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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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der Stadt nähern. Als wir noch vielleicht hundert Meter von den ersten Häusern entfernt sind, entdecken wir einen kleinen trüben Teich, auf dem eine schwarze, ölige Flüssigkeit schwimmt. Gleich drei verschiedene Reinigungssubstanzen brauchen wir, um das Wasser zu behandeln, und trotzdem habe ich Bedenken, was die Trinkbarkeit angeht. Ich verstaue die frisch aufgefüllten Flaschen zwar in meiner Tasche, hoffe jedoch inständig, dass wir noch eine andere Quelle ausfindig machen, ehe wir gezwungen sein werden, an diesen Vorrat zu gehen. Falls nicht, nun, dann müssen wir eben auf unser Glück hoffen. Natürlich will ich unseren Körpern keinen Schaden zufügen, aber die Aussicht zu verdursten gefällt mir noch viel weniger.
    Tomas will unbedingt wieder aufs Fahrrad steigen, aber ich sehe, wie er mit zusammengebissenen Zähnen und schmerzverzerrtem Gesicht stöhnt, als er sich auf den Sattel setzt. Angesichts seines offenkundigen Leidens denke ich nochmals über die Alternative nach, die Stadt zu umfahren. Wenn sich Tomas’ Verletzung nicht bessert, dann werden wir ein geeigneteres Transportmittel benötigen. Eine Stadt mit all ihren verlassenen Geschäften und Gebäuden könnte der beste Platz sein, ein anderes Fahrzeug aufzutreiben.
    Die Straße, auf der wir unterwegs sind, gabelt sich. Die Abzweigung nach rechts führt am Rand der Stadt entlang und ist in schlechtem Zustand. Ich bezweifle, dass unsere Fahrräder länger als ein paar Minuten durchhielten, wenn wir versuchen würden, über den löchrigen Asphalt zu radeln. Die andere Strecke Richtung Stadtzentrum ist völlig eben. Der deutliche Fingerzeig der Prüfer liegt mir schwer im Magen, aber uns bleibt keine große Wahl. Wir werden der gut ausgebauten Straße folgen und zusehen müssen, dass wir so schnell wie möglich ans entgegengesetzte Ende der Stadt gelangen.
    Die Straße wird schmaler, und wir erreichen die ersten, noch vereinzelt stehenden Gebäude. Die meisten von ihnen sind nur ein oder zwei Stockwerke hoch. Keines davon ist repariert worden. Wenn man die zahllosen Löcher in den Dächern und Mauern sieht, wundert man sich, dass nicht alles längst völlig in sich zusammengefallen ist. Wir halten uns bewusst in der Mitte der Straße für den Fall, die Prüfer haben die baufälligen Häuser so präpariert, dass sie genau in dem Moment einstürzen, in dem wir an ihnen vorbeikommen. Was für eine abenteueliche Auslese aber auch!
    Die Gebäude werden jetzt höher und stehen näher beieinander, und nun sehen wir auch die ersten Ruinen. Jedes Mal blockieren die Trümmer ausgerechnet eine Straße, die von jener abzweigt, auf der wir gerade fahren. Zuerst denke ich noch, dass ich mir das nur einbilde, doch als wir das fünfte Mal an einer Schuttruine unmittelbar an einer Straßengabelung vorbeikommen, weiß ich, dass meine Beobachtung stimmt. Die Prüfer zwingen uns unmittelbar in die Stadt hinein, geradewegs auf das zu, was sie sich für uns ausgedacht haben.
    Ich rufe Tomas und halte mitten auf der Straße an. Er bremst ebenfalls, stellt die Füße auf den Boden und fragt: »Was ist denn los?«
    Ich erzähle ihm, dass mir die eingestürzten Gebäude merkwürdig vorkommen und dass ich mir Sorgen darüber mache, was vor uns liegen könnte.
    »Willst du, dass wir umkehren und doch einen Bogen um die Stadt machen?«
    Tomas’ angestrengter Gesichtsausdruck verrät mir, dass er nicht sonderlich erpicht darauf ist. Und um ehrlich zu sein, weiß ich selbst nicht genau, ob ich das eigentlich will. Einen Umweg zu machen kann sich nämlich ebenfalls als höchst gefährlich erweisen. Außerdem haben wir den ganzen Morgen gebraucht, um bis hierher zu kommen. Würden wir jetzt umdrehen und zu unserem heutigen Ausgangspunkt zurückkehren, hätten wir einen ganzen Tag verschenkt.
    »Nein. Eigentlich will ich nicht zurück. Aber wir müssen uns vorsehen.«
    Er gibt mir einen schnellen Kuss, grinst und sagt: »Ich verspreche dir, keine Steine in irgendwelche Teiche zu werfen, ehe ich es nicht mit dir abgesprochen habe, in Ordnung?«
    Bei seinem Lächeln wird mir ganz warm ums Herz, und obwohl meine Sorgen nicht verschwinden, lächele ich unwillkürlich zurück. »Ich verlasse mich darauf.«
    Wir schlagen jetzt ein langsameres Tempo an und suchen die Gebäude und den Asphalt vor uns auf Anzeichen von Gefahr ab. Bisweilen ragen die Häuser am Straßenrand zehn oder zwölf Stockwerke hoch. Was ließe sich nicht alles darin verstecken! Kameras, Fallen, alles Mögliche.

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