Die Außenseiter
vor.
»Komm! Steh auf und lauf! Es geht bergab. Komm in die Hufe!«
»In die Hufe?« Die kaum sichtbare Nickhaut des Thranx zitterte. »Ich weiß nicht, was du damit meinst.«
»Beeil dich!« Verärgert, ungeduldig und auf sich selbst wütend, wollte Cheelo keine Zeit mit dummen Fragen vergeuden. »Leg deine Vordergliedmaßen über meine Schultern, hier!« Er klopfte sich auf die betreffende Stelle. »Halt dich fest! Ich trag dich eine Weile. Es wird schnell wärmer, während wir absteigen, und bald kannst du schon wieder selbst laufen. Du wirst schon sehen.«
»Du ... du willst mich tragen?«
»Nicht, wenn du noch länger klackernd und zischend da hocken bleibst! Steh auf, verdammt, bevor mir klar wird, wie dämlich mein Vorschlag ist und ich meine Meinung ändere!«
Die harten, kühlen Gliedmaßen des Thranx fühlten sich irgendwie unheimlich auf Cheelos Schultern an, als ob ihm eine riesige Krabbe auf den Rücken kroch. Mit den vier Vordergliedern hielt Des sich sicher am oberen Teil des Torsos seines menschlichen Reisegefährten fest. Cheelo senkte den Blick und sah, dass der Außerirdische die Arme unter die Trageriemen des Rucksacks geschoben und die Finger vor Cheelos Brust verschränkt hatte. Alle sechzehn. Die Umklammerung bot ihm sicheren Halt, ohne Cheelos Brustkorb allzu sehr zusammenzudrücken. Der Thranx war kräftig gebaut, aber nicht unerträglich schwer. Cheelo glaubte, ihn mühelos eine Zeit lang tragen zu können, zumal es die ganze Zeit bergab ging. Zusammenbrechen würde er unter dem mäßigen Gewicht wohl nicht, doch müsste er darauf achten, nicht auszurutschen oder zu stolpern.
Als er hinter sich blickte, sah er, dass der Außerirdische seine vier Beinglieder schlaff herabhängen ließ, zwei an jeder Seite. Der angenehme Körperduft des Wesens stieg ihm in die Nase. In eine Parfümwolke gehüllt, setzte er den Abstieg fort.
»Halt dich einfach fest!«, fuhr er seine reglose Last gereizt an. »Du fühlst dich besser, sobald es wärmer wird.«
»Ja.«
Cheelo spürte, wie sich die vier Mundwerkzeuge des Thranx an seiner Schulter rieben, und unterdrückte einen Schauder.
»Sobald es wärmer ist. Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll.«
Der Außerirdische redete fast direkt in Cheelos Ohr, ein unheimliches Gefühl. »Versuch, für 'ne Weile den Mund zu halten!«, schlug sein menschlicher Träger vor. Der Dichter verstummte gehorsam.
Je mehr sich Cheelo unter dem zusätzlichen Gewicht entspannte, desto schneller kam er voran. Bis zum Nachmittag hatte er schon ein gutes Stück zurückgelegt. Der Thranx hielt sein Wort und hüllte sich die ganze Zeit über in gnädiges Schweigen; er bat noch nicht einmal darum, eine Rast einzulegen, um etwas essen zu können. Dass er so bereitwillig schwieg, war Cheelo nur recht.
Als schließlich die Sonne gewohnt rasch hinter den Anden versunken war, auf der Suche nach dem fernen Pazifik, schätzte Cheelo, dass sie bereits die halbe Strecke bis hinab zum Regenwald zurückgelegt hatten. Am nächsten Tag würden sie gegen Mittag ins Tiefland gelangen, wo die Temperatur und Luftfeuchte Werte erreichten, die zwar für Cheelo unangenehm, aber für den Thranx bekömmlich waren.
»Zeit, abzusteigen«, teilte er seinem Passagier mit.
Langsam und vorsichtig löste der Thranx die Vorderglieder vom Torso des Menschen und ließ sich auf den Boden sinken. »Ohne deine Hilfe hätte ich es nie so weit geschafft.« Mit beiden Echt- und Fußhänden zog er die Decken an sich und suchte sich einen umgekippten Baumstamm aus, auf dem er die kommende Nacht verbringen wollte. Unter Schmerzen spreizte er die vier steifen Echtbeine und schob den Abdomen auf den Stamm. Das tote Holz fühlte sich feucht und kalt auf seinem ungepanzerten Unterleib an.
»He, es müsste dir eigentlich besser gehen.« Ohne zu wissen warum, versuchte Cheelo seinen Gefährten aufzuheitern. »Hier ist es wärmer, deshalb müsstest du dich wohler fühlen.«
»Es ist wärmer«, stimmte der Thranx ihm zu. »Aber nicht so warm, dass ich mich wohl fühle.«
»Morgen«, versprach Cheelo ihm. Er kniete sich neben seinen Rucksack, durchwühlte ihn und holte einen der vielen Zündstäbe hervor, die er aus dem Haus der Wilderer mitgenommen hatte. Der rauchlos verbrennende Stab war eigentlich als Zündhilfe für Lagerfeuer gedacht, doch da Cheelo in der Umgebung kein trockenes Holz finden würde, beschloss er, einfach aus den Zündstäben ein Lagerfeuer zu machen. Auf dem Boden eines Regenwalds trockenes
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