Die Außenseiter
auszutauschen und voneinander zu lernen. Doch das musste auf eine Weise geschehen, die die allgemeine Bevölkerung nicht beunruhigte. Selbst nach gut vierzehn Jahren waren beide Seiten noch weit davon entfernt, einander vorbehaltlos zu vertrauen. Die Thranx hatten mehr Erfahrung mit doppelzüngigen, betrügerischen Intelligenzen, als ihnen lieb war - vor allem mit den AAnn. Gewiss, diese weichhäutigen Menschen schienen recht umgänglich zu sein, aber was wäre, wenn das nur ein Trick war, ein Täuschungsmanöver, der Versuch, die Stöcke in fataler Sicherheit zu wiegen, um sie übertölpeln zu können? Niemand wollte ein weiteres Paszex auf Hivehom erleben ... oder irgendwo anders.
Die Menschen hegten ebenfalls solche, wenn nicht sogar noch größere Sorgen. Da Insekten in der Evolutionsgeschichte die Erbfeinde der Menschheit waren, konnten sich viele Menschen nur schwer an den Gedanken gewöhnen, sich mit den Thranx, den riesigen, wenngleich entfernten Verwandten dieser Erbfeinde, eng anzufreunden. Einwände und Bedenken wurden weniger aus intellektuellen als vielmehr aus emotionalen Gründen erhoben.
Daher machten sich beide Spezies ein immer besseres Bild voneinander, studierten und lernten, und während sie das taten, behielten sie die Aktivitäten der AAnn und der anderen bekannten intelligenten Spezies genau im Auge. Der geheime Komplex nördlich von Geswixt war der Versuch der Thranx, die Beziehungen zur Menschheit schneller voranzutreiben.
Desvendapur durchrieselte jedes Mal ein herrlicher Schauder instinktiven Abscheus, wenn er in seiner Wohnkabine die dreidimensionale Projektion eines Menschen aufrief, und er linderte seinen Ekel, indem er einige neue Sonette verfasste, inklusive der zugehörigen Choreografie. Diese Daten verschlüsselte er und sicherte sie äußerst sorgfältig, damit niemand zufällig darüber stolperte und sich über die außergewöhnlich ästhetische Ausdrucksweise eines einfachen Nahrungszubereiters wunderte. Die Zeilen, die er ersann, klangen elegant, seine Neuschöpfungen raffiniert, doch mangelte es ihnen an dem Feuer, das er so verzweifelt suchte. Wo war die Explosion der Genialität, die sein Werk unverkennbar machen würde? Wie sollte er lyrische Sätze von solcher Pracht formulieren, dass sie seine Zuhörer überwältigen würden? In seiner Freizeit stürzte er sich in das Studium der menschlichen Hauptsprache - obwohl er die Information, dass sich die Menschen noch immer dutzender Sprachen bedienten, für einen subtilen Witz hielt. Eine absurde Vorstellung, selbst wenn es um so fremdartige Wesen wie die Menschen ging. Verschiedene Dialekte mochten durchaus existieren, aber verschiedene Sprachen? Dutzende davon? Wie sollte sich aus einem derart kontraproduktiven Geplapper eine Zivilisation erheben? Desvendapur kam zu dem Schluss, dass sich die ersten Linguisten, die mit den Menschen in Kontakt getreten waren, gewiss einen kleinen Scherz auf Kosten derer geleistet hatten, die nach ihnen kamen; er ignorierte die Behauptung, dass die Zweifüßer so viele Sprachen benutzten, und konzentrierte sich auf die Sprache, derer sich die Menschen beim Erstkontakt mit den Thranx bedient hatten.
Bei der Artikulation verwandten die Menschen vorwiegend scheußliche gutturale Laute, die Nieder-Thranx wie einen klaren Strom klingen ließen, der über vom Wasser glatt polierte Steine fließt. Die Laute waren zwar nicht unaussprechlich, aber doch schwierig zu artikulieren. Wo waren die Pfeif- und Klicklaute, die einer zivilisierten Sprache so viel Farbe und Vielfalt verliehen? Ganz zu schweigen von den modulierten Stridulationen, die die Menschen anscheinend nicht einmal ansatzweise nachahmen konnten. Obwohl es schwer zu glauben war, deuteten einige Aufzeichnungen darauf hin, dass es menschliche Linguisten gab, die sowohl Hoch- als auch Nieder-Thranx zumindest teilweise beherrschten. Darüber hinaus hatten sie wie die AAnn die Fähigkeit, durch ihre Münder zu atmen anstatt durch speziell dafür entwickelte Atmungsöffnungen, wie die Thranx und andere Spezies sie hatten. Ähnlich wie bei den AAnn saßen ihre Atemöffnungen in ihren Gesichtern - und wie bei den reptilienähnlichen Wesen ballten sich auch im menschlichen Gesicht mehrere wichtige Sinnesorgane. Und die Zweifüßer hatten nur zwei Atemöffnungen! Die Thranx hatten gleich acht, vier auf jeder Seite des Thorax. Angesichts eines derart nachteiligen Körperbaus hielt Des es für ein kleines Wunder, dass die Menschen genug Luft einatmen
Weitere Kostenlose Bücher