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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)
Autoren: Joelle Charbonneau
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Vater zur Seite und lässt mich allein bei Michal stehen. Er lächelt mich an, und ich bin überrascht, als ich zum ersten Mal einen warmen Ausdruck in seinen dunkelgrünen Augen entdecke.
    »Bist du aufgeregt wegen der bevorstehenden Reise, Malencia?«
    Aus irgendeinem Grund habe ich nicht damit gerechnet, dass er sich an meinen Namen erinnert. Ich freue mich darüber, dass er ihn noch weiß. »Eigentlich bin ich vor allem aufgeregt, weil ich Angst davor habe, die Kolonie zu enttäuschen, falls ich bei der Auslese schlecht abschneide, Mr. Gallen.«
    Er lacht. »Du kannst mich Michal nennen. Und keine Sorge, das wird vergehen.« Meine Nervosität oder meine Befürchtung wegen der Kolonie? Ich bekomme keine Gelegenheit nachzufragen, denn er geht einen Schritt vom Fahrzeug weg und streckt mir eine Hand entgegen. »Soll ich dein Gepäck verstauen? Du wirst es nicht brauchen, bis wir in Tosu-Stadt angekommen sind.« In seiner anderen Hand hält er eine durchsichtige Tüte mit zwei dicken silbernen Armbändern, von denen eines etwas größer als das andere ist. »Dies sind deine Erkennungsbänder. Jedem Testkandidaten wird ein Symbol zur Identifizierung zugeordnet, das auf den Armbändern eingraviert ist. Das eine der beiden trägst du um dein Handgelenk, das andere wird um den Träger deiner Tasche gebunden. Auf diese Weise kann niemand seine Tasche mit deiner verwechseln.«
    Er bindet mir mein Erkennungszeichen um das linke Handgelenk und drückt die Schließe zu, dann befestigt er das andere an meiner Tasche. Als er einmal kurz im Gleiter verschwindet, schaue ich mir das Band an meinem Arm genauer an. Es ist ungefähr anderthalb Zentimeter breit und aus dicken Metallgliedern gefertigt. Ich habe beim Umbinden deutlich gesehen, dass es einen Verschluss gibt, aber jetzt ist er einfach nicht mehr zu erkennen. Ich drehe mein Handgelenk und betrachte die große Silberscheibe, die oben auf dem Armband angebracht ist. Dort eingraviert ist ein Stern mit acht Spitzen. In der Mitte davon entdecke ich einen stilisierten Blitz.
    »Der Stern steht für deine Prüfungsgruppe.« Michals Stimme lässt mich zusammenzucken. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er zurückgekommen war. »Du wirst sehen, dass die anderen Kandidaten in deinem Team das gleiche Symbol haben, doch deines ist das einzige mit einem Blitz.«
    »Haben die Symbole denn eine besondere Bedeutung?« Die Worte entschlüpfen mir, ehe ich sie hätte aufhalten können. Vielleicht wissen die Prüflinge aus den anderen Kolonien, die regelmäßig jemanden zur Auslese schicken, längst, wofür die Symbole stehen.
    Falls Michal die Frage für dumm hält, lässt er es sich nicht anmerken. »Der Stern mit den acht Spitzen ist das Symbol für Verjüngung. Die Kandidaten dieser Gruppe haben sich auf allen Gebieten hervorgetan. In eine bessere Gruppe hätte es dich kaum verschlagen können.« Sein Lächeln ist warm und ermutigend, und unwillkürlich erwidere ich es, während ich mich frage, in welcher Gruppe er wohl war.
    Ein leises Piepen ertönt, und Michal schaut auf seine Uhr. Dann lässt er den Blick über den Marktplatz schweifen, und sein Lächeln schwindet dahin. Zandri ist noch immer nicht hier, und ich frage mich, ob das an ihrem sorglosen Umgang mit der Zeit liegt oder ob sie beschlossen hat, das Gesetz herauszufordern und sich der Auslese zu verweigern. Glaubt sie vielleicht, dass eine gesetzliche Bestimmung, die so lange nicht infrage gestellt wurde, nicht mit Gewalt durchgesetzt werden würde?
    Michal entschuldigt sich und gesellt sich zu Magistratin Owens und meinem Vater. Der Art und Weise nach zu urteilen, wie er auf seine Uhr zeigt, meint er, dass Zandri genug Gelegenheit hatte, pünktlich zu kommen, und dass ihre Zeit nun abgelaufen sei. Mein Vater und die Magistratin Owens versuchen, Michal dazu zu bringen, noch einige Augenblicke auf die letzte Kandidatin aus Five Lakes zu warten. Ich drehe mich weg und halte den Atem an, denn schließlich weiß ich, was für eine Strafe ihr droht.
    Und da sehe ich sie. Ich kneife im Sonnenlicht die Augen zusammen, nur um ganz sicherzugehen, ehe ich rufe: »Da ist sie.«
    »Dem Himmel sei Dank«, höre ich jemanden flüstern.
    Der Wind bauscht Zandris hauchdünnen, bunten Rock auf und reißt an ihrer Bauernbluse, während sie gemächlich über den Marktplatz schlendert. Ihr langes blondes Haar glänzt im Sonnenlicht. Ein kleines Lächeln zuckt um ihren Mund, als sie uns erreicht. Sie entschuldigt sich nicht. Und da wird mir klar:
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