Die Außenseiter
Schwierigkeiten.
Durch dunkelgraue Wolken und Nebel sahen sie flüchtig das Blätterdach, die fremdartigen Umrisse des Regenwalds. Dann spürte Des einen Aufprall und ein Rütteln, als der Shuttle in eine stark getarnte Öffnung schoss. Der Lärmpegel in der Kabine stieg beängstigend, während der Shuttle bremste und schließlich in einem geschlossenen Korridor zum Stillstand kam. Als Desvendapurs Atmung sich wieder normalisiert und er sich von den Sicherheitsgurten befreit hatte, erblickte er einige kleine Wartungsfahrzeuge, Maschinen und mehrere schwer beladene sechsbeinige Gestalten, die sich rasch und anmutig dem Shuttle näherten.
Er und seine Gefährten traten in ein Shuttleterminal hinaus, das sich bis auf seine außergewöhnlich geringe Größe kaum von den Terminals unterschied, die sie von Willow- Wane her kannten: die gleiche Ausrüstung, die gleichen Einrichtungen, alles nur viel kleiner. Als sie aus dem Shuttle stiegen, erwartete eine junge Thranx sie mit einem Luftkissen-Transporter und hieß sie willkommen.
Nachdem man ihnen versichert hatte, dass man sich um ihr Gepäck kümmern werde, kletterten sie auf den Transporter - ebenfalls ein verkleinertes Modell - und wurden aus der Flughalle gebracht.
Während der Fahrt sahen sie nichts Ungewöhnliches. Die Stollenwände waren mit widerstandsfähigen, leichten Verbundstoffen besprüht worden, um alle Eindringlinge von außen abzuhalten. Vertraute Beleuchtungskörper und Markierungen wiesen den Weg in Nebenkorridore, zu speziellen Einrichtungen, Wasser- und Energieleitungen. Alles sah genauso aus wie in dem Stock, den sie erst vor kurzem verlassen hatten. Sie hätten ebenso gut noch auf Willow- Wane sein können.
Ein schrecklicher Gedanke schoss Des durch den Kopf. Was, wenn dieser Stock hier und sie selbst Teil eines außergewöhnlichen, extremen Gesellschaftsexperiments waren? Was, wenn sie zwar tatsächlich durch den Plusraum gereist waren, aber nur, um in weitläufigem Bogen nach Willow-Wane zurückzufliegen - oder einfach nur nach Hivehom? Was, wenn sie leichtgläubige Freiwillige in einem Experiment waren, das zeigen sollte, wie Menschen und Thranx auf engem Raum miteinander zurechtkämen - in einer künstlichen Umgebung, die die Heimatwelt der Menschen simulierte? Der Ausblick aus einem Sternenschiff und aus Shuttle-Fenstern konnte jedenfalls leicht simuliert werden. Was, wenn sie schlicht und ergreifend auf einer Thranx-Welt gelandet waren? Das war unmöglich zu bestimmen. Alles, aber auch alles war genau wie auf einer Thranx-Welt.
Bis auf die Luft.
Sie stank nach Fremdartigkeit, unbekannten Pflanzen und Moschus. Wahrscheinlich wurde die Atemluft gefiltert, ehe man sie in die Kolonie leitete, trotzdem barg sie noch immer den Geruch des völlig Fremden. Natürlich konnte man den Geruch einer Atmosphäre ebenso leicht fälschen wie Bilder. Einer abgeschlossenen Umgebung ließen sich leicht alle Arten von Aromen - ob Duft oder Gestank - zuführen. Falls man diese Umgebung tatsächlich simuliert, dachte Desvendapur, erledigt hier jemand seine Arbeit ganz hervorragend.
Aufgrund seiner einzigartigen Vorgeschichte war er misstrauischer als seine Gefährten. Sich dessen bewusst, beschloss er, seinen Verdacht für sich zu behalten. Er hoffte, dass er sich irrte.
Falls sich die hiesige Schwerkraft überhaupt von der Gravitation Willow-Wanes unterschied, war der Unterschied vernachlässigbar gering. Desvendapur wusste nicht, ob er aufgrund seines Verdachts beunruhigt oder entzückt sein sollte. Der Luftkissen-Transporter bog in einen zweiten Korridor ab und wurde langsamer. Und in diesem Moment zerstreuten sich seine Verdachtsmomente größtenteils, wenn nicht sogar vollständig.
Drei Spezialisten schlenderten an einer Seite des Ganges entlang, unterhielten, sich freundlich miteinander, während sie lebhaft mit den Antennen wedelten und zuckten. Sie trugen keine Spezialkleidung, nichts, was auf eine ungewöhnliche Umgebung hätte schließen lassen. Zwei Menschen begleiteten sie. Während sie sich mit den Thranx unterhielten, gestikulierten sie mit ihren Vordergliedmaßen. Verglichen mit dem einzelnen Menschen, dem Desvendapur auf der Oberfläche Willow-Wanes begegnet war, trugen diese Menschen hier praktisch nichts am Leib. Unverhohlen stellten sie ihre fleischigen, vielfarbigen Oberhäute zur Schau. Dank seiner Studien konnte Des beide Menschen als männlich bestimmen. Doch waren es weder die Menschen selbst noch ihre spärliche Kleidung, die ihn
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