Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)
gegessen habe, schon Übelkeit hervorrufen.
Beim kleinsten Anzeichen von Unwohlsein, so habe ich mir vorgenommen, werde ich alle Pflanzen aus meinem Magen hochwürgen. Das hätte dann zwar keine Auswirkungen mehr auf das Gift, das bis dahin bereits in meinen Blutkreislauf gelangt wäre, aber ich würde es trotzdem versuchen müssen.
Während ich arbeite, bemerke ich einige Drähte, die definitiv nichts in einem Impuls-Transmitter verloren haben, und auch ein paar kleine Kästchen mit Metallscharnieren, die mir völlig unbekannt vorkommen. Wäre ich jetzt zu Hause, dann würde ich daran herumwerkeln, um zu sehen, was sich im Innern verbirgt. Aber ich bin nicht zu Hause. Ich werde nur die Handgriffe tun, bei denen ich mir ganz sicher bin.
Ich schraube den Deckel wieder aufs Gehäuse und will gerade meine Hand heben, als ich bemerke, dass Malachi zu schwanken beginnt. Ist er erschöpft, oder ist das die Auswirkung einer der Pflanzen, von denen er gekostet hat? Ich gehe in Gedanken die Gewächse durch, die ich zugeteilt bekommen habe, und versuche mich daran zu erinnern, ob irgendeines davon eine solche Reaktion hervorrufen würde. Schweiß läuft Malachi übers Gesicht. Seine Hände beginnen zu zittern, als er an dem Teil des Transmitters zu arbeiten beginnt, den ich ignoriert habe – dem Teil, in dem sich auch ein unbekanntes, kleines Metallkästchen befindet. Ich weiß, dass wir den anderen Kandidaten nicht helfen sollen, aber Malachis Schultern zucken, und ich befürchte, dass ihn die Pflanzen, die er geschluckt hat, daran hindern, rational zu denken. Ich öffne den Mund, um ihm etwas zuzurufen – ich will ihm sagen, dass er das Metallkästchen nicht anrühren solle.
Aber das hat er bereits getan. Er hält es sich dicht vors Gesicht … Im nächsten Moment bohrt sich ein Nagel in sein Auge, und er fällt wie ein Stein zu Boden.
Kapitel 8
Einmal, als ich noch ein Kind war, habe ich mir in den Finger geschnitten. Die Wunde ging bis auf den Knochen. Meine Mutter hat mir später erzählt, ich hätte weder geschrien noch geweint. Ich wäre einfach stocksteif stehen geblieben, als würde diese Reglosigkeit das Blut am Fließen hindern. Die Blutlache, die sich jetzt neben Malachis Kopf auf dem weißen Fußboden ausbreitet, hat den gleichen Effekt. Ein Schrei des Entsetzens steigt in meiner Brust auf und will sich seinen Weg durch meine zugeschnürte Kehle bahnen, aber ich gebe keinen Laut von mir. Die Rufe von jemand anders, vielleicht von Will, wecken mich aus meiner Starre, und ich bin mit einem Satz von meinem Arbeitstisch an der Seite von Malachi, der zuckend auf dem Boden liegt. Zwei purpurgewandete Arme packen mich und reißen mich zurück. In dem verzweifelten Versuch, mich zu befreien, höre ich kaum, was die hauptverantwortliche Prüferin zu mir sagt. Sie fragt mich, ob ich mit meiner Aufgabe fertig sei. Wenn nicht, müsse ich an meine Station zurückkehren – es bestünde sonst die Möglichkeit, dass ich mir einen Vorteil verschaffen könnte, indem ich heimlich die Arbeit der anderen Kandidaten in Augenschein nähme.
Ich will sie anschreien, dass der Test keine Rolle mehr spielt. Nicht solange Malachis Leben tropfenweise auf den Fliesenboden rinnt. Aber ich würge ein »Ja« hervor und werde losgelassen. Die Prüfer kümmern sich nicht um Malachi. Ich bin es, die seine Hand nimmt und festhält. Aus der Körperhaltung der anderen Offiziellen schließe ich, dass sie keinerlei Hilfe anbieten werden. Dies ist die Strafe für eine falsche Lösung der Aufgabe. Für sie verdient Malachi das, was als Nächstes geschehen wird.
Das Zucken wird schlimmer. Malachi hat sein unverletztes Auge geöffnet, aber ich bin mir nicht sicher, ob er etwas sehen kann oder ob die Pflanzen, die er in seinem Magen hat, eine Art Koma hervorgerufen haben, während sie in seinem Körper wüten. Für alle Fälle rücke ich auf dem kalten Fliesenboden näher in sein Blickfeld. Falls Malachi etwas sieht, dann wird er in mir jemanden von zu Hause erkennen. Er wird das Mädchen erblicken, das einst mit ihm im Gras saß und Lieder sang und das ihn um Hilfe bat, wenn es mit den Hausaufgaben nicht zurechtkam. Das Mädchen, das seine Freundin war und das sich jetzt nicht vorstellen kann, was werden soll, wenn er fort ist.
Nur dass ich mir das gar nicht mehr vorzustellen brauche. Das Zucken ist vorbei. Seine Muskeln werden schlaff, als seine Brust aufhört, sich zu heben und zu senken.
Malachi ist tot.
Weine ich? Vermutlich. Als die
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