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Die Ausgesetzten

Die Ausgesetzten

Titel: Die Ausgesetzten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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zum Beispiel, der zurückkommt, um dafür
     zu sorgen, dass wir tun, was er will. Aber was war schlimmer: die Möglichkeit anzusprechen, dass überall gefährliche Unbekannte
     lauern könnten, oder die Leere, die Trostlosigkeit und den Verfall zu akzeptieren? Es fühlt sich an, als wäre hier etwas Schlimmes
     passiert, dachte Jonas. Und vielleicht   … vielleicht ist es noch nicht vorbei?
    Das würde er nicht aussprechen.
    Stattdessen murmelte er mürrisch: »Woher willst du wissen, dass wir auf einer Insel sind?«
    »Weil sich die Kolonie von Roanoke auf einer Insel befand«, erwiderte Andrea. »Auf Roanoke.«
    Jonas hob die Hände.
    »Bin ich eigentlich der Einzige, der in der Schule nicht aufgepasst hat?«, fragte er.
    Zu seiner Überraschung lachte Andrea. Doch es war ein freundliches Lachen. Ganz anders als das von Katherine.
    »Ich kann mich nicht erinnern, in der Schule je etwas über die Kolonie von Roanoke gehört zu haben. Ichglaube nicht, dass meine Lehrer sie erwähnt haben«, sagte Andrea. »Aber erinnerst du dich an den Tag in der Höhle? Als sie
     uns die Namen der verschollenen Kinder der Geschichte aufgezählt haben? Ohne uns zu sagen, wer von uns wer ist?«
    Jonas nickte achselzuckend.
    »Ja, und?«
    »Als ich an dem Tag nach Hause kam, beschloss ich, jeden einzelnen Mädchennamen zu recherchieren, an den ich mich erinnern
     konnte«, erzählte Andrea weiter. »Ich lebe jetzt bei meinem Onkel und meiner Tante und, na ja   … jedenfalls ist es gut, wenn ich mich auf mein Zimmer verziehen und die Tür hinter mir zumachen kann und dann etwas zu tun
     habe.«
    »Aber   –«, setzte Katherine an. An der Art, wie sie die Augen zusammenkniff und die Nase krauszog, erkannte Jonas, dass sie im Begriff
     stand, irgendetwas unglaublich Neugieriges zu fragen, etwa: Du magst deinen Onkel und deine Tante wohl nicht? Warum nicht?
     Was ist mit ihnen?
    »Wow«, unterbrach er sie schnell. »Ich bin an dem Tag einfach nur nach Hause gefahren, habe eine riesige Peperonipizza mehr
     oder weniger allein verdrückt und bin direkt ins Bett gegangen.«
    Wieder lachte Andrea. Es klang schön.
    »Dagegen ist nichts zu sagen. Schließlich hast du auch einen kleinen Umweg übers Mittelalter gemacht«, sagte sie.
    »Stimmt, als ich aus dem fünfzehnten Jahrhundert zurückkam, war ich halb   …« Jonas sprach das letzteWort nicht aus, das eigentlich
verhungert
lauten sollte. Es erschien ihm nicht sehr klug, es jetzt zu erwähnen. Er wechselte das Thema. »Und du hast dich wirklich über
     sämtliche verschollenen Kinder der Geschichte schlaugemacht? Jedenfalls über die Mädchen?«
    Andrea schüttelte den Kopf. Ihr Blick war ernst.
    »Nein, und das ist ziemlich merkwürdig«, sagte sie. »Ich habe mit Virginia Dare angefangen und wollte mir dann jemand anderen
     vornehmen, aber stattdessen habe ich   … immerzu über Virginia weitergelesen.«
    »Oho   …« Katherine gab einen leisen, unheimlich klingenden Laut von sich. Sie hörte auf, die Augen zusammenzukneifen, und ihr ganzes
     Gesicht begann vor Aufregung zu leuchten. »Dann musst du gewusst haben, wer du früher warst. Hattest du einfach ein komisches
     Gefühl bei Virginia Dare? Etwas, das dir bewusst oder unbewusst gesagt hat: ›Das bist du. So muss es sein!‹«
    Jonas sah seine Schwester wütend an. Hatte sie Andreas Reaktion im Zeittunnel vergessen, als HK ihr gesagt hatte, dass sie
     in Wirklichkeit Virginia Dare war? Das bin ich nicht! Das ist nicht meine Mutter!, hatte sie geschrien. Wollte Katherine,
     dass sie sich wieder aufregte?
    Doch diesmal schrie Andrea nicht. Sie legte nur den Kopf schief und dachte über Katherines Fragen nach.
    Vielleicht kannte sich Jonas mit Mädchen und ihren Stimmungen einfach zu wenig aus.
    »Ich glaube nicht, dass ich irgendetwas gewusst habe«, sagte Andrea kurz darauf. »Nicht mal unterbewusst. Ich fand einfach
     die Geschichte interessant. Wahrscheinlichlag es am Großvater, der zurückgekommen ist; daran, wie sehr er versucht hat, wieder zu seiner Familie zu kommen, und wie
     oft er damit gescheitert ist. Und als er es schließlich bis nach Roanoke geschafft hat   …«
    »War niemand mehr da«, wisperte Katherine.
    Da er seit fast zwölf Jahren mit ihr zusammenlebte, hätte Jonas gegen Katherines Theatralik eigentlich gefeit sein müssen.
     Trotzdem konnte er nicht verhindern, dass ihn der unheimliche Ton in ihrer Stimme schaudern machte. In weiter Ferne schien
     Dares Gebell jetzt einen klagenden, verzweifelten

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