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Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition)

Titel: Die Auslese: Nur die Besten überleben - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joelle Charbonneau
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kleinen Streifen den Beton durchbrochen hat. Ich kann kaum atmen, während ich meinen Blick über die verfallene, zerstörte Umgebung schweifen lasse. Stahl und Stein. Glas und Holz. Kaputte und eingestürzte Gebäude. Völlig verrostete Autos, die auf ihren Dächern liegen. Eine dicke schmierige Rußschicht bedeckt alles. An manchen Stellen versuchen noch zähere Pflanzen als das Gras, sich durch den Schutt zu kämpfen. Sie sehnen sich wahrscheinlich nach Sonne. Kletterpflanzen überwuchern das Durcheinander von Autowracks und Ruinen. Bäume, die der verseuchte Boden hat verkrüppeln lassen, haben sich durch die Überreste der zerstörten Stadt dem Himmel entgegengeschoben, als wären sie fest entschlossen zu überleben. Nicht weit entfernt von der Stelle, an der mein Metallcontainer steht, sehe ich etwas, das wie ein zusammengebrochener Brückenbogen aussieht, zum Teil von dunklen, dornigen Ranken überzogen. Im Schein der aufgehenden Sonne glaube ich, Worte zu erkennen, die in den Stein gemeißelt worden sind, und vorsichtig gehe ich ein paar Schritte näher. Als ich die Augen zusammenkneife, kann ich die folgenden Buchstaben lesen: AKTIENBÖRSE VON CHICA O .
    Obwohl ein Buchstabe im Namen der Stadt fehlt, weiß ich nun sicher, wo ich bin: in Chicago, der Stadt, die als dritte im Vierten Stadium des Krieges zerstört worden ist. In den ersten zwei Städten waren vorher Warnungen eingegangen, und es hatte Evakuierungen gegeben. Hunderttausende Menschen waren dennoch gestorben, aber es hätte dort auch noch schlimmer kommen können. So wie hier. Aus den Schulbüchern weiß ich, dass der Angriff auf Chicago schnell kam und es keine Vorwarnungen gab, bis die ersten Bomben fielen. Wer der Feind war, der die Abwehrsysteme der Stadt überwand und eine völlig arglose Stadt vernichtete, ist nie offiziell mitgeteilt worden, aber der Präsident und seine Ratgeber glaubten es zu wissen. Sie holten zum Gegenschlag aus, und die ganze Welt geriet aus den Fugen.
    Der Wind bläst durch die leeren Straßen. Wobei sie ja gar nicht leer sind, wie ich mir ins Gedächtnis rufe. Nicht im Augenblick. Achtundfünfzig andere Kandidaten der Auslese befinden sich irgendwo hier in der Gegend. Einige davon sind meine Freunde, aber Michal zufolge würden andere von ihnen mich nur zu gerne mit ihren Waffen niederstrecken, die zu ihrer eigenen Verteidigung gedacht sind, nur um einen Platz an der Universität zu ergattern. Wie soll ich nur die einen finden, ohne den anderen in die Arme zu laufen – oder, besser gesagt, in die Waffen, die sie sich ausgesucht haben? Werde ich gezwungen sein, meine Pistole zu benutzen?
    Tomas hat mir gesagt, ich solle ihn am höchsten Gebäude treffen; aber von meinem augenblicklichen Standort aus ist es schwer zu sagen, welches das sein könnte. Ich kehre zu meinem Container zurück und klettere auf das Dach, um einen besseren Überblick zu bekommen. Zerfallener Beton und verbogener Stahl überall. Schuttberge, die zu den Gräbern all jener Menschen geworden sind, deren Heimatstadt dies einst gewesen ist. Das enorme Ausmaß der Zerstörung verursacht mir Beklemmungen, aber ich habe keine Zeit, die Leute zu betrauern, die hier gestorben sind. Ich muss Tomas finden.
    Gerade als ich wieder hinabklettern will, sehe ich etwas, das im Sonnenlicht aus den übrigen Ruinen heraussticht. Es sieht nicht aus wie ein Gebäude, aber es ist die höchste Stelle, die ich von meinem Standort aus entdecken kann. Wie weit es entfernt ist, ist schwer einzuschätzen, ich denke jedoch, dass es nicht allzu weit weg ist. Ich weiß nicht, ob Tomas dorthin unterwegs ist, aber ich muss mein Glück versuchen. Inzwischen funktioniert auch der Kompass des Transit-Kommunikators, ebenso wie das Ortungssystem, welches den Längen- und den Breitengrad meines Aufenthaltsortes ermittelt. Jetzt kenne ich also immerhin meine Koordinaten. Ich kann einen Weg zurück finden, falls das nötig werden sollte.
    Ich springe vom Dach des Containers und folge dem Kompass, der mir zeigt, dass mein Ziel Richtung Norden liegt. Mühsam klettere ich über Berge voller zusammengestürzter Steinmauern und vermeide die großen, klaffenden Löcher im Boden. Alle paar Schritte bleibe ich stehen und lausche. Höre ich fremde Schritte? Ist da noch jemand in der Nähe? Aber nein, es ist nur der Wind, der die trockenen, klauengleichen Blätter an einem Baum gleich neben mir zum Rascheln bringt.
    Obwohl mir mein angepeiltes Ziel vom Metalldach aus gar nicht so weit weg

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