenden Lastwagen von Ränneslätt in die schwedische ›Pionierkaserne‹ gebracht und dort eingesperrt. Ja, lieber Karl, wir wurden eingesperrt; kein Mensch hatte vorher mit uns gesprochen, wir waren weder vom schwedischen noch vom deutschen Lagerkommandanten verhört worden, und wir bekamen keine Gelegenheit, uns zu verteidigen. Sogar Schöppner und Auler wurden trotz ihres Zustands in eine Zelle gesperrt; das nannten sie ›Schutzhaft‹. Am Tage unserer Einlieferung wurden unsere Spinde durchsucht, Hosenträger und Gürtel wurden uns weggenommen, sogar die Schnürsenkel mussten wir hergeben; unsere persönliche Habe wurde uns ebenfalls weggenommen, und rauchen durften wir auch nicht. Ich bekam später eine Einzelzelle, meine Kameraden lagen zu dritt oder zu viert in den Nebenzellen. Auler und Schöppner wurden dem schwedischen Arzt vorgeführt, der Auler sofort in die Krankenstation bringen ließ, weil sein Schädelknochen gesprungen war. Schöppner blieb trotz seiner recht schweren Wunden in der Arrestzelle. Er war ziemlich mitgenommen, kein Wunder, denn man hatte die beiden Kameraden mit einer eisernen Zeltstange zusammengeschlagen. Auler war bewusstlos, als er in die Krankenstation des Nazilagers gebracht wurde. Jetzt sitzen wir also hinter Schloss und Riegel. Den Befehl, uns einzusperren, hat Hauptmann Rosenberg, der schwedische Lagerchef, gegeben. Wir dürfen nicht einmal auf dem Hof spazierengehen, nicht einmal in Begleitung eines schwedischen Soldaten, nicht einmal fünf Minuten dürfen wir uns an der frischen Luft aufhalten. Das nennen sie also ›Schutzhaft‹. Warum der schwedische Lagerchef uns gegenüber so hart sein musste, vermag ich nicht einzusehen.«
Verteidigung der Angeklagten gegen den Vorwurf, sie hätten politische Propaganda betrieben. »Wenn beispielsweise jemand sagt, alle überlebenden Juden müssten liquidiert werden, muss man doch einfach protestieren.« Über die Kontakte zu den schwedischen Wachposten. Die Angeklagten glaubten, Beweise dafür zu haben, dass ihre Briefe von der deutschen Lagerleitung gelesen wurden, bevor sie zur schwedischen Zensur weitergingen. Deshalb haben sie in zwei
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