Die Außenseiter
Desvendapur muss sich für vieles verantworten.«
»So ein Verhalten hätte ich einem Besänftiger nicht zugetraut«, meinte der jüngere Thranx in recht ungläubigem Ton. »Wir müssen Ihren Freund finden, und zwar schnell!«
Beide Menschen nickten zustimmend. »Wir haben Ihre Kolonie aus bestimmten Gründen in diesem Teil der Welt gebaut«, erklärte die Frau. »Zum einen ist hier das Klima für Ihr Volk angenehmer als sonst wo auf dem Planeten. Und zum anderen befinden wir uns hier in einer der letzten und größten Regionen, die von der Menschheit weitgehend unberührt geblieben sind. Nur sehr wenige Leute kommen hierher, und diejenigen, die es trotzdem tun, werden von professionellen Führern beaufsichtigt. Aber falls jemand diesen Desvendapur sieht, was auch immer er dort oben tut, wird man ihn augenblicklich als das erkennen, was er ist: als einen Außerirdischen, der sich in einem Teil der Welt herumtreibt, in dem sich kein Außerirdischer aufhalten darf.«
»Ich muss Sie wohl nicht daran erinnern«, mischte der Menschenmann sich ein, »wie zögerlich die diplomatischen Verhandlungen zwischen unseren Spezies vonstatten gehen. Ihr . plötzliches Auftauchen . beunruhigt viele Menschen, die noch nicht gelernt haben, dass man über das Aussehen einer Fremdspezies hinwegsehen muss, wenn man sich mit ihr anfreunden will. Der Großteil der Menschheit hat sich noch immer nicht so recht an den Gedanken gewöhnt, dass es noch andere intelligente Spezies im All gibt, und auch nicht an die Vorstellung, dass einige davon sogar intelligenter sein könnten als sie selbst. Manche Menschen leiden noch immer an einer althergebrachten Rassenparanoia, die nur langsam durch den Kontakt mit Völkern wie den Thranx ausgeräumt werden kann.
Wenn bekannt wird, dass hier eine geheime Kolonie gebaut wurde, in einem Teil der Welt, in dem sich offiziell kein Außerirdischer aufhalten darf, könnte das die gegenwärtige und künftige Entwicklung der Beziehungen zwischen unseren Spezies ernsthaft gefährden. In zehn oder fünfzehn Jahren, wenn die Erdbevölkerung genug Zeit hatte, sich an Ihre Existenz und an Ihr Aussehen zu gewöhnen, werden wir diese Kolonie hier der Öffentlichkeit zeigen und publik machen, wie lange es sie schon gibt. Wenn die Menschen dann begreifen, dass Ihre Spezies friedlich seit vielen Jahren unter ihnen gelebt hat, wird das - so meinen unsere Psychologen - die Entwicklung der Beziehungen zwischen uns erheblich erleichtern.«
»Aber noch nicht«, fügte die Menschenfrau hinzu. Jhywinhuran hatte den Eindruck, dass sie müde wirkte, als habe sie mehrere Tage lang nicht geschlafen. »Jetzt ist es noch zu früh dafür - viel zu früh! Die Konsequenzen, die sich aus der vorzeitigen Entdeckung der Kolonie ergeben würden, sind höchst beunruhigend.«
Die Müllentsorgerin zögerte nicht. Trotz aller persönlichen Gefühle, die sie für eine gewisse Person hegen mochte, deren echter Name Desvendapur lautete, war sie ein pflichtbewusstes und gewissenhaftes Mitglied des Stocks. Als solches wusste sie, dass die Sicherheit und Integrität der Gemeinschaft nicht gefährdet werden durfte.
»Ich verstehe, dass wir ihn finden und zurückbringen müssen, bevor ein Mensch ihn zufällig entdeckt. Ich werde Ihnen so gut helfen, wie ich kann.« Mit einer Echthand vollzog sie eine ruckartige Geste. »Ich kenne ihn und kann ihn ein wenig einschätzen. Nach all den extremen Maßnahmen, die er Ihrem Bericht zufolge ergriffen hat, glaube ich, dass er nicht sehr kooperativ sein wird, wenn man ihn in den Stock zurückzubringen versucht.«
Die Antwort, die Jhywinhuran nun zu hören bekam, hätte sie lieber aus dem Mund eines ihrer Vorgesetzten gehört, doch mit der für die Zweifüßer typischen Abruptheit ergriff der Menschenmann zuerst das Wort:
»Wenn das stimmt, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als ihn zu töten.«
19
Der erzürnte Cheelo wollte gerade die Frage des Außerirdischen beantworten, als ihn unversehens ein leises Summen in den Ohren kitzelte. Er ließ den Blick über die Bäume ringsum schweifen und stellte fest, dass das Geräusch aus Richtung des Bachs kam, in dem die Anakonda sie angegriffen hatte. Er ignorierte die Fragen des Thranx, ging zum Ufer und spähte den Bach hinauf. Das Summen wurde zwar nicht lauter, verklang aber auch nicht.
»Was machst du da?« Versuchsweise belastete Desvendapur sein gebrochenes Bein ein wenig, während er den schweigenden Menschen neugierig beäugte. »Wenn du glaubst,
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