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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)
Autoren: Joelle Charbonneau
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Sie hat diesen Auftritt geplant. Sie will allen zeigen, dass man sie zwar zwingen kann, ihre Rolle zu spielen, dass das Commonwealth jedoch keine Macht über sie hat. Ich bewundere ihre Courage, aber als ich den verärgerten Blick von Michal auf ihr ruhen sehe, schwant mir nichts Gutes für sie.
    Mein Vater legt mir den Arm um die Schultern, während Michal Zandri ihr Identifikationsband anlegt und ihre Tasche im Gleiter verstaut. Seine freundliche, warme Ausstrahlung ist verflogen, als er uns alle anweist, ins Fahrzeug zu steigen. Es wird Zeit aufzubrechen.
    Als mein Vater mich ein letztes Mal fest an sich zieht, lässt sich der Ansturm meiner Gefühle nicht mehr länger unter Kontrolle halten. Tränen schnüren mir die Kehle zu, als ich Dad sagen will, wie sehr ich ihn liebe. Ich verdränge den Schmerz darüber, dass Zeen sich nicht von mir verabschiedet hat, und bitte meinen Vater, ihm meine Nachricht zu geben und der ganzen Familie all meine Liebe zu überbringen. Auch mein Vater sagt mir, dass er mich liebt, und das Letzte, was er mir im Flüsterton einschärft, ist: »Cia, du darfst niemandem vertrauen.«
    Ich steige als Letzte in den glänzenden Gleiter. Die Tür schließt hinter mir, und ich höre, wie das Schloss einrastet, als der Motor röhrend anspringt. Mein Vater legt von außen seine Hand an das Glas eines kleinen Fensters, und ich tue es ihm nach, sodass wir uns berühren würden, wenn wir nicht durch die Scheibe getrennt wären. Einen Moment lang treffen sich unsere Blicke, und obwohl ich so dagegen ankämpfe, rollt mir eine Träne über die Wange, als der Gleiter abhebt. Dad tritt einen Schritt zurück, und kurz darauf setzen wir uns in Bewegung – weg vom Marktplatz, in Richtung Tosu-Stadt. Weg von allem, was mir vertraut ist.
    Mein Herz rast vor Aufregung, obwohl es gerade in zwei Stücke zerbrochen ist. Die gleichen widerstreitenden Gefühle kann ich auch auf den Gesichtern der anderen Kandidaten aus Five Lakes sehen. Die Abschlussfeier hat unseren Status verändert. Wir sind nun keine Jugendlichen mehr, sondern Erwachsene. Doch erst diese Reise macht den Übergang unumkehrbar. Von nun an sind wir auf uns gestellt.
    Ich starre aus dem Fenster, bis die vertraute Landschaft hinter uns am Horizont verschwunden ist. Ich versuche, mir die Erinnerung an die Felder und Hügel für die nächsten Tage und vielleicht sogar für die vor mir liegenden Jahre einzuprägen. Dann drehe ich mich um und widme mich meiner neuen Umgebung. Mein Vater und sein Team besitzen einige Gleiter, die sie für die Arbeit nutzen, und ich bin schon in ihnen mitgeflogen. Aber natürlich sind Dads Gleiter lange nicht so fortschrittlich oder schnell wie dieser hier. Genau genommen haben sie, abgesehen von der Bezeichnung und der Tatsache, dass sie beide einige Meter über dem Erdboden dahingleiten, nicht viel gemeinsam. Während die Treibhaus-Gleiter klein sind und nur einer bis maximal vier Personen – sofern diese eng zusammenrücken – Platz bieten, kommen in diesem hier zwölf Mitreisende bequem unter. Die Sitze vorn im Passagierraum sind grau und weich und ähneln Sofas. Hinten im Fahrzeug befinden sich eine kleine Küche und eine Tür, die in ein anderes Abteil führt. Das Dach des Gleiters ist hoch genug, sodass ich in der Kabine herumlaufen kann und nach oben hin immer noch ausreichend Platz habe.
    Unsere Taschen sehe ich nicht, und ich überlege, ob ich Michal fragen soll, wo er sie verstaut hat, doch er sitzt in einem abgetrennten Abteil für den Lenker des Fahrzeugs ganz vorn. Aus seinen angespannten Schultern schließe ich, dass er sich auf die Bedienung der Maschine konzentriert. Und das ist auch gut so. Gleiter sind so konstruiert, dass sie bis zu drei Meter über der Erdoberfläche schweben können, doch der Antriebsmechanismus, der für die Vorwärtsbewegung des Vehikels sorgt, braucht unbedingt festen Boden unter sich. Wenn ein Gleiter über ein größeres Loch gerät, dann fällt der Antrieb aus. Auch über Wasser haben Gleiter ihre Schwierigkeiten. Deshalb ist irgendjemand mal auf die Idee gekommen, sie so umzurüsten, dass sie, wenn nötig, auch schwimmen können.
    »In so einem Ding bin ich noch nie geflogen«, sagt Malachi quer durch die Kabine hinweg. Seine weit aufgerissenen Augen sind voller Angst. Sein Vater ist Bewässerungshelfer, seine Mutter näht Steppdecken. Nein, für Malachi hat wirklich nie die Notwendigkeit bestanden, irgendetwas Komplizierteres als ein Fahrrad zu fahren. Bis jetzt. Ich
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