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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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seine eigene Angst ihm den Blick für das verstellen würde, was er in seiner Ausbildung gelernt habe. Während ich Tomas’ Wunde nähe, verstehe ich Dr. Flints Worte. Meine Finger sind voller Blut, als ich nach dem letzten Stich den Faden verknote und ihn dann abtrenne.
    Mir ist übel, und ich zittere am ganzen Leib, doch ich muss noch Desinfektionssalbe auftragen und die Verletzung sauber verbinden. Tomas ist in noch schlimmerem Zustand, als ich es bin. An eine Weiterreise ist jetzt überhaupt nicht zu denken. Ich wasche mir die Hände und sage Tomas, er solle ein bisschen schlafen, während ich mich ums Essen kümmere. Seine Augen sind schon zugefallen, noch ehe ich die Pfanne herausgeholt habe.
    Ich beschließe, das Kochen auf später zu verschieben. Nach dem ganzen Blut ist die Aussicht darauf, mit Nahrungsmitteln zu hantieren und sie hinterher auch noch verspeisen zu müssen, nicht besonders verlockend. Mit der Pistole in der Hand durchkämme ich die nähere Umgebung nach irgendetwas, was wir zu den gekochten Eiern essen könnten, und entdecke ein wenig Lauch und sogar ein paar wilde Himbeeren.
    Mehr als zwei Stunden lang lasse ich Tomas ruhen – so lange, wie ich es gerade noch wage. Als er die Augen aufschlägt, sehe ich, dass sie glänzend und klar sind, und es liegt sogar eine Spur Verärgerung darin, dass ich ihn den Tag habe verschlafen lassen. Als wir jedoch mit dem Essen fertig sind, wird offensichtlich, dass es keine gute Idee wäre, mit dem Fahrrad zu fahren, egal wie gerne Tomas das auch tun würde. Der hohe Blutverlust hat ihn geschwächt, und seine Wunde ist viel zu berührungsempfindlich. Also laufen wir einige Stunden weiter und schieben unsere Räder, und immer wieder legen wir kleinere Pausen ein, in denen sich Tomas ausruhen kann. Irgendwann kommen wir an einem Fluss vorbei, doch sein Wasser ist zu stark vergiftet, als dass man es noch trinkbar machen könnte. Jedenfalls nicht mit den Chemikalien aus meiner Tasche.
    Wir kommen zwar nicht sehr schnell, aber stetig voran. Gegen Abend entdecken wir in der Ferne Häuser. Eine verlassene Stadt. Und die Straße, auf der wir unterwegs sind, führt mitten durch sie hindurch.

Kapitel 15
    Beim Anblick der Gebäude wird mir ganz flau im Magen. In den Straßen zwischen den Häusern kann alles auf uns warten – wilde Tiere, andere Kandidaten und noch Schlimmeres. Von hier aus hat es den Anschein, als erstrecke sich die Stadt noch meilenweit. Aber auch wenn nicht hinter jeder Ecke Gefahr lauern könnte, würde ich keinerlei Verlangen verspüren, mich dort hineinzuwagen. Tomas und ich haben den ganzen Tag über nach Pflanzen gesucht und das Wasser, das wir unterwegs aus Teichen und Bächen geschöpft haben, mit Chemikalien behandelt. Ich bezweifle, dass wir dazu noch die Gelegenheit haben werden, wenn wir uns erst mal in einer Welt befinden, die nur noch aus eingestürzten Steinmauern und verrotteten Stahlträgern besteht.
    Die Stadt ragt in einiger Entfernung drohend vor uns auf, als wir uns zum Abendessen hinsetzen und ich zu Tomas sage: »Bestimmt ist die Stadt der perfekte Ort für das Prüfungskomitee, um möglicherweise zusätzliche Tests für uns einzubauen. Vermutlich werden die meisten Kandidaten nicht auf die Idee kommen, sich einen Weg um die Stadt herum zu suchen, sondern werden einfach mitten hindurchmarschieren, weil es die viel kürzere Route zu sein scheint.« Ich denke an meinen Vater und seine Albträume aufgrund der Auslese. Seine Freunde sind in einer Stadt ums Leben gekommen – einer Stadt, die wie jene aussah, die nun vor uns liegt.
    Tomas sieht mir in die Augen und nickt. Er versteht, was ich denke und auf keinen Fall aussprechen kann, solange wir belauscht werden. »Oder die Prüfer haben die Straßen vermint, die rings um die Stadt herumführen, um dafür zu sorgen, dass die Kandidaten auf jeden Fall den direkten Weg nehmen. Vielleicht wollen sie ja testen, wie die Prüflinge reagieren, wenn sie auf andere Leute stoßen. Sieh mal.« Er deutet nach Süden, und ich spähe mit zusammengekniffenen Augen in die untergehende Sonne. »Der südliche Grenzzaun läuft direkt am Stadtrand entlang. Die Nordlinie kann ich zwar nicht sehen, aber ich wette, sie ist näher, als wir glauben.«
    Wir schlafen ein mit den Waffen fest in unseren Händen. Im Morgengrauen stehen wir auf und bereiten uns darauf vor weiterzumarschieren. Nach einer Durchsicht unserer Vorräte beschließen wir, nach Wasser Ausschau zu halten, während wir uns immer weiter

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