Die Außenseiter
konnten, um ihr Blut mit genügend Sauerstoff anzureichern.
Da er niemanden hatte, mit dem er üben konnte, lernte er in der Einsamkeit seiner Wohnkabine einige Phrasen der Menschensprache, indem er sie ständig wiederholte. Während er lernte, dichtete er und wartete darauf, dass ihn Inspiration wie ein Blitzschlag treffen würde. Er wusste, was ihn inspirieren würde, und wünschte es sich mehr als alles andere: einem der Menschen leibhaftig zu begegnen. Er kannte ihre Nahrung, oder zumindest die Thranx-Nahrung, die sie verdauen konnten. Jetzt wollte er sie selbst kennen lernen.
Er lebte schon seit über einem Jahr im Geswixt- Komplex, lange genug, um erste Verzweiflung zu empfinden. Doch schließlich bot sich ihm eine Gelegenheit.
6
Golfito war keine besonders schöne Stadt. Obwohl in einem landschaftlich interessanten natürlichen Hafen gelegen, diente sie nur als Anlaufpunkt für Kreuzfahrt- und andere Touristenschiffe, die ihren Passagieren einen kurzen Eindruck vom Corcovado-Regenwald vermitteln wollten. Nachdem die Touristen wie verrückt eingekauft und 3-D- Chips in ihre tragbaren Aufzeichner gesteckt hatten, gingen sie wieder an Bord der gigantischen, luxuriösen Tragflächenboote und Zeps und fuhren oder flogen weiter, landschaftlich weitaus beeindruckenderen Zielen im Norden, Süden oder jenseits der Landenge entgegen. Was sie zurückließen, waren Erinnerungen an närrisches Betragen und an schnelle sexuelle Bekanntschaften mit Golfitos rührigen Exoten sowie überaus geschätzte Kredits.
Montoya hatte sich redlich bemüht, etwas von den tausenden von Kredits abzusahnen, die von den voll aufgeladenen Kredkarten der lachenden Besucher mit den weit aufgerissenen Augen abgebucht wurden. Doch obwohl er sich nach Kräften bemüht hatte, wollte es ihm einfach nicht gelingen, lohnende Kontakte zu knüpfen. Er war immer ein wenig zu langsam, hinkte einen Schritt hinterher, suchte nach dem richtigen Wort, der passenden Phrase, wie ein Fischer, der nie den richtigen Köder wählt, um Fische aus dem rings um ihn herum von Fischen wimmelnden Wasser zu ziehen.
Doch auch wenn Montoya sich nicht ein einziges Stück vom Geldkuchen der regelmäßig eintreffenden Besuchermassen hatte sichern können, war es ihm immerhin gelungen, einige potenziell nützliche Kontakte zu den weniger angesehenen Bewohnern von Golfitos Küsten- und Regenwaldvorstädten zu knüpfen. Unter diesen manchmal entgegenkommenden, manchmal abweisenden Gesellen war einer, der Cheelo seinerseits mit überschwänglichen Versprechungen zu ködern wusste wie Süßstoff einem Diabetiker das Stillen seines Wunsches nach Süßem verheißt.
Zur eigenen Überraschung hatte der zwar immer hoffnungsfrohe, aber stets realistische Montoya gehört, dass besagte Kontaktperson nun vielleicht eines ihrer Versprechen einhalten würde.
Ehrenhardts Wohnung lag an einem der steilen, mit Regenwald bedeckten Hänge, die rings um die Stadt in die Höhe wuchsen. Während Cheelo in einem leisen elektrischen Lift zu dem mit einem Tor versperrten Zaun hochfuhr, starrte er auf die herrlich blaue Bucht und den dahinter beginnenden dunklen Pazifik hinab. Affen, Jaguare, Quetzals und jede Menge anderer exotischer Geschöpfe lebten in dem sorgsam bewahrten Land zu beiden Seiten der Stadt. An ihnen interessierte Montoya nur eines: wie viel sie in Bargeld wert waren. Nicht dass er es gewagt hätte, einer der bekannten Wildererbanden Konkurrenz zu machen. So dumm war er nicht.
Wenn du das versuchst, endest du als Haut in jemandes Trophäenkiste, dachte er.
Ein hoch aufgeschossener Indianer mit einem kaum zu übersehenden Seitengewehr und ausdruckslosen Augen traf sich mit ihm auf dem Berg. Er bedeutete dem eingeschüchterten Gast, ihm zu folgen und führte ihn auf eine Veranda, von der aus man einen Rundblick auf die in der schwülen Luft brütende Landschaft hatte. Rudolf Ehrenhardt stand nicht von seinem Stuhl auf, bot Montoya jedoch ein Getränk an, das er ihm aus dem eisgekühlten Krug einschenkte, der auf dem liebevoll polierten Tisch aus Amarantholz stand. Da er seinen Besucher nicht aufforderte, Platz zu nehmen, blieb Montoya stehen, das Glas unbeholfen in der Hand.
»Cheelo, mein Freund.« Der Mann mit der Spiegelbrille, der hier in der Gegend die Fäden zog, blinzelte.
Cheelo konnte seine Augen durch das Brillenglas nicht erkennen. Als ob ich mich mit einer Maschine unterhalte, dachte er.
»Du solltest wirklich ein bisschen was in eine Nasenoperation
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