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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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mutierter Menschen näher kommen.
    Ich sprinte zu meinem Fahrrad, reiße es vom Boden hoch und schwinge mich in den Sattel, als drei weitere Mutierte mit langen Klauen an der Böschung auftauchen. Meine Beine strampeln, um an Tempo zu gewinnen, und ich weiß genau, in welchem Augenblick die anderen ihren Kameraden finden, den ich getötet habe. Ein Schrei ertönt, der so voller Schmerz über den Verlust ist, dass ich blinzeln muss, um die Tränen zurückzuhalten. Dann geht der Schrei in ein Knurren über, und mir ist klar, dass die Neuankömmlinge mich entdeckt und die Verfolgung aufgenommen haben.
    Sie sind viel schneller als ich. Welche Chemikalien es auch gewesen sein mögen, die ihre Körper verkrüppelt und ihre Finger zu Krallen haben wachsen lassen, sie haben ihnen auch zu unglaublicher Schnelligkeit verholfen. Beim Rennen beugen sie ihren Oberkörper vor. Ihre langen Arme hängen fast bis auf den Boden. Ihre viel zu intelligenten Augen sind starr auf mich gerichtet. Der Anblick der drei Verfolger, die immer weiter aufholen, ist erschreckend. Schweiß strömt meinen Körper hinunter und brennt in der Wunde an meinem Arm, während ich wie besessen den Hang hinaufstrampele. All die Jahre, in denen ich mit meinen älteren und schnelleren Brüdern gespielt habe, machen sich jetzt bezahlt; denn sie haben mich gelehrt, dass ich von der Spitze eines Hanges aus die besten Möglichkeiten habe, mich zu verteidigen.
    Je näher meine Verfolger kommen, desto lauter wird ihr Knurren. Und da ist noch etwas. Etwas, das menschlicher klingt – Worte. Keine, die ich verstehe, aber die einzelnen Laute sind zu klar zu unterscheiden, und sie klingen zu bedeutungsvoll, als dass sie etwas anderes sein könnten. Die drei verständigen sich mithilfe von Sprache und kommunizieren, um ihren Angriff zu koordinieren. Auch ich überlege mir eine Strategie.
    Von der Hitze, dem Blutverlust und der Anstrengung, die es bedeutet, diesen Hang hinaufzugelangen, wird mir schwindlig. Die Welt verschwimmt vor meinen Augen, und mein Herz hämmert laut und heftig in meiner Brust. Ich weiß, dass ich sterben werde, wenn ich auch nur einen einzigen Moment lang das Tempo drossele. Das allein treibt mich dazu an, immer weiter in die Pedale zu treten. Das letzte Stückchen bergauf erhebe ich mich aus dem Sattel, beuge mich etwas nach vorn und setze meine gesamte Körperkraft ein, um höher, höher und noch höher zu gelangen. In derselben Sekunde, in der ich oben angekommen bin, springe ich ab, lasse das Fahrrad scheppernd zu Boden fallen, wirbele herum und ziele.
    Einen Moment lang zögert mein Finger am Abzug, während ich meine drei Verfolger den Hügel herauf auf mich zukommen sehe. Meine Kehle wird eng, als ich höre, wie sie sich gegenseitig ihre gutturalen Laute zurufen. Ich straffe meine Schultern und richte meine Pistole auf den linken der drei. Das Trio ist schon ganz nah, uns trennen kaum mehr als zwanzig Meter. Trotzdem schieße ich nicht, denn ich will sie nicht töten. Sie sind menschlich. Vielleicht sind sie nicht die gleiche Art Mensch wie ich, aber wir stammen von denselben Vorfahren ab. Alles, was ich von Kindheit an gelernt habe, verlangt danach, einen Weg zu finden, wie ich mit ihnen Kontakt aufnehmen und ihnen helfen kann.
    Stattdessen betätige ich den Abzug.
    Der eine Verfolger ganz rechts umklammert sein Bein und fällt mit einem Aufschrei zu Boden. Der mittlere dreht sich um und will sich um seinen gestürzten Kameraden kümmern. Da schieße ich noch einmal. Dieses Mal treffe ich einen Körper, und der zweite Angreifer sackt zusammen. Der letzte stößt einen ohrenbetäubenden Laut aus und galoppiert mit gefletschten Zähnen den Hang herauf. Ich sehe, dass ihm Tränen übers Gesicht laufen, dann durchschlägt meine Kugel seinen Schädel.
    Der letzte ist tot. Die beiden anderen sind so verletzt, dass sie liegen bleiben, aber ich weiß nicht, wie lange. Ein Teil von mir will den Toten begraben, so wie ich es mit der Prüfungskandidatin getan habe, die wir gefunden hatten, aber dafür bleibt mir jetzt keine Zeit. Ich muss weg von hier, ehe die anderen beiden sich aufrappeln können oder noch weitere Mitglieder ihrer Sippe ihnen zu Hilfe kommen. Stolpernd steige ich wieder auf mein Rad und fahre davon. Die Tränen, die mir beinahe die Sicht nehmen, bemerke ich kaum.
    Bergab zu fahren ist leichter, aber noch immer strömt Blut aus meiner Wunde. Ich schaue sie mir nicht genauer an, denn ich habe Angst vor dem, was ich da zu sehen

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