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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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beiden Jungen, dass ich ein Stückchen Käse und etwas Brot esse, ohne ein schlechtes Gewissen dabei zu haben.
    Irgendwann steige ich vom Fahrrad ab und laufe zu Fuß weiter, um den Boden besser nach Tierspuren absuchen zu können. Die anderen Kandidaten der Auslese und ich sind hier schließlich nur auf der Durchreise, aber die Tiere halten sich das ganze Jahr über in diesem kargen Landstrich auf. Um zu überleben, müssten sie eigentlich verborgene Wasserquellen aufgespürt haben. Ich entdecke etwas, das wie die Fährte eines Waschbären aussieht, und folge der Spur nach Westen. Nach ungefähr drei Meilen will ich schon aufgeben, als ich etwa zweihundert Meter nördlich eine kleine Senke entdecke. Das Gras rings um diese Mulde sieht einen Hauch gesünder aus als das braune, knisternde Gestrüpp, durch das ich mich die ganze Zeit gekämpft habe, und meine Hoffnung wächst, als ich wieder auf mein Rad steige und hinabfahre, um mich ein wenig genauer umzusehen. Ich bin sehr froh über meinen Entschluss. Die Vertiefung, die mir aufgefallen ist, entpuppt sich als Ufer eines seichten Bachs. Nach einigen Tests und der Zugabe der richtigen Chemikalien kann ich meine Wasserflaschen auffüllen. Ich bin müde, aber in Hochstimmung, als ich zu meinem Rad zurückstapfe, einen Blick auf den Kompass werfe und mich auf den Rückweg mache.
    Ich bin so zufrieden mit meiner Ausbeute, dass ich gar nicht mitbekomme, wie sich hinter mir etwas bewegt, und als ich es schließlich doch bemerke, bleibt mir gerade noch genug Zeit, meine Pistole aus dem Seitenfach meiner Tasche zu ziehen, ehe mein Fahrrad auch schon von der Seite gerammt wird, sodass ich zu Boden stürze.
    Ich krieche unter meinem Rad hervor und sehe ein Tier, das gerade erneut zum Sprung ansetzt, und rolle mich nach rechts. Was auch immer das für ein Vieh ist, es stößt ein lautes Fauchen aus, als es nach dem Satz auf dem Boden gelandet ist. Nur einen Wimpernschlag später ist es wieder aufgesprungen und setzt zu einem abermaligen Angriff an. Dieses Mal reagiere ich nicht schnell genug. Ich schreie auf, als sich die Klauen der Kreatur tief in meinen linken Arm graben. Ich weiß nicht, was für ein Tier mich da angreift, aber mir ist klar, dass ich es diesmal nicht so einfach abhängen kann. Selbst wenn ich es schaffen würde, wieder auf mein Rad zu steigen, wäre es mehr als zweifelhaft, dass ich etwas so Schnellem davonfahren könnte. Das Tier faucht, als ich mich aus seinem Griff befreie, aufrappele und losrenne, um etwas Distanz zwischen uns zu bringen. Dann drehe ich mich wieder um und strecke meinen Arm mit der Pistole in der Hand aus, als das Biest erneut einen Sprung auf mich zu macht. Während ich ziele, kann ich es mir auch endlich genauer ansehen. Es hat lange Hinterläufe, die mit bräunlichem Zottelfell bedeckt sind. Die armähnlichen Vorderbeine, die sich nach mir ausstrecken, enden in Klauen mit mehr als fünf Zentimeter langen Krallen, die, wie ich bereits schmerzlich erfahren habe, rasiermesserscharf sind. Sein Rücken ist bucklig. Die Lippen sind hochgezogen und geben den Blick frei auf schwärzliche Zahnstummel. Oberkörper und Rücken des Viehs sind ebenfalls braun behaart. Und die Augen …
    Mein Finger betätigt den Abzug, und durch den Rückschlag der Waffe verliere ich fast den sicheren Stand. Die Augen meines Angreifers weiten sich. Zorn und zugleich Furcht sind in ihnen zu lesen, während rotes Blut aus der kreisrunden Wunde in der Brust quillt. Mein Gegenüber stürzt zu Boden und stößt mit seinem letzten Atemzug einen Schrei aus, der wie ein Hilferuf klingt.
    Vielleicht war es auch genau das. Denn jetzt, da ich in die dunkelblauen Augen meines Angreifers blicke, sehe ich, dass es gar kein Tier ist. Die Augen sind viel zu intelligent. Sie ähneln viel zu sehr denen, die mir aus einem Spiegel entgegenblicken. Der Körper mag verkrüppelt und deformiert sein, aber es gibt gar keinen Zweifel.
    Ich habe gerade ein menschliches Wesen getötet.
    Doch mir bleibt keine Zeit, mich den Gefühlen zu stellen, die mich zu überrollen drohen, denn ich höre irgendwo rechts von mir Rufe, die wie eine Antwort klingen. Sie kommen von der Wasserstelle, was auch naheliegt. Wenn ich mir in diesem Ödland eine Stelle als Zuhause aussuchen müsste, dann würde sich dieser Ort genau hier befinden. Mein Arm brennt wie Feuer. Das Blut läuft an ihm herunter, aber mir bleibt keine Zeit, mich um meine Verletzung zu kümmern. Nicht jetzt, da die kehligen Laute anderer

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