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Die Ausgesetzten

Die Ausgesetzten

Titel: Die Ausgesetzten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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tun oder zu sagen. Ausnahmsweise war er froh darüber,
     dass Katherine so gut wie nie um Worte verlegen war.
    »Andrea, ich glaube, du verstehst nicht ganz«, sagte sie fast schnippisch. »Wie kannst du das wissen? Wer soll der Mann schon
     sein?«
    »Er ist mein Großvater«, sagte Andrea. »John White.«
    Katherine stockte der Atem.
    Jonas hatte alle Mühe, mitzukommen. Andreas Großvater   … hatten sie womöglich die Gelegenheit verpasst, Andreas Eltern das Leben zu retten, und waren stattdessen zurückgedüst, um
     ihren Großvater der Gefahr zu entreißen? Nein, ihr echter Großvater – ihr Adoptivgroßvater aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert
     – konnte nicht aus Virginia Dares Lebzeiten stammen. Das hier musste Virginia Dares Großvater sein, jener Mann, über den Andrea
     so viel gelesen und der ihr Interesse an der Geschichte erst geweckt hatte.
    Wahrscheinlich lag es am Großvater, der zurückgekommen ist, hatte Andrea gesagt. Daran, wie sehr erversucht hat, wieder zu seiner Familie zu kommen, und wie oft er damit gescheitert ist. Und als er es schließlich bis nach
     Roanoke geschafft hat   …
    Jetzt blieb auch ihm die Luft weg, wie kurz zuvor Katherine.
    »Woher weißt du, dass er es ist?«, fragte er.
    »Er redet ständig von Eleanor, so hieß seine Tochter, meine   … meine Mutter. Meine leibliche Mutter, meine ich«, sagte Andrea abwehrend.
    »Ich wette, damals hießen eine Menge Frauen Eleanor«, sagte Katherine.
    »Die anderen Namen, die er genannt hat, gehören ebenfalls Leuten von Roanoke: Fernandez, Lane, George Howe   … Und was er über den Kampf mit Manteos Leuten gesagt hat   … Das war dieser dumme Überraschungsangriff, den die Kolonisten von Roanoke auf ein Indianerdorf verübt haben. Mittendrin
     haben sie dann gemerkt, dass sie gegen ihre Freunde kämpfen«, erklärte Andrea.
    »John White war sicher nicht der einzige Kolonist bei diesem Kampf«, stellte Jonas klar, stolz, dass ihm etwas Plausibles
     eingefallen war.
    »Aber John White war der Einzige aus der Kolonie, der von Roanoke nach England zurückgesegelt ist, um mit Sir Walter Raleigh
     zu reden und neue Vorräte zu holen«, sagte Andrea. »Er wollte nicht fort. Die anderen Kolonisten mussten ihn anflehen. Sie
     haben ihm klargemacht, dass er ihre einzige Hoffnung ist.«
    »Und er hat von einem Baby geredet«, sagte Katherine nachdenklich. »Das war dann wohl   …«
    »Virginia Dare«, sagte Andrea. Ihre Stimme wurde zu einem Flüstern. »Ich.«
    Zärtlich strich sie dem Mann wieder über die Schulter und es hatte fast den Eindruck, als erhebe sie Anspruch auf ihn, als
     willige sie ein, seine Enkelin zu sein. Blinzelnd versuchte Jonas in der fast undurchdringlichen Finsternis besser zu sehen.
     Er wusste, dass gerade etwas sehr Bedeutungsvolles geschehen war.
Wollte
Andrea jetzt etwa Virginia Dare sein? Hatte der mysteriöse Unbekannte sie auch in dieser Hinsicht manipuliert?
    Als wir ins Jahr 1483 gereist sind, wollten Chip und Alex auch Edward IV. und Prinz Richard sein, fiel ihm ein. Aber das war,
     nachdem wir ihre Marker gefunden hatten.
    Andrea mochte ihren Großvater gefunden haben, aber sie hatten nach wie vor nicht die leiseste Ahnung, wo ihr Marker steckte.
     Jonas sah zu den Markerjungen hinüber, die wieder ausgestreckt auf dem Boden lagen und tief und fest zu schlafen schienen.
     Die beiden bewiesen nur einmal mehr, dass die Zeit und die Geschichte völlig aus den Fugen geraten waren.
    »Hast du nicht gesagt, der Großvater hätte niemanden mehr gefunden, als er nach Roanoke zurückkam«, sagte Jonas vorwurfsvoll.
     »Nur das Wort
Croatoan
, das jemand in ein Stück Holz geritzt hatte. Aber keine zwei Indianerjungen.« Er deutete auf die Marker. »Äh, jedenfalls
     zwei Jungen, die wie Indianer angezogen sind.«
    »Irgendwas muss sich verändert haben«, sagte Andrea. »Auch ohne dass wir uns eingemischt haben. Vielleicht stimmen die historischen
     Berichte nicht?«
    Sie sah zu dem Mann hinab – John White?   –, der wieder friedlich eingeschlafen war. Er lächelte sogar ein wenig und es hatte den Anschein, als reagiere er auf Andreas
     Stimme. Als würde er sie kennen. Aber wie konnte das sein? Gewiss, er hatte sie als Baby gesehen, aber danach nie wieder –
     in keiner Version der Geschichte   –, bis Jonas und sie den Mann aus den Wellen gefischt hatten.
    Jonas schüttelte den Kopf. Die Geschichte war wirklich kompliziert genug, ohne dass es sie in verschiedenen Versionen gab.
    »Was hat

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