Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)
werden. Sobald alle Kandidaten mit ihrer laufenden Kiste fertig seien, würde eine neue Testbox ausgeteilt werden. Unsere Aufgabe sei es, so viele Kisten wie möglich in der vorgegebenen Zeit zu bearbeiten. Bei diesem Prüfungsteil würde es keine Mittagspause geben, warnt sie uns. Dann wiederholt sie Dr. Barnes’ Anweisungen, dass wir unsere Hand zu heben hätten, sollten wir eine Aufgabe nicht lösen können, und sie betont, dass wir auf keinen Fall raten sollten, falls wir bei irgendwelchen Antworten unsicher seien. Sie sagt, wir sollten herausfinden, wie sich die Kiste öffnen lasse, und dann den Prüfungsanweisungen folgen, die wir im Innern vorfinden würden.
Das klingt nicht allzu schwer, und genau das macht mich nervös. Die Tests sind nicht so angelegt, dass sie einfach sind. Ich taxiere die Box mit meinen Blicken, während ich aus den Augenwinkeln sehen kann, dass einige meiner Mitstreiter an ihren Kisten ziehen und zerren. Meine Mutter hatte ein Kästchen mit einem Geheimfach zu Hause, das mein Großvater für sie gemacht hatte. Um es zu öffnen, musste man verschiedene bewegliche Teile in einer besonderen Reihenfolge zur Seite schieben. Wenn man sich irrte, ging das Fach nicht auf.
Langsam drehe ich die Box auf dem Tisch, sodass ich sie mir nach und nach von allen Seiten anschauen kann. Das Holz ist massiv und glatt und hat ein verschlungenes, eingebranntes Muster, das wirklich hübsch anzusehen ist. Ich bin mir sicher, dass Zandri die Technik, die für das Muster verwendet wurde, kennt, aber ich habe keine Zeit, es lange zu bewundern. Ich will das Ding öffnen.
Ah. Da, in der unteren Ecke sehe ich eine kleine Verdickung in der Verzierung. Nirgends sonst im Holz ist eine solche winzige runde Erhebung zu entdecken. Ein Knopf? Ich drücke meinen Zeigefinger fest auf den kleinen Punkt und spüre, wie etwas nachgibt. Und tatsächlich: Die Seite der Kiste lässt sich jetzt aufschieben und herausnehmen. Ich lege das Teil beiseite und ziehe den Aufgabenzettel heraus.
Prüfe, ob die Pflanzen im Innern der Kiste essbar sind. Trenne jene, die essbar sind, von den giftigen.
Und wieder lese ich die Warnung: Wenn du dir bei der Antwort nicht sicher bist, dann rate nicht. Lege die unbekannte Pflanze weg.
Ich lächele. Diese Aufgabe ist wie für mich gemacht.
Es befinden sich acht Pflanzen in der Kiste. Sechs davon erkenne ich sofort. Die weißen Blüten, die wie ein Schirm angeordnet sind, stammen vom Wasserschierling. Mein Vater sagt, sie seien schon tödlich giftig gewesen, bevor die Seen durch die biologische Kriegsführung verseucht wurden. Das dunkelgrüne Blatt mit den roten Adern halte ich ebenfalls für giftig, denn schließlich darf man die Rhabarberblätter, die bei uns wachsen, auch nicht essen. Der Zweig mit den dunkelgrünen, ovalen Blättern, an dem braune, nestähnliche Gebilde hängen, muss von einer Buche stammen. Ich bin auch überzeugt, Sassafraswurzel, Lauch und Nessel zu erkennen, die in unserer Kolonie häufig von den Käfern gefressen werden.
Bei den letzten beiden Exemplaren bin ich mir gar nicht mehr so sicher.
Ich schnuppere an dem ersten: Es ist ein großes grünes Blatt von unregelmäßigem Wuchs, und ich nehme einen schwachen Blütenduft wahr. An dem Stängel kann ich sehen, wo sich noch vor Kurzem eine Blüte befunden haben muss. Das Blatt ist weich und erinnert mich an eine Blume, die mir mein Vater vor ein paar Jahren gezeigt hat. Es war keine seiner eigenen Züchtungen, denn jenes Gewächs war giftig gewesen, und Dad arbeitete nur an Dingen, die das Leben erhielten. Trotzdem war er der Ansicht, diese Blüte habe einen gewissen Wert, und zwar wegen ihrer duftenden Schönheit. Ob dies die gleiche Pflanze ist? Falls nicht, dann müssen sie miteinander verwandt sein, denke ich. Ich lege sie auf den Stapel mit den giftigen Exemplaren und wende mich der letzten Pflanze zu: einer dunklen, pelzigen Wurzel mit weißen, blütenartigen Blättern oben an der Spitze. Mit dem Fingernagel kratze ich die Außenseite der Wurzel ab und schnuppere daran. Es riecht süßlich. Nicht wie Rote Bete oder Karotten, sondern ganz anders. Aber irgendetwas daran kommt mir bekannt vor. Ich kann Dads Stimme hören, wie er mir von den vielen Wurzeln erzählt, die glücklicherweise in südlicheren Kolonien gedeihen. Eine davon wird Chicorée genannt. Zeen wollte unbedingt eine Probe davon haben, um sie zu untersuchen, denn er erhoffte sich davon Anregungen für seine eigene neue Kartoffelsorte. Diese Wurzel
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